2538/A XXVII. GP

Eingebracht am 18.05.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Dietmar Keck,

Genossinnen und Genossen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz –TSchG) geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz –TSchG) geändert wird

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG) vom 28. September 2004, BGBl. I Nr. 118/2004, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 86/2018, wird wie folgt geändert:

 

 

„1. § 16 Abs. 4 lautet:

 

„(4) Rindern sind geeignete Bewegungsmöglichkeiten oder geeigneter Auslauf oder Weidegang an mindestens 90 Tagen im Jahr zu gewähren.“

 

2. § 16 Abs. 4a entfällt.

 

3. In § 18 wird nach Abs. 3a folgender Absatz 3b eingefügt:

 

„(3b) Für die Haltung von Schweinen gilt:

1. Es ist verboten, Schweine auf vollständig perforiertem Boden zu halten.

2. Schweinen muss jederzeit ein Liegebereich zur Verfügung stehen, der planbefestigt ist und regelmäßig ausreichend mit weichem organischem Material eingestreut wird, sodass alle Tiere gleichzeitig nebeneinander weich und trocken liegen können.

3.Die Bundesministerin/der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz legt per Verordnung die Mindestfläche für den eingestreuten Liegebereich, sowie die Mindestgesamtfläche pro Schwein, in Abhängigkeit vom Körpergewicht des Schweines, fest.“

 

4. § 44 werden folgende Abs. 29 und 30 angefügt:

 

„(29) § 16 Abs. 4 in der Fassung BGBl. I Nr. xx/2022 tritt mit 1. Juli 2023 in Kraft, gleichzeitig tritt § 16 Abs. 4a außer Kraft.

 

(30) Für durch Neubau oder Umbau nach dem Tag der Kundmachung dieses Gesetzes neu errichtete Stallungen oder neu eingebaute Spaltenböden tritt § 18 Abs. 3b mit 1. Jänner 2023 in Kraft. Ansonsten tritt §18 Abs.3b ab 1.Jänner 2026 in Kraft.““

 

 

Begründung

 

Zu den Ziffern 1., 2. und 4.:

Das Verbot der dauernden Anbindehaltung bei Rindern muss nach mehr als 15 Jahren bestehenden Übergangsvorschriften endlich vollumfänglich gelten, weshalb jegliche Ausnahmen von der dauernden Anbindehaltung bei Rindern mit Inkrafttreten zum

1. Juli 2023 entfallen sollen.

 

Zu den Ziffern 3. und 4.:

Haltung auf Vollspaltenböden bedeutet Tierleid. Sie trägt außerdem zu Umweltproblemen bei und es deutet Vieles darauf hin, dass multiresistente Keime - ein Problem für die Gesundheit der Menschen – vermehrt entstehen. Diese Haltungsform führt bereits jetzt zu Absatzschwierigkeiten landwirtschaftlicher Betriebe, da KonsumentInnen vermehrt zu Produkten mit höherem Tierschutzniveau greifen.

 

In fünf europäischen Ländern sind Vollspaltenböden bereits verboten, darunter befindet sich nicht nur der größte Schweineproduzent der EU, nämlich Dänemark, sondern auch die Niederlande, Finnland, Schweden und die Schweiz.

In Österreich werden wahrscheinlich mehr als 90% der Schweine auf einem sogenannten Vollspaltenboden gehalten bzw. ohne Stroh-Einstreu.

Ein Spaltenboden besteht abwechselnd aus den Balken, der Auftrittsfläche für die Tiere und schmalen Spalten, diese sind ein Durchlass für Kot und Harn.

Bei Teilspaltenböden ist nur der Bereich zum Koten und Urinieren mit Spaltenboden ausgestattet, der Fress- und Liegebereich sollte jedenfalls mit Stroh eingestreut sein.

Beim Vollspaltenboden dagegen ist der gesamte Fress-, Liege- und Laufbereich mit Spaltenboden ausgestattet. Eine Einstreu durch Stroh oder Ähnliches ist bei einem Vollspaltenboden nicht möglich, da es zu Verklebungen der Spalten kommen würde.

 

Zumeist sind die Böden aus Beton.

Ca. 80% der Zeit verbringen Schweine in intensiven Tierhaltungen liegend, weshalb die Bodenbeschaffenheit ein wesentlicher Faktor für Gesundheit und Tierwohl darstellt.

