2616/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 14.06.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Bakk, Kolleginnen und Kollegen

betreffend des Einsatzes von Arbeitspferden ab 30 Grad Lufttemperatur

 

Die Situation von Fiakerpferden in Innenstädten ist immer wieder Thema, insbesondere wenn die Temperaturen steigen und an der 30 Grad Marke kratzen oder diese übersteigen. Ob und ab wann die Umstände für die Tiere gesundheitlich belastend sind ist wissenschaftlich nicht eindeutig:

Der Studie der Universität von Guelph in Kanada (2012) zufolge ist besonders feucht-warmes Sommerwetter, etwa nach einem Gewitter, gefährlich. Bei heißem, feuchtem Wetter reichen 17 Minuten Training mit mäßiger Intensität aus, um die Körpertemperatur eines Pferdes auf gefährliche Werte zu erhöhen. Die Komforttemperatur für Pferde liegt bei 5 bis 10 Grad. Minusgrade bis 15 Grad unter Null stecken sie problemlos weg. Aber alles, was über die 20-Grad-Plus-Marke hinausgeht, belastet bereits ihren Organismus. Im Hochsommer reicht dann der Schweiß alleine oft nicht mehr aus, um ein Pferd herunterzukühlen, selbst dann nicht, wenn die Produktion, gesteuert vom zentralen Nervensystem, auf Hochtouren läuft und bis zu 30 Liter Schweiß pro Stunde erzeugt werden.

Laut der kanadischen Studie können die Auswirkungen schwerwiegend sein. Steigt die Körpertemperatur eines Pferdes von den normalen 37-38 Grad auf bis zu 41 Grad, können die Temperaturen in den arbeitenden Muskeln bis zu 43 Grad erreichen, eine Temperatur bei der Proteine in den Muskeln laut Studie zu denaturieren beginnen. Pferde die unter Hitzestress leiden, können an Hypotonie, Koliken oder sogar Nierenversagen leiden. Die Forschung der Universität von Guelph zeigt, dass bei einer Luftfeuchte von 75 Prozent, Pferde ihren Körper nur bis zu einer Außentemperatur von 20 Grad ausreichend kühlen können. Bei trockner Hitze, beispielsweise 50 Prozent Luftfeuchte, können die Tiere auch bis 30 Grad gut mit den Klimaverhältnissen umgehen. Danach überhitzen die Tiere. Die Pferde versuchen sich dann durch verstärktes Atmen weiter herunterzukühlen, die Atemfrequenz liegt dann oft höher als die Herzfrequenz, was den Körper in eine Extrembelastung versetzt.

Diese Forschungsergebnisse stammen aber aus dem Jahr 2010 und nehmen zudem keinen Bezug auf die Studie der VetMed Wien aus dem Jahr 2008.

Die Studie der Vetmed Wien aus dem Jahr 2008 kommt zum Schluss, dass die im Rahmen der Studie erhobenen klimatischen Bedingungen  einem damals typischen Wiener Sommer entsprachen und überforderten die untersuchten Fiakerpferde in ihrem physiologischen Anpassungsvermögen nicht. Hitzestress, in Form einer Überforderung des thermoregulatorischen Systems im Pferd, wurde in keiner der annähernd 400 Messungen an den Tieren festgestellt.

Die aktuelle Diskussion um das Verbot von Fiakerpferden bezieht sich von den verschiedensten Seiten unter anderem auf die genannten Studien aus den Jahren 2008 und 2012. Die nicht nur widersprüchlich sondern angesichts der Entwicklung des Klimas überholt sind. Seit Erstellung der beiden Studien sind mehr als 12 Jahre vergangen. 12 Jahre, in denen sich die klimatischen Bedingungen für die Pferde in Österreich gänzlich anders gestalten als damals. Selbst wenn sich der Tierschutzminister gemäß dem VfGH Urteil aus dem Jahr 2017 ( G347/2016) nicht als zuständig für die Regelung der klimatischen Bedingungen sieht, sondern die Kompetenz bei den Bundesländern sieht, so ist es seine Aufgabe für eine evidenzbasierte Entscheidungsgrundlage bezüglich geeigneter Maßnahmen für den tierschutzfreundlichen Einsatz von Arbeits- insbesondere Fiakerpferden zu sorgen und daraus ggf. Handlungsempfehlungen abzuleiten. Statt eines generellen Verbotes des Einsatzes von Fiakerpferden wären etwa die Auslagerung in gekühlte Unterkünfte und Ställe außerhalb der Innenstadt als Standorte mit voriger Buchung und dann Abholung der TouristInnen oder einem Shuttle zu den auslagerten Standorten denkbar. Dazu bedarf es jedoch aktueller Daten und Studien, die die momentanen klimatischen Bedingungen berücksichtigen und die Wirksamkeit derartiger Maßnahmen untersuchen.  

https://news.uoguelph.ca/2010/06/when-the-rider-is-hot-the-horse-is-hotter/

https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/klimawandel-bringt-hund-und-pferd-an-ihre-hitzegrenze,SeesfcE

https://www.vetmeduni.ac.at/fileadmin/news_import/Fiakerstudie_Endbericht.pdf

https://www.ris.bka.gv.at/VfghEntscheidung.wxe?Abfrage=Vfgh&Dokumentnummer=JFT_20170926_16G00347_00&IncludeSelf=False

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, eine Studie in Auftrag zu geben, welche die physiologischen Folgen des Einsatzes von Arbeits-, und insbesondere Fiakerpferden unter klimatisch herausfordernden Bedingungen auf die Tiergesundheit erforscht und geeignete evidenzbasierte Maßnahmen für den zukünftigen Einsatz empfiehlt, um ggf. Handlungsempfehlungen abzuleiten."

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuss vorgeschlagen.