2613/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 14.06.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Reform der privaten und betrieblichen Altersvorsorge
Das Finanzierungsproblem der künftigen altersbedingten Ausgaben (Pensionen und Pflege) löst sich leider nicht von selbst und bedarf endlich der entsprechenden gesetzlichen Maßnahmen. Die EU-Kommission, aber auch nationale Organisationen (WIFO, IHS, Statistik Austria, Fiskalrat, usw...) weisen regelmäßig auf die demographische Ausgabendynamik der Altersausgaben hin. Aber anstatt die nötigen Reformen anzugehen, welche die Strukturen verbessern, die Ausgaben bremsen und die Finanzierung stärken, werden in der Regel lediglich spontane Budgeterhöhungen vorgenommen. Zuletzt ist das bei der Anpassung des Budget-Finanzrahmens für 2022 bis 2025 passiert, als die Pensionsausgabenproblematik einfach mit einer Aufstockung des Pensionsbudgets "gelöst" wurde. Finanziert natürlich mit Schulden, welche später die Folgegenerationen abtragen müssen. Die nötigen Reformen lassen aber weiterhin auf sich warten. Fakt ist aber, dass der Verlustdeckel der Pensionsreform 2005 in den nächsten 20 Jahren kontinuierlich wegfällt, wodurch die Pensionsnettoersatzraten tendenziell sinken werden und daher rechtzeitig mit den entsprechend nachhaltigen Maßnahmen gegengesteuert werden muss. Der Ausbau der privaten und betrieblichen Altersvorsorge ist dabei im internationalen Vergleich im Aufwärtstrend. Daher wundert es nicht, dass immer mehr Personen und Organisationen von außen auf die nötigen Reformen drängen. Darunter befinden sich auch viele ehemalige SPÖ- und ÖVP-Politiker, die großen Änderungsbedarf bei der privaten und betrieblichen Altersvorsorge sehen.
Ehemalige SPÖ-Staatssekretärin Sonja Steßl für mehr Information und Ausbau der privaten Altersvorsorge
Eine dieser ehemaligen Politiker, die sich Gedanken über die Altersvorsorge machen, ist Sonja Steßl, nunmehr Vorstand bei der Wiener Städtischen. So stellte die ehemalige SPÖ-Staatssekretärin und aktuell im Vorstand der Wiener Städtischen im Gespräch mit dem KURIER fest: " Für mehr als 90 Prozent der Frauen in Österreich ist die finanzielle Unabhängigkeit enorm wichtig“. Doch drei von vier Frauen glauben nicht, dass sie später eine ausreichend hohe Pension erhalten werden". Weiters führte sie aus: "55 Prozent aller Befragten zeigten sich unzufrieden mit dem staatlichen Pensionssystem. Daher sei die private Vorsorge für Frauen besonders wichtig. Aber nur vier von zehn Frauen fühlen sich über das Thema Pensionsvorsorge gut informiert. Derzeit hat knapp die Hälfte der Frauen in der befragten Altersgruppe eine zusätzliche Altersvorsorge abgeschlossen." Zur überdurchschnittlichen Risikoskepsis, trotz langfristiger Veranlagung, meinte sie: „Garantien kosten Rendite, in Niedrigzins-Phasen empfiehlt es sich, etwas mehr ins Risiko zu gehen". (1)
Ehemaliger ÖVP-Nationalrat Andreas Zakostelsky will betriebliche Altersvorsorge für alle
Auch der frühere ÖVP-NR-Abgeordnete Andreas Zakostelsky, jetzt Generaldirektor bei der VBV-Pensionskasse, fordert in regelmäßigen Abständen die Stärkung der privaten, betrieblichen Altersvorsorge. "Nur 23 Prozent der beschäftigten Österreicher sind derzeit im System der betrieblichen Zusatzpension veranlagt", stellte Zakostelsky fest und "forderte im Rahmen einer Online-Pressekonferenz, dass alle Arbeitnehmer Zugang zu einer Firmenpension bekommen sollten." Weiters schlug er vor, "dass die Beitragszahlungen von Arbeitnehmern gefördert werden, etwa über eine steuerliche Absetzbarkeit von Arbeitnehmerbeiträgen beziehungsweise über ein Prämienmodell für Geringverdiener." Als großes Problem ortete er wie Sonja Steßl die schlechte Informationspolitik zur privaten und betrieblichen Altersvorsorge und forderte: "Allerdings zeigt sich, dass nicht nur die Politik tätig werden muss, um die zweite Säule zu stärken. Offenbar ist auch mehr Information gefragt. Auf der Arbeitgeberseite sei häufig nicht bekannt, dass die Beiträge in einer betriebliche Pensionskasse steuerlich geltend gemacht werden können." (2)
Valida setzt sich ebenfalls für eine Stärkung der Pensionskassen ein
