2609/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 14.06.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Datenbasis für treffsichere Sozialpolitik Doppelgleisigkeiten und Intransparenz

Nicht nur eine zielgerichtete Pandemiepolitik, sondern auch eine treffsichere Sozialpolitik braucht eine entsprechend gute Datengrundlage. Dies ist um so dringlicher, da aufgrund der verschiedenen Krisen (Pandemie, Ukranie-Krieg) derzeit noch mehr gefördert wird als sonst. Und das leider oft nach dem "Prinzip Gießkanne", ohne, dass die verschiedenen Leistungsgeber voneinander wissen und oft ohne Kontrollen und Evaluierungen, ob die Förderungen zielgerichtet vergeben wurden. Die verschiedenen Fördergeber sind der Bund, die Länder, die Gemeinden und die Kammern, wobei diese nur sehr lückenhaft in die Transparenzdatenbank oder die die Statistik-Austria-Sozialhilfedatenbank einmelden. Unklar ist, ob die zahlreichen krisenbedingten neuen staatlichen Leistungen alle vollständig in die Transparenzdatenbank eingemeldet werden, da sie oft auf neuen Gesetzen basieren, die nicht konkret im Transparenzdatenbank definiert sind. Auch seitens der Wissenschaft gab es bezüglich der Auswertungsmöglichkeiten zuletzt wieder massive Kritik ("Mikrodatenzentrum: Beitrag der Ministerien stockt", (1)).

Das unkoordinierte Förderwirrwarr erklärt am Beispiel NÖ Heizkostenzuschuss und AK NÖ Energiebonus

Eine relativ kuriose Situation hat sich aufgrund der Doppelgleisigkeiten und Intransparenz erst kürzlich in Niederösterreich ergeben. So förderte das Land NÖ Personen bis zur Ausgleichszulage (1030 Euro brutto) mit einem Heizkostenzuschuss in Höhe von 150 Euro (2). Parallel zahlte die Arbeiterkammer NÖ Personen mit bis zur Armutsgefährdungsschwelle (ca. 1400 Euro brutto, x14) einen Energiebonus von 200 Euro (3). Zwar wurde der AK-Energiebonus nur an Personen gewährt, die den Heizkostenzuschuss des Landes NÖ nicht bekommen haben, aber kontrollierbar war das für die Arbeiterkammer aufgrund der fehlenden Datenbasis natürlich nicht. Davon abgesehen, dass die AK für Personen mit Einkommen über der Ausgleichszulage eine höhere Förderung (200 Euro Förderung) gewährte als das Land NÖ für Personen mit Einkommen unter der Ausgleichszulage (150 Euro Förderung). Ein Beleg dafür, dass AK NÖ und das Land NÖ nicht abgestimmt waren. Eigentlich sollten Menschen mit kleinerem Einkommen mehr Förderung bekommen, um soziale Treffsicherheit sicherzustellen. Natürlich stellt sich hier auch die Frage, wieso die Arbeiterkammer Staatsaufgaben übernimmt anstatt die AK-Beiträge zu senken. Darüber hinaus meldet die AK NÖ ihre Förderungen auch nicht in die Transparenzdatenbank ein. Anhand dieses Beispiels kann sehr deutlich zeigen, wie groß das Potential ist, die staatlichen Leistungen sparsamer und deutlich treffsicherer einzusetzen, wenn man nur bereit mehr Transparenz zu schaffen.

 

Kritik des Rechnungshofs und des Budgetdienstes

Aufgrund der unstrukturierten Förderpolitik gab zuletzt immer wieder Kritik seitens des Rechnungshofes (4) und des Budgetdienstes (5), die folgende Punkte an der Transparenzdatenbank (TDB) bemängelten und empfahlen:

Kritik:

       Förderzahlungen werden nur unvollständig von den abwickelnden Stellen eingemeldet

       Es gibt weiterhin keine Verpflichtung der Ländern zur Einmeldung der Förderungen

       Die Förderungen der Gemeinden sind (noch) nicht umfasst

       Die TDB beinhaltet auch indirekte Förderungen (Steuerersparnisse bzw. - rückvergütungen), allerdings sind diese auf ertragssteuerliche Ersparnisse (Einkommen- und Körperschaftsteuer) beschränkt und daher unvollständig

       Die Einbeziehung indirekter Förderungen in die TDB wäre unter steuerungsrelevanten Gesichtspunkten neu zu definieren und auf alle relevanten Steuerersparnisse bzw. -zückvergütungen auszuweiten

       kein Gesamtkonzept, wie die Daten der TDB zu Steuerungszwecken genutzt werden könnten

       Leistungsgeber und Abwicklungsstellen sind nur unzureichend mit den (technischen) Einsatzmöglichkeiten der TDB vertraut

Empfehlungen:

       Das Ministerium sollte sich für eine kompetenzrechtliche Absicherung der Transparenzdatenbank durch eine Verfassungsbestimmung einsetzen und einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorbereiten

      Zur Verbesserung der Vollständigkeit der Meldungen bzw. der Übersicht über Unvollständigkeiten wären von den verantwortlichen Bundesministerien (und Ländern) zumindest jährlich Vollständigkeitserklärungen einzufordern, in denen diese fehlende Leistungsangebote und fehlende Einmeldungen explizit anzuführen und zu begründen haben; zudem wäre auf eine gesetzliche Verankerung einer solchen Verpflichtung zur Vollständigkeitserklärung hinzuwirken.

       Ein Konzept für eine Auswertung der Daten der Transparenzdatenbank im Sinne der Steuerung staatlicher Leistungen wäre zu erstellen. Dabei wären zweckmäßige Fragestellungen an die Bundesanstalt „Statistik Austria“ darzustellen und Parameter zu definieren, die geeignet sind, Aussagen über die Verteilungswirkung, die Effizienz und die Treffsicherheit staatlicher Leistungen zu treffen

       Leistungsgeber und insbesondere auch Abwicklungsstellen wären verstärkt über die Nutzungsmöglichkeiten der Transparenzdatenbank sowie die (technischen) Möglichkeiten bei personenbezogenen Abfragen zu informieren

Alles in allem braucht es vollständige Einmeldung aller staatlichen Leistungen in die Transparenzdatenbank und eine einheitliche Datenbasis statt verteilter, unverknüpfter Datentöpfe. Nur so kann garantiert werden, dass bei sparsamen Mitteleinsatz die staatlichen Leistungen treffsicher bei denjenigen ankommen, die die staatliche Unterstützung am meisten brauchen.

Quellen:

(1)  https://oe1.orf.at/player/20220607/681773/1654579334000

(2)  https://www.noe.gv.at/noe/SeniorInnen/Foerd_Heizkostenzuschuss.html

(3)  https://noe.arbeiterkammer.at/service/energiebonus/enerqiebonus.html

(4)

https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/home_7/Transparenzdatenbank.pdf

(5)

https://www.parlament.gv.at/PAKT/BUDG/BUDGETBERICHTE/FOERDERUNGEN/in

dex.shtml

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Datenbasis mit sämtlichen Transfers und öffentlichen Leistungen von Seiten des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Kammern und Sozialversicherung zu schaffen, um eine sparsame und treffsichere Vergabe der staatlichen Leistungen zu gewährleisten."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.