Auf Vollspaltenböden entwickeln ca. 92% der Tiere eine Schleimbeutelentzündung und nahezu alle Tiere Hautschwielen. Des Weiteren fehlt den Schweinen die Möglichkeit, sich ausreichend zu beschäftigen, wenn keine Einstreu vorhanden ist. Diese Langeweile sorgt für mehr Stress und Aggressivität bei den Tieren, was zu schweren Verletzungen durch Ohren-und Schwanzbeißen führt.

 

Da die Tiere bei der Haltung auf Vollspaltenböden über ihrem Kot leben müssen, entzünden sich aufgrund der Ausdünstungen oft die Augen und die Lungen der Schweine.

Bei einer Einstreu mit Stroh, welches ausreichend oft gewechselt wird, ist das hingegen nicht der Fall.

 

Hinzu kommt, dass auf den Vollspaltenböden Platzmangel herrscht, was dazu führt, dass die Schweine Liege-und Kotplatz nicht trennen können. Diese Überfüllung verursacht in Verbindung mit den fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten nicht nur Stress, sondern verringert auch die Widerstandskraft der Tiere gegen Infektionen. Die Mortalität bei Schweinen, welche auf Vollspaltenböden gehalten werden, ist im Vergleich zur Haltung auf Stroh vier Mal so hoch, was natürlich nicht nur Leiden bei den Tieren verursacht, sondern auch wirtschaftliche Einbußen für die LandwirtInnen bedeutet.

 

Ein weiteres Problem der Schweinehaltung auf Vollspaltenböden ist, dass doppelt so viel Methan wie bei Schweinehaltung auf Stroh produziert wird. Methan ist ein sehr effektives Treibhausgas, welches die Klimakrise verschlimmert.

Die konzentrierte Gülle ist ein weiteres Problem für die Umwelt.

Da bei dieser Haltungsform aufgrund des schlechten Gesundheitszustands der Tiere vermehrt Antibiotika gegeben werden, kann dies ein Faktor sein, antibiotikaresistente Keime zu erzeugen – ein Problem, das sich direkt auf die menschliche Gesundheit auswirken kann. Ein vor Kurzem durchgeführter Test der NGO Greenpeace zeigt auf, dass sich antibiotikaresistente Keime auf mehr als jedem dritten Stück Fleisch fanden:

https://lebensmittel.greenpeace.at/blog-antibiotikarestistente-keime-fleisch/

 

Laut EU-Richtlinie 2008/120/EG wird als Mindestvoraussetzung ein Liegebereich gefordert, der „physically comfortable“ ist. Die 1. Tierhaltungsverordnung (Anlage 5, Punkt 2) sieht jedoch nur den „Zugang zu einem größen-und temperaturmäßig angenehmen Liegebereich“ vor. Da 92% der Schweine, welche auf Vollspaltenböden gehalten werden, an den Schmerzen von geschwollenen Gelenken leiden, kann ein Vollspaltenboden somit nicht der EU-Richtlinie entsprechen, da er nicht „physisch angenehm“ für die Schweine ist.

 

Mögliche Alternativen zu der Haltung auf Vollspaltenböden sind die natürliche Weide-oder Freilandhaltung und die Haltung in einer Mehrflächenbucht, welche teilweise perforiert ist, aber auch planbefestigte Liegeflächen mit einer tiefen Einstreu für die Schweine bietet. Eine Mehrflächenbucht muss im Vergleich zur Schweinehaltung auf Vollspaltenböden mehr Platz pro Schwein bieten, da die Liegefläche für alle Tiere gleichzeitig zugänglich sein muss. Um den österreichischen Landwirtinnen und Landwirten ausreichend Zeit für die Umstellung ihrer Schweinehaltung zu geben, soll diese Übergangsbestimmung für bestehende Stallungen erst mit 1. Jänner 2026 in Kraft treten. Für Um- und Neubauten ist es jedoch ein Gebot der Stunde, dass diese Gesetzesbestimmung unverzüglich in Kraft tritt, damit es zu keinen weiteren Fehlinvestitionen in nicht-tiergerechte Haltungsformen kommt.

 

Am Beispiel der fortschrittlichen und früheren Umstellung der Hühnerhaltung in Österreich wird eine Umstellung auf tiergerechte Schweinehaltung auch für die Landwirtschaft ein Erfolg werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Gesundheitsausschuss