2535/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 18.05.2022
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Bildungswende - Bundesweiter Chancenindex Jetzt!
Das österreichische Bildungssystem leidet seit Jahren an Überbürokratisierung und veralteten Strukturen, die eine moderne, innovative und talentorientierte Schulbildung für Österreichs Jugend verhindert. Bildung und Bildungserfolg werden in Österreich nach wie vor in hohem Maße vom Elternhaus geprägt und „vererbt“. Denn das österreichische Schulsystem delegiert sehr viele Aufgaben an die Eltern, weswegen der Bildungserfolg der Kinder stark davon abhängt, ob Eltern unterstützen können oder nicht.
Wie Analysen der Arbeiterkammer aus 2020 zeigen, haben 17,5 Prozent aller Pflichtschulen in Österreich einen hohen bis sehr hohen zusätzlichen Unterstützungsbedarf, da unabhängig vom Bundesland viele Schulstandorte mit großen sozialen Herausforderungen konfrontiert sind. Ein Festhalten allein am 100-Schulen-Projekt mit einer Ressourcenzuteilung von insgesamt 15 Millionen Euro ab dem Sommersemester 2022 bis Ende des Sommersemesters 2023 greift nicht nur zu spät, sondern auch viel zu kurz. Hundert teilnehmende Schulen bedeutet, dass nur jede elfte Pflichtschule mit großen Herausforderungen berücksichtigt werden kann. Bedenkt man, welche Herausforderungen gerade im Bildungsbereich über die letzten beiden Jahre hinzugekommen sind, muss hier mehr Geld zur Verfügung gestellt werden. Eine Schulfinanzierung nach einem bundesweiten fairen Chancenindex würde laut Berechnungen der AK zwischen 300 und 350 Millionen Euro im Jahr kosten.
Nach mehr als 2 Jahren der Pandemie klafft die Bildungsschere in Österreich weiter auseinander denn je. Seit März 2022 kommen noch zahlreiche ukrainische Kinder und Jugendliche hinzu, die nach der Flucht vor dem russischen Angriffskrieg ins österreichische Schulsystem integriert werden müssen, was unser Bildungssystem noch einmal vor ganz eigene Herausforderungen stellt. Insbesondere Wien erhält immer noch viel zu wenige Lehrer_innenplanstellen gemessen an den Herausforderungen und Bedürfnissen der Wiener Schulstandorte, auch was die Sprachförderung betrifft. Wiens Bildungsstadtrat Wiederkehr befürchtet daher, im kommenden Schuljahr gerade einmal den Minimalbetrieb aufrecht erhalten zu können. Bereits im letzten Jahr mussten ca. 220 Lehrer_innenplanstellen durch die Stadt Wien selbst finanziert werden, ohne dass der Bund den Kostenersatz übernommen hat - obwohl mind. 1.000 zusätzliche Planstellen für Wien notwendig gewesen wären. Auch was die Deutschförderklassen betrifft, war das bisherige zur Verfügung gestellte Kontingent schon nicht ausreichend, sodass Planstellen aus dem allgemeinen Kontingent umgeschichtet werden mussten. Werden jetzt auch noch wie geplant die Corona-bedingten Förderstunden gestrichen, steht Wien mit dem Großteil der ukrainischen Vertriebenen in den Klassen vor enormen Herausforderungen und zusätzlichen Belastungen abseits der Pandemie.
Um diese strukturellen Ungleichheiten abzufedern, braucht es jetzt dringender denn je einen bundesweiten fairen Chancenindex, der eine bedarfsorientierte Ressourcenverteilung für eine aktive, nachhaltige Schulentwicklung ermöglicht. Es reicht nicht, den Minimalbetrieb aufrechtzuerhalten und sich in der Bildungspolitik mit dem Mittelmaß zufriedenzugeben - wir müssen allen Kindern die Flügel heben und dafür braucht es eine umfassende Bildungswende und den bundesweiten Chancenindex - jetzt!
1 https://www.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/arbeitundsoziales/bildung/Chancen-Index.html
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird angesichts der aktuellen Herausforderungen für das österreichische Bildungssystem dringender denn je dazu aufgefordert, umgehend Maßnahmen zur Herstellung von Chancengerechtigkeit für alle Schüler_innen in Österreich zu treffen und die flächendeckende, bundesweite Implementierung des Chancenindex an österreichischen Schulen umzusetzen. Entsprechende zusätzliche Budgetmittel sind dafür bereitzustellen und eine nachhaltige Finanzierung des Chancenindex in der weiteren Budgetplanung ist entsprechend vorzusehen. Des Weiteren muss das im Sommer auslaufende Förderstundenpaket auf das Schuljahr 2022/23 verlängert werden, um weiterhin sowohl die Auswirkungen der Pandemie, als auch den Mehrbedarf durch die zusätzlichen ukrainischen Schüler_innen an den Schulen entsprechend abdecken zu können."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss vorgeschlagen.