2537/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 18.05.2022
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Resilienz der europäischen Wirtschaft durch Ausbau wertebasierter Handelsbeziehungen
Die österreichische bzw. europäische Wirtschaft ist ganz wesentlich vom Import zahlreicher Rohstoffe abhängig. Studien der Europäischen Kommission zeigen deutlich auf, woher Europa derzeit die kritischen Rohstoffe bezieht. Viele davon stammen aus Staaten mit autoritären Systemen (1). Die russische Invasion der Ukraine hat gezeigt, wie fragil Lieferketten sein können, die auf Handelsbeziehungen mit nicht demokratischen Staaten beruhen. Auch abseits von Erdöl und -gas wird die europäische und heimische Industrie mit wichtigen Rohstoffen aus Russland beliefert (2). Die Internationale Energie Agentur (IEA) schätzt, dass bis zum Jahr 2050 der Anteil von Wind- und Solarenergie auf 70% steigen wird, was wiederum die Anfrage nach Metallen wie Aluminium, Kobalt, Kupfer, Lithium, Nickel, Silber oder Zink erhöhen wird (3). So ist die weltweite Nickelproduktion zu sehr großen Teilen in den Händen chinesischer Unternehmen, was eine andere Form der Abhängigkeit darstellt, die ebenfalls zu berücksichtigen ist.
Seit Jahren betont sowohl die Europäische Kommission als auch die österreichische Bundesregierung die Notwendigkeit strategischer Autonomie. In der aktualisierten Industriestrategie hat die Europäische Kommission 137 Produkte in empfindlichen Ökosystemen ermittelt, von denen die EU in hohem Maße abhängig ist, die aber gleichzeitig für den ökologischen und digitalen Wandel ganz wesentlich sind (4). Die aktuelle Abhängigkeit von autoritären Staaten wird klar, wenn im Bericht festgehalten wird, dass etwa die Hälfte der Einfuhren für derartige Produkte allein aus China stammt. Ein zentraler Punkt dieser Industriestrategie ist, mit engen Verbündeten und Partnern stärkere und vielfältigere Lieferketten aufzubauen. Der österreichische Rohstoffplan (Masterplan Rohstoffe 2030) geht in dieselbe Richtung (5). Darin wird die Versorgung aus neuen Quellen aus dem In- und Ausland thematisiert und eine Diversifizierung von Zulieferern angeregt.
Ausbau der Handelsbeziehungen
Der Ausbau wertebasierter Handelsbeziehungen mit demokratischen Staaten zur Stärkung von Resilienz und Autonomie Europas ist somit ein wesentlicher Punkt der europäischen Industriestrategie sowie der österreichischen Rohstoffstrategie. Die Sicherstellung dieser essenziellen Interessen der europäischen Wirtschaft soll die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort entsprechend Rechnung tragen, indem sie die rasche Fortführung der bestehenden Verhandlungen zu Freihandelsabkommen mit Partnerländern sowie eine Analyse neuer strategischer Partnerschaften im Rat der Europäischen Union anregt. Ein entsprechender Antrag von NEOS wurde im ständigen Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union am 20.4.2022 von allen anderen Parteien abgelehnt (7). Vonseiten der Grünen Abgeordneten wurde die Ablehnung damit begründet, dass die angestrebte Diversifizierung durch neue Bezugsquellen von Rohstoffen nicht mit Freihandelsabkommen erreicht werden soll.
Verhandlungen für neues Freihandelsabkommen zwischen EU und USA
Die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und die Europäische Union sind füreinander jeweils der größte Exportpartner (6). Mit einem Handelsvolumen von 556 Mrd. Euro werden 8 Mio. Arbeitsplätze gesichert. Im Rahmen der Überprüfung der Handelspolitik hält die Europäische Kommission fest, dass sich neue Perspektiven für eine enge Zusammenarbeit mit den USA eröffnen und dass der Stärkung dieser Partnerschaft Vorrang eingeräumt wird (8). Während ihrer USA-Reise in der 15. Kalenderwoche 2022 unterstrich Wirtschaftsministerin Schramböck selbst, dass die Möglichkeiten aus der besonderen Beziehungen zum größten Handelspartner Österreichs außerhalb der EU genutzt werden sollten, um Arbeitsplätze und Wohlstand zu sichern. Gerade angesichts des Krieges in der Ukraine gilt es den von EU-Kommission und Vertreter_innen der Bundesregierung ausdrücklich festgehaltenen Willen, die transatlantische Partnerschaft zu stärken, auch rasch in Taten umzusetzen. Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort sollen sich daher auf EU-Ebene für die Aufnahmen von Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und USA einsetzen. Dieser Antrag soll auch als wichtiges Signal verstanden werden, durch den Ausbau der Beziehungen mit Partnerländer verstärkt einen Fokus auf wertebasierten Freihandel zu legen. Ein entsprechender Antrag von NEOS wurde im ständigen Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union am 20.4.2022 von allen anderen Parteien abgelehnt, obwohl Bundesministerin Schramböck davor die Wichtigkeit der Setzung von Standards durch eine Partnerschaft zwischen EU und USA betonte. ÖVP-Abgeordnete begrüßten den Antrag dem Grunde nach, begründeten ihre Ablehnung aber damit, dass man einer möglicherweise negativen öffentlichen Diskussion über neue Verhandlungen mit den USA entgehen möchte. Aus Angst vor einer Debatte um ein Freihandelsabkommen wird also von einer Vertiefung der Handelsbeziehungen mit Europas wichtigsten Partner abgesehen.
NEOS fordern ein klares Bekenntnis zum Ausbau wertebasierten Freihandels mit Partnerländer der EU. Dazu gehört auch der Mut, ein Ausbau der Beziehungen mit den USA auf EU-Ebene anzusprechen und sich einer offenen Diskussion zu stellen. Gerade angesichts des aktuellen Ukraine-Kriegs braucht es entschlossenen Handeln statt einer von Show und Marketing dominierten Handelspolitik.
Quellen:
1. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52020DC0474
2. https://www.iwkoeln.de/studien/cornelius-baehr-manuel-fritsch-thomas-obst-rohstoffabhaengigkeiten-der-deutschen-industrie-von-russland.html
3. https://orf.at/stories/3257724/
4. https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/swd-strategic-dependencies-capacities_en.pdf
5. https://info.bmlrt.gv.at/themen/bergbau/mineralrohstoffpolitik/oesterreich/masterplan-rohstoffe.html
6. https://www.consilium.europa.eu/de/infographics/eu-us-trade/
7. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220420_OTS0172/eu-unterausschuss-diskussion-um-kuenftige-eu-wirtschaftspolitik
8. https://www.parlament.gv.at/PAKT/EU/XXVII/EU/05/10/EU_51030/index.shtml
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, wird aufgefordert, die rasche Fortführung von Verhandlungen zu Freihandelsabkommen mit Partnerländern sowie eine Analyse neuer strategischer Partnerschaften im Rat der Europäischen Union anzuregen. Dazu soll sich Österreich in den Verhandlungen zur künftigen EU-Handelspolitik für die rasche Aufnahme von neuen Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika einsetzen.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft‚ Industrie und Energie vorgeschlagen.