2639/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 15.06.2022
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Rudolf Silvan, Dr. Christoph Matznetter
Genossinnen und Genossen
betreffend: Übergewinne in Anti-Teuerungsmaßnahmen und Ausbau von erneuerbaren Energien umleiten.
Durch das Marktdesign des Strommarktes führen die extrem hohen Großhandelspreise bei einer Reihe von Energieerzeugern zu starken Übergewinnen. So geht beispielsweise die Verbund AG davon aus, dass sich der Gewinn im heurigen Jahr auf bis zu 2 Mrd. Euro verdoppeln wird. Im Wesentlichen passiert das deshalb, weil an den Strombörsen das jeweils teuerste noch für die Versorgung benötigte Kraftwerk den Preis auch für alle anderen Kraftwerke setzt, egal was deren Erzeugungskosten sind. Derzeit setzen Gaskraftwerke, die auf Grund des hohen Gaspreises sehr teuer produzieren, den Preis. Bei z.B. Windkraftanlagen oder Wasserkraftwerken haben sich aber die Erzeugungskosten de facto nicht verändert, dennoch bekommen sie den sehr hohen Börsepreis für den produzierten Strom.
Wer sind die Kriegsgewinnler?
In Österreich ist die Verbund AG einer der Hauptprofiteure, aber auch die Energieversorger mit hohem Wasserkraftanteil wie z.B. in Vorarlberg sind auf Grund ihrer Erzeugungsstruktur wohl Nutznießer dieser Entwicklung. Neben den Energieversorgern in öffentlicher Hand profitieren auch die privaten und bisher mit öffentlichen Mitteln geförderten (Ökostrom-)Erzeuger wie z.B. die Ökostrom AG, die WEB Windenergie AG, etc. So hat z.B. die Windkraft Simonsfeld AG ihren Gewinn nach Steuern im vergangenen Jahr verdoppelt[1].
Der Verbund wird heuer durchschnittlich 120 Euro/Megawattstunde (MWh) erlösen, statt „nur“ 55 Euro/MWh wie im Jahr 2021. Der aktuelle Preis an den Börsen liegt bei 210 Euro/MWh. Marktdesign und Unternehmensrecht führen zu der kuriosen Situation, dass aber selbst der Verbund seine EndkundInnenpreise stark erhöht (bei stabilen Erzeugungskosten), weil er den Strom nicht unter Marktwert abgeben darf.
Aber nicht nur im Strombereich sprudeln die Gewinne, auch die OMV vermeldet für das 1. Quartal 2022 eine Vervierfachung des Gewinns (vor Sondereffekten) auf 2,6 Mrd. Euro. Gegenüber dem Jahr 2021 konnte der realisierte Gaspreis von 16,5 Euro/MWh auf 45 Euro/MWh gesteigert werden, während die Erzeugungskosten nur gering (8%) gestiegen sind. Die Gewinnmargen der großen Mineralölkonzerne wie Shell haben sich seit Beginn der Ukraine-Krise verdoppelt – den Preis dafür zahlen die KonsumentInnen an den Zapfsäulen.
Vorschlag der EU-Kommission
Die EU-Kommission geht – basierend auf Zahlen der Internationalen Energieagentur – davon aus, dass die Übergewinne in der EU im Energiesektor rund 200 Mrd. Euro (!) ausmachen. Die EU-Kommission schlägt daher in ihrer jüngsten Mitteilung „REPowerEU“[2] vor, diese Übergewinne zu besteuern und die Einnahmen für die Bekämpfung der Teuerung und der Energiearmut zu verwenden. Ein konkretes System wird nicht vorgeschlagen, sondern lediglich Eckpunkte festgelegt (Befristung, Art des Nachweises der Übergewinne, kein negativer Einfluss auf den Emissionshandel, etc.). Auf Österreich umgelegt, würde eine solche Steuer rund 4 Mrd. Euro ins Budget spülen.
Was machen andere Länder?
· Italien setzt eine Übergewinnsteuer in der Höhe von 25 % um und besteuert dabei nicht nur die Energieversorger, die Strom und Gas liefern, sondern eben auch die Mineralölkonzerne.
· Großbritannien besteuert Übergewinne ebenfalls mit 25 %, allerdings nur für Öl- und Gasunternehmen und nicht für Strom. Ein Teil der abgeführten Übergewinne ist wiederum steuerlich absetzbar, um Investitionen in die Energiewende zu stützen.
· In Griechenland wird eine Übergewinnsteuer in der Höhe von 90 % eingeführt.
· In Deutschland fordern sowohl die Grünen als auch die CDU/CSU eine Übergewinnsteuer für jene Unternehmen, die von der aktuellen Krise profitieren.
· Andere Länder (u.a. Frankreich, Spanien, Portugal) greifen bereits in die Preisbildung oder EndkundInnenpreise ein, damit Übergewinne erst gar nicht entstehen.
· Das Burgenland erhöht künftig die Abgaben ab Wind- und Photovoltaikanlagen (auch im Bestand) und speist damit einen Sozial- und Klimafonds.[3]
Zumindest bis die strukturellen bzw. krisenbedingten Probleme des Energiemarktes gelöst werden, sollen die Übergewinne abgeschöpft werden. Der „normale“ Gewinn wird dabei weiterhin mit 25% besteuert. Zum Vergleich: In den USA wurden während des Zweiten Weltkriegs ebenso Übergewinnsteuern eingeführt. Der Steuersatz dafür betrug bis zu 90%.
Dabei ist auch zu bedenken, dass teilweise die gleichen Unternehmen, die über Jahre und Jahrzehnte hinweg mit Steuermittel subventioniert wurden, nun diejenigen sind, die auf Kosten derselben SteuerzahlerInnen heute Rekordgewinne schreiben. Dieser Vorgang treibt die Privatisierung von Gewinnen und die Sozialisierung von Verlusten in – selbst für marktwirtschaftliche Verhältnisse – bisher komplett unbekannte Höhen.
Diese Übergewinne zu besteuern und den Menschen zurückzugeben, ist nicht nur eine Frage der ökonomischen Zweckmäßigkeit. Es ist vielmehr noch eine Frage der politischen Moral und des viel zitierten „Anstands“.
Das Volumen von rund 4 Mrd. Euro soll zur Hälfte in Anti-Teuerungsmaßnahmen im Energiebereich fließen – etwa in die befristete Aussetzung der Umsatzsteuer auf Energie. Die andere Hälfte sollen jene Unternehmen über eine Investitionsprämie in Höhe von 30 Prozent zurückerhalten, die in den Ausbau von erneuerbaren Energien investieren. Dadurch erfolgt auch eine Umverteilung von jenen Unternehmen, die wenig zur Energiewende beitragen (zum Beispiel Shell) hin zu Unternehmen, die in erneuerbare Energien investieren – wie etwa teilstaatliche Energieversorger.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend ein Maßnahmenpaket zuzuleiten, welches die Übergewinne von Energiekonzernen in Österreich abschöpft. Die Steuereinnahmen sind hierbei für die Finanzierung von Anti-Teuerungsmaßnahmen sowie zum Ausbau von erneuerbaren Energien zweckzuwidmen“.
Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie
[1] https://www.wksimonsfeld.at/investieren/geschaeftsbericht-2021/kennzahlen-2021/
[2] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_22_1511
[3] https://www.burgenland.at/service/medienservice/aktuelle-meldungen/detail/neuer-sozial-und-klimafonds-land-will-sozial-schwache-von-teuerung-entlasten/