Ins tiefschwarze Reich des Raiffeisen-Konzerns gehört die Valida. Deren Vorstand Martin Sardelic drängte erst kürzlich auf Reformen bei der privaten, betrieblichen Altersvorsorge. Laut einer von Valida in Auftrag gegebenen Umfrage "erwarten 70 Prozent der Befragten, dass sie von der staatlichen Pension alleine nicht gut leben werden können. Insbesondere Jüngere und Frauen sind hier skeptisch". Entsprechend forderte Sardelic die Aufwertung der betrieblichen Altersvorsorge und schlug Folgendes vor: "Auch die Sozialpartner sollten Pensionskassen als Verpflichtung für die Arbeitgeber in die Kollektivverträge aufnehmen." Er verwies dabei auch auf die abgabenrechtlichen Vorteile der betrieblichen Altersvorsorge und urgierte: "Ein weiteres Anliegen sind für Valida die Eigenbeiträge der Arbeitnehmer. Diese sollten wie die Arbeitgeberbeiträge vom Bruttolohn eingezahlt werden können, womit keine Lohnsteuer und kein Sozialversicherungsbeitrag anfallen würde." (3)
ÖVP-nahe Wirtschaftskammer verweist auf die steuerlichen Vorteile der betrieblichen Altersvorsorge
In dasselbe Horn wie der Valida-Chef bläst auch die Wirtschaftskammer, die auf die abgabenrechtlichen der betrieblichen Altersvorsorge hinweist. So fallen bei für die Pensionskassenbeiträge keine Lohnnebenkosten und SV-Beiträge an. Außerdem ist die Veranlagung KÖSt/KESt-befreit und die Lohnsteuer fällt erst in der Auszahlungsphase an. Die Abgabenvorteile gelten bis zu einem Pensionskassenbeitrag von 10,25 Prozent der Gehaltssumme. Angesichts der hohen Abgabenbelastung von Arbeitseinkommen - die mit Berücksichtigung der Lohnnebenkosten knapp 50 Prozent ausmachen - ergibt es also für Unternehmen Sinn, dass Gehalt teilweise in Form von Pensionskassenbeiträgen zu zahlen, wodurch bei den Arbeitnehmern deutlich mehr Netto ankommt. Insgesamt ergeben sich aber für beide - Arbeitnehmer und Arbeitgeber - Abgabenvorteile durch die Pensionskassen. Denn für ein Unternehmen, das einen Euro als Pensionskassenbeitrag an den Mitarbeiter zahlt, fällt der 30 Prozent-Lohnnebenkostenaufschlag weg, was zu weniger Arbeitskosten führt. Gleichzeitig muss der Mitarbeiter für diesen Pensionskassen-Gehaltsteil keine SV-Beiträge, keine AK-Umlage und keinen Wohnbauförderungsbeitrag zahlen. Auch die Lohnsteuer fällt erst in der Pension an, allerdings in einem reduzierten Ausmaß, da das Pensionseinkommen in der Regel niedriger als das Aktiveinkommen ist und dadurch eine niedrigere ESt-Progressionsstufe schlagend wird. (4)
SPÖ-Vorfeldorganisationen Arbeiterkammer und ÖGB setzen schon lange auf betriebliche Zusatzpensionen
Überzeugt von den Vorteilen der Pensionskassen sind aber auch die SPÖ-Vorfeldorganisation Arbeiterkammer (aber auch die anderen Kammern) und die SPÖ-Vorfeldorganisation ÖGB, die private Pensionskassen schon länger im Interesse ihrer Mitarbeiter nutzen. So zahlt die Arbeiterkammer bis zu 4 Prozent Pensionskassenbeiträge für ihre Mitarbeiter (5). Die Arbeiterkammer erspart sich durch diese Form der Gehaltszahlung jährlich ca. 1-2 Mio. Euro an Lohnnebenkosten, aber auch die Mitarbeiter profitieren von den oben beschriebenen Abgabenvorteilen. Für ÖGB und Wirtschaftskammer gilt Ähnliches. Und was die Kammern und der ÖGB für ihre Mitarbeiter vorsehen, kann wohl auch nicht nachteilig für die Beschäftigten in der Privatwirtschaft sein. Daher müssen Firmenpensionen mit all ihren Abgabenvorteilen endlich auf alle Beschäftigten erweitert werden.
Quellen:
(1) https://kurier.at/wirtschaft/drei-von-vier-frauen-befuerchten-zu-kleine-pension/402012204
(2) https://www.fondsprofessionell.at/news/produkte/headline/zakostelsky-alle-arbeitnehmer-sollen-zugang-zu-firmenpension-haben-205569/
(3) https://kurier.at/wirtschaft/valida-chef-pocht-auf-ausbau-der-betrieblichen-vorsorge/401989379
(4) https://www.wko.at/branchen/bank-versicherung/vorsorgeverband/pensionskassen/vorteile/steuerliche-vorteile.html
(5) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_03611/imfname_402669.pdf
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung,
insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert,
schnellstmöglich eine Regierungsvorlage zur Reform der privaten und
betrieblichen Altersvorsorge vorzulegen. Dabei soll jedenfalls die betriebliche
Altersvorsorge auf alle Beschäftigten ausgeweitet und eine
Informationsoffensive zur privaten und betrieblichen Altersvorsorge gestartet
werden."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.