2532/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 18.05.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Gewalt gegen Frauen - Definition von "Femizid" zur Erfassung in der Kriminalstatistik

 

In Österreich wurden im Jahr 2021 zwischen 26 und 31 Femizide begangen - je nachdem, wo man sich informiert. Während die Regierung bei einem Pressegespräch mit Frauenministerin Raab, Justizministerin Zadic und Innenminister Karner am 08. Februar 2022 von 26 Femiziden spricht, listen Medien, Vereine und Organisationen im Gewaltschutzbereich bis zu 31 mutmaßliche Femizide im Jahr 2021 auf. Konkrete Daten zu Femiziden werden in Österreich von staatlicher Seite nicht systematisch erhoben, dabei bildet eine solche Datengrundlage wie in anderen Bereichen auch die Basis für evidenzbasierte Gewaltschutzpolitik.

Nicht nur werden in Österreich Femizide per se nicht gesondert erfasst, geschlechtsspezifische Motive von Gewalttaten werden ebenso nicht erfasst und gelten bislang auch nicht als strafverschärfend - anders als Motive wie z.B. Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit (vgl. §33 Abs. 1 Z5 StGB). Dabei sind Femizide eben nicht einfach "nur" Frauenmorde, sondern der Mord an einer Frau, eben weil sie eine Frau ist. Das bedeutet, dass frauenverachtende Haltungen, patriarchale Strukturen und geschlechtsspezifische Gewalt untrennbar mit dieser Art von Morden verbunden sind. Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen basiert auf breiten gesellschaftlichen Strukturen und tradierten Geschlechtszuschreibungen und Rollenbildern, die in so gut wie alle Lebensbereiche eindringen und Frauen mehr oder weniger gewaltvoll unterdrücken. Die Spitze des Eisbergs, der Femizid, ist daher nicht einfach ein Frauenmord, sondern "Mord gewordener struktureller Sexismus".1

Um dieses Phänomen entsprechend bekämpfen zu können, braucht die Politik eine Definition für den Begriff "Femizid" und eine daran anknüpfende spezifische Datenerhebung in der Kriminalstatistik. Zurzeit erfasst die Kriminalstatistik lediglich Morde und Mordversuche nach Geschlecht, nicht aber, ob ein geschlechtsspezifisches, frauenverachtendes Motiv vorlag und in welcher Beziehung Täter und Opfer zueinander standen. Dadurch wird das geschlechtsspezifische Phänomen Femizid, also frauenfeindliche Morde, mit den anderen Morden vermischt und bleiben so unsichtbar. Deutschland hat den dringenden Handlungsbedarf erkannt und erfasst seit 01. Jänner 2022 Delikte in der Kriminalstatistik im Detail, die "aufgrund von Vorurteilen bezüglich eines Geschlechts beziehungsweise einer geschlechtlichen Identität begangen werden".2 Spanien erfasst Femizide sogar bereits seit 2004 systematisch in der Kriminalstatistik3 - das muss auch in Österreich möglich sein. Es ist dringend notwendig, dass auch Österreich diesen Schritt geht und eine Definition des Begriffs "Femizid" erarbeitet, damit fortan Morde an Frauen, eben weil sie Frauen sind inkl. der zugehörigen geschlechtsspezifischen Tatmotive gesondert und im Detail in der Kriminalstatistik erfasst werden. Wir können es uns nicht erlauben, auf eine EU-weite Begriffsdefinition von Femiziden zu warten, während in Österreich als einzigem EU-Land mehr Frauen als Männer ermordet werden und diese Morde von staatlicher Seite nicht einmal systematisch erfasst werden. Andere progressive EU-Länder wie Spanien oder Deutschland machen bereits vor, wie es geht.

1 https://www.treffpunkteuropa.de/weil-sie-frauen-sind-die-dramatische-lage-der-femizide-in-osterreich?lang=fr

2 https://www.welt.de/politik/deutschland/article236804333/Wenn-Frauen-sterben-weil-sie-Frauen-sind.html

3 https://www.djb.de/presse/pressemitteilungen/detail/pm22-04

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien, wird aufgefordert, den Bundesminister für Inneres bestmöglich dabei zu unterstützen, schnellstmöglich eine Definition des Begriffes "Femizid" zu erarbeiten bzw. alle notwendigen Schritte zu setzen, sodass Femizide - also Morde an Frauen aufgrund ihres Geschlechts - inkl. der geschlechtsspezifischen Tatmotive fortan detailliert in der Kriminalstatistik erfasst werden können, wie das auch in anderen EU-Ländern wie Spanien und Deutschland bereits der Fall ist." 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss vorgeschlagen.