2600/A XXVII. GP

Eingebracht am 19.05.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz 2011 – GWG 2011), BGBl. I Nr. 107/2011, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 38/2022, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 105 folgender Eintrag eingefügt:

       „§ 105a.    Ermächtigung für Ressortübereinkommen über gemeinsame Nutzung von Speicheranlagen“

2. (Verfassungsbestimmung) § 1 samt Überschrift lautet:

„Unmittelbare Bundesvollziehung

§ 1. (Verfassungsbestimmung) Die in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten können unmittelbar von den in diesen Vorschriften vorgesehenen Einrichtungen besorgt werden.“

3. Dem § 12 wird nach Abs. 6 folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) Speicheranlagen auf dem Hoheitsgebiet Österreichs sind an das jeweilige Marktgebiet anzuschließen.“

4. In § 18 Abs. 1 Z 22 wird nach der Wortfolge „gemäß § 87 Abs. 3“ die Wortfolge „und Abs. 6“ eingefügt.

5. In § 102 Abs. 2 Z 15 wird nach dem Wort „Dritten“ die Wortfolge „gemäß § 104 Abs. 3 und 4“.

6. (Verfassungsbestimmung) § 104 Abs. 3 lautet:

„(3) (Verfassungsbestimmung) Der Speichernutzer ist verpflichtet, die von ihm vollständig oder teilweise nicht genutzte kontrahierte Kapazität unverzüglich über eine Sekundärmarktplattform anzubieten oder dem Speicherunternehmen zurückzugeben.“

7. (Verfassungsbestimmung) Dem § 104 Abs. 3 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) (Verfassungsbestimmung) Kommt der Speichernutzer der Verpflichtung gemäß Abs. 3 nicht nach, entzieht das Speicherunternehmen dem Speichernutzer nach schriftlicher Ankündigung teilweise oder zur Gänze seine gebuchten, jedoch systematisch ungenutzten Speicherkapazitäten. Speicherkapazitäten, die von Stromerzeugungsanlagen zur Durchführung von Maßnahmen zur Vermeidung, Beseitigung und Überwindung von Engpässen in Übertragungsnetzen gemäß § 23 Abs. 2 Z 5 ElWOG 2010 oder zur Bereitstellung von Regelreserve auf Stromregelreservemärkten benötigt werden, gelten nicht als systematisch ungenutzt. Das Speicherunternehmen hat die entzogenen Kapazitäten zu vermarkten und den Erlös, abzüglich einer dem Speicherunternehmen zufallenden angemessenen Bearbeitungsgebühr, mit dem Speicherentgelt des betroffenen Speichernutzers höchstens bis zum Ausmaß des vereinbarten Speicherentgelts gegenzurechnen. Die sich aus dem Speichernutzungsvertrag ergebenden Rechte und Pflichten verbleiben in dem Umfang beim Speichernutzer, in dem die Speicherkapazitäten vom Speicherunternehmen nicht vermarktet werden. Nähere Festlegungen dazu und zur Verpflichtung gemäß Abs. 3 hat die Regulierungsbehörde in der Verordnung gemäß § 41 zu treffen.“

8. In § 105 Abs. 1 Z 7 wird der Punkt am Ende des Satzes durch einen Strichpunkt ersetzt, nach Z 7 wird folgende Z 8 angefügt:

         „8. ihre Speicheranlagen an das inländische Netz zumindest auf der Netzebene 1 anzuschließen und die dafür erforderlichen Verträge insbesondere mit dem Netzbetreiber abzuschließen.“

9. Nach § 105 wird folgender § 105a samt Überschrift eingefügt:

„Ermächtigung für Ressortübereinkommen über gemeinsame Nutzung von Speicheranlagen

§ 105a. Sofern die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zum Abschluss von Ressortübereinkommen gemäß Art. 66 Abs. 2 B‑VG ermächtigt ist, kann sie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen Übereinkommen über die gemeinsame Nutzung von Speicheranlagen im Hoheitsgebiet Österreichs mit Mitgliedsstaaten der Europäischen Union oder Drittstaaten abschließen. Dabei sind insbesondere unionsrechtliche Befüllungsziele für Speicheranlagen zu berücksichtigen.“

