2614/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 14.06.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Inklusion: Verpflichtendes Kindergartenjahr auch für Kinder mit Behinderung

 

Der Kindergarten spielt als erste Bildungseinrichtung eine bedeutende Rolle für die Bildungslaufbahn junger Menschen. Zahlreiche motorische, kognitive, sprachliche, soziale und andere Fähigkeiten und Kompetenzen, die die Basis für schulisches und lebenslanges Lernen bilden, werden hier entwickelt und gestärkt. Seit 2010 besteht für alle Kinder im letzten Jahr vor der Schulpflicht die Pflicht zum Besuch eines Kindergartens. Dieser ist für die Eltern zumindest halbtägig kostenlos, um allen Kindern unabhängig vom sozialen Hintergrund und Elternhaus die Vorteile der elementarpädagogischen Bildung und Betreuung zugute kommen zu lassen. 

Eine Behinderung, aufgrund derer "ein Kindergartenbesuch nicht zumutbar scheint", gilt als Ausnahmegrund für das verpflichtende Kindergartenjahr. Dabei stellt sich die Frage, ob die "Zumutbarkeit" nicht einfach nur eine Hintertür für die öffentliche Hand ist, um Kosten zu sparen. Für die Schulpflicht gibt es diesen Ausnahmegrund nicht - hier besteht für das Kind die Pflicht zum Schulbesuchs und für die öffentliche Hand die Pflicht, einen geeigneten Schulplatz zur Verfügung zu stellen. 

Die Ausweitung des verpflichtenden Kindergartenjahres auch auf Kinder mit Behinderung wäre erstens ein Beitrag zur Inklusion und Chancengerechtigkeit und zweitens eine Erleichterung für die Eltern dieser Kinder, da geeignete Plätze dann tatsächlich geschaffen werden müssten. Um dies zu ermöglichen, muss die öffentliche Hand sowohl in pädagogisches Personal als auch in Gesundheitspersonal investieren. Benötigt werden einerseits Inklusionspädagog_innen (früher Sonderpädagog_innen) und andererseits Pflegekräfte und andere Gesundheitsfachkräfte. 

Wünschenswert wäre gewesen, diesen Ausbau in der neuen 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zu regeln und einen Zweckzuschuss des Bundes vorzusehen, doch ist dies im präsentierten Verhandlungsergebnis leider nicht vorgesehen. 

Die Einstellung zusätzlicher Inklusionspädagog_innen ist grundsätzlich Länder- und Gemeindesache, der Bund spielt aber dennoch eine große Rolle, da er für deren Ausbildung verantwortlich ist. Während früher Sonderpädagoginnen an BAfEPs bzw. BAKiPs ausgebildet wurden, ist nun eine Zusatzausbildung an einer Pädagogischen Hochschule erforderlich (bspw. der Hochschullehrgang Inklusive Elementarpädagogik an der PH Wien). Dies hat den schon bestehenden Mangel an entsprechenden Fachkräften weiter verschärft. Der Bund ist daher in der Verantwortung, die Ausbildung zur Inklusionspädagogin / zum Inklusionspädagogen mehr in die Breite zu bringen und genügend Inklusionspädagog_innen auszubilden, um die menschenrechtlich und bildungspolitisch gebotene Versorgung mit inklusiven Kindergartenplätzen zu ermöglichen.

Neben dem pädagogischen Personal ist aber auch pflegerisches und anderes Gesundheitsfachpersonal erforderlich, um allen Kindern den Besuch eines Kindergartens zu ermöglichen. Denn je nach Art der Behinderung ist eine pflegerische oder andere gesundheitliche Versorgung tagsüber notwendig, die nicht von Pädagog_innen geleistet werden kann, die aber erst die Voraussetzung dafür schafft, dass das Kind in den Kindergartenalltag integriert werden kann. Es ist also neben dem Bildungswesen auch das Gesundheitswesen gefragt, aktiv zu werden und Leistungen zu erbringen. 

In Übereinstimmung mit den Zielen des Nationalen Aktionsplans (NAP Behinderung 2030) ist seitens des Bildungs- und Gesundheitsministeriums ein Maßnahmenplan zu entwickeln, der die Voraussetzungen für die Integration der Kinder mit Behinderung in das verpflichtende Kindergartenjahr schafft und ein Zieldatum dafür festlegt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bildungsminister und der Gesundheitsminister, wird aufgefordert, im Sinne der Inklusion einen Plan zu erstellen und die entsprechenden Mittel bereitzustellen, um auch Kinder mit Behinderung in das "Verpflichtende Kindergartenjahr" zu integrieren und flächendeckend Inklusions-Kindergartenplätze zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zweck wird der Bildungsminister aufgefordert, die Ausbildungsplätze für Inklusionspädagog_innen aufzustocken und der Gesundheitsminister aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass gesundheitliche und pflegerische Leistungen im Kindergarten nicht von Pädagog_innen übernommen werden müssen, sondern vom Gesundheitssystem geleistet werden."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss vorgeschlagen.