10. In § 159 Abs. 2 wird in Z 13 nach der Wortfolge „bis § 105“ die Wortfolge „oder § 170 Abs. 25“ eingefügt.

11. Dem § 170 wird nach Abs. 24 folgender Abs. 25 angefügt:

„(25) Speicherunternehmen, deren Speicheranlage nicht bereits gemäß § 105 Abs. 1 Z 8 an das inländische Netz angebunden ist, haben binnen vier Monaten einen Antrag auf Netzzugang und Netzzutritt am technisch geeigneten Anschlusspunkt zu stellen und die erforderlichen Verträge binnen angemessener Frist abzuschließen.“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie vorgeschlagen.

 

Begründung

Der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Neufassung der Verordnung (EU) 2017/1938 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung (COM(2022) 135 final) sieht verbindliche Befüllungsziele und Befüllungspfade vor. Die Mitgliedsstaaten werden dazu verpflichtet, diese Ziele im Hinblick auf Speicheranlagen innerhalb des jeweiligen Hoheitsgebiets zu erreichen. Die Erhöhung der Speicherfüllstände dient vorrangig der Gasversorgungssicherheit. Mit dem vorliegenden Antrag werden begleitende Regelungen, wie etwa die Einführung einer Anschlusspflicht für österreichische Speicheranlagen und eines „Use-it-or-lose-it“-Prinzips (UIOLI-Prinzip) für Speichernutzer sowie die Ermächtigung zum Abschluss von Ressortübereinkommen über eine gemeinsame Nutzung von Speicheranlagen vorgenommen.

Zu Z 3 (§ 12 Abs. 7), Z 8 (§ 105 Abs. 1 Z 8), Z 10 (§§ 159 Abs. 2 Z 13) und Z 11 (§ 170 Abs. 25):

Es wird festgelegt, dass sämtliche Speicheranlagen auf dem Hoheitsgebiet Österreichs auch an das österreichische Leitungsnetz angeschlossen werden müssen. Ergänzend dazu werden die in § 105 Abs. 1 angeführten Pflichten von Speicherunternehmen um die Anschlusspflicht erweitert. Für betroffene Speicheranlagen ist nach Maßgabe des § 170 Abs. 25 innerhalb von vier Monaten ab Inkrafttreten ein Antrag auf Netzzugang und Netzzutritt zu stellen. Der Katalog der allgemeinen Strafbestimmungen wird in § 159 Abs. 2 Z 13 entsprechend ergänzt.

Zu Z 5 (§ 102 Abs. 2 Z 15), Z 6 und 7 (§ 104 Abs. 3 und 4):

In Anlehnung an das UIOLI-Prinzip des § 12 der Gas-Marktmodell-Verordnung 2012, in der Fassung BGBl. II Nr. 425/2019, sind nun auch Speichernutzer dazu verpflichtet, ungenutzte Speicherkapazitäten unverzüglich, das heißt konkret ohne schuldhaftes Zögern, anzubieten oder zurückzugeben. Bleiben Speicherkapazitäten systematisch ungenutzt, so sind diese durch das Speicherunternehmen nach vorhergehender schriftlicher Ankündigung zu entziehen. Was unter „systematisch ungenutzt“ zu verstehen ist und wie im Detail die Verpflichtungen von Speichernutzern und Speicherunternehmen ausgestaltet sind, ist mit Verordnung der E-Control (Gas-Marktmodell-Verordnung gem. § 41 GWG 2011) zu regeln.

Zu Z 9 (§ 105a):

§ 105a ermächtigt die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zum Abschluss Ressortübereinkommen über die gemeinsame Nutzung von Speicheranlagen. Mit einem solchen Abkommen können etwa das genaue Verhältnis und der Umfang einer gemeinsamen Speichernutzung zwischen der Republik Österreich und anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vereinbart werden. Praktisch relevant ist dies insbesondere für die Speicheranlage Haidach, die bislang nur an das deutsche Marktgebiet angeschlossen ist.