2666/A XXVII. GP
Eingebracht am 23.06.2022
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Antrag
der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS,
Genossinnen und Genossen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird
Das Ausfuhrförderungsgesetz, BGBl. Nr. 215/1981, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 43/2017 wird wie folgt geändert:
1. § 1 Abs. 1 wird nach der Z 5 folgender letzter Satz angefügt:
„Bei der Übernahme von Haftungen namens des Bundes ist insbesondere auf die Kohärenz mit beschäftigungspolitischen, ökologischen, menschenrechtlichen und entwicklungspolitischen Zielen sowie Sorgfaltspflichten zu achten.“
2. § 5 Abs. 1 lautet:
„(1) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die banktechnische Behandlung (bankkaufmännische Beurteilung durch Bonitätsprüfung und Bearbeitung) der Ansuchen um Haftungsübernahme, die Ausfertigung der Haftungsverträge, den Abschluss von Rechtsgeschäften gemäß § 2a sowie die Wahrnehmung der Rechte des Bundes aus Haftungsverträgen, ausgenommen deren gerichtliche Geltendmachung, einem Bevollmächtigten des Bundes nach § 1002 ff ABGB zu übertragen. Der Bevollmächtigte muss über die entsprechende Berechtigung zum Betrieb von Bankgeschäften gemäß § 1 Abs. 1 Z 1, 3, 4, 7, 8, 10 und 18 BWG oder gemäß § 9 BWG in Österreich verfügen. Ferner muss er eine solide, zuverlässige und kostengünstige Führung des Ausfuhrförderungsverfahrens gewährleisten. Zudem muss er eine umfassende, zuverlässige und sorgfältige Führung des Ausfuhrförderungsverfahrens in Hinblick auf anerkannte internationale Menschenrechts- sowie Nachhaltigkeitsstandards und entsprechende Verträglichkeitsprüfungen, hierunter fallen auch die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte, die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation, Leitsätze für multinationale Unternehmen der OECD, dieUN-Nachhaltigkeitsziele im Rahmen der SDGsowie die IFC Performance Standards und Safeguard Policies der Weltbank-Gruppe, gewährleisten. Die Bevollmächtigung ist zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem im Einzelnen vertraglich zu regeln, und insbesondere sind auch die Auftragsregelungen zur Prüfung von internationalen Menschenrechts- und Nachhaltigkeitsstandards öffentlich zugänglich zu machen. Bei Ansuchen um Haftungsübernahme durch den Bevollmächtigten selbst wird die banktechnische Behandlung, bei Ansuchen von inländischen Exportkreditversicherern wird die Bearbeitung der Oesterreichischen Nationalbank übertragen.“
3. § 6 lautet:
„§ 6. Der Bundesminister für Finanzen hat dem Hauptausschuss wie folgt schriftlich Bericht zu erstatten, und diese Berichte nach Kenntnisnahme zu veröffentlichen:
a) Über das Ausmaß der auf Grund dieses Bundesgesetzes übernommenen Haftungen, über die Abwicklung der infolge Inanspruchnahme von Haftungen geleisteten Zahlungen und Rückflüsse sowie über übernommene Garantien für Großprojekte mit erheblichen ökologischen, sozialen und menschenrechtlichen Auswirkungen hat der Bundesminister für Finanzen vierteljährlich schriftlich zu berichten,
b)
über die
Tätigkeit des Beirates gemäß § 5 Abs. 2 hat der
Bundesminister für Finanzen jährlich einen Bericht vorzulegen,
c) über Haftungen von Projekten der Entwicklungsbank gemäß § 9 hat der Bundesminister für Finanzen jährlich einen Bericht vorzulegen.“
4. In § 10 Abs. 2 wird die Wortfolge „31. Dezember 2022“ durch die Wortfolge „31. Dezember 2027“ ersetzt.
5. In § 10 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 3 angefügt:
„(3) § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 und § 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2022 treten mit 1. August 2022 in Kraft und sind auf übernommene Haftungen anzuwenden, die nach dem 31. Juli 2022 übernommen werden.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.
Begründung
Zu Ziffer 1 und Ziffer 2
Das Ausfuhrförderungsgesetz (AusfFG) und das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz (AFFG) bilden die gesetzliche Grundlage für das österreichische Exportförderungssystem.
Dieses seit 1950 bestehende System dient der Unterstützung der österreichischen Exportwirtschaft. Dabei werden politische und wirtschaftliche Risiken von Export- und Investitionsgeschäften österreichischer Unternehmen im Ausland versichert. Voraussetzung einer Förderung laut AusfFG ist, dass ein Beitrag zur Verbesserung der österreichischen Leistungsbilanz geleistet wird.
Großen Infrastrukturprojekten bzw. industriellen Großprojekten werden immer wieder wegen teilweise gravierenden ökologischen, menschenrechtlichen, entwicklungspolitischen, kulturellen bzw. sozialen Auswirkungen vor allem in Ländern des Globalen Südens kritisiert.
Menschenunwürdige Arbeitsbedingungen und -entlohnungen, gesundheitliche Schäden der lokalen Bevölkerung am Produktionsstandort, Raubbau an der Natur und maßlose Umweltzerstörungen sind oft die Folgen globalisierten Wirtschaftens.
„Die Außenwirtschaftsförderung ist neben dem öffentlichen Beschaffungswesen das Paradebeispiel für den sogenannten State-Business-Nexus. Dieser bezeichnet direkte Schnittstellen zwischen privater Wirtschaft und öffentlicher Hand, in denen also der Staat selbst Wirtschaftsakteur ist, Unternehmen beauftragt oder aber wesentlich unterstützt. Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte heben diesen Bereich explizit heraus, da hier die extraterritoriale Dimension der menschenrechtlichen Schutzpflicht des Staates in besonders deutlicher und unstrittiger Weise besteht.“ [1]
„Die Staatenverantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte bildet die völkerrechtliche Grundlage für die Implementierung der Social Due Diligence im österreichischen Ausfuhrförderverfahren. Das bedeutet konkret, dass Österreich eine Verantwortung für die in seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen Unternehmen auch für deren Aktivitäten im Ausland zukommt, zumal wenn Österreich diese Aktivitäten im Ausland fördert.“ [2]
Die aktuelle Lage in Sachen Klima- und Umweltschutz und dem Schutz der Arbeits- und Menschenrechte macht weitreichende Maßnahmen erforderlich. Bei der Verletzung der Menschenrechte geht es um das Leben von Millionen Menschen, beim Umweltschutz um den unwiederbringlichen Verlust von natürlichen Lebensräumen, Ökosystemen und Arten und beim Klimaschutz steht die Zukunft der Menschheit und des Planeten, so wie wir ihn kennen, auf dem Spiel. Keiner dieser Bereiche lässt zu, noch länger zu warten. Sie alle erfordern ein rasches und entschiedenes Handeln.
Österreich muss seinen internationalen Verpflichtungen in den Bereichen Umwelt, Arbeitsrechte und Menschenrechte dezidiert nachkommen und dabei immer die entwicklungspolitische Kohärenz im Auge behalten.
Die Abänderung des Ausfuhrförderungsgesetz setzte ein starkes Zeichen, dass sich auch das staatliche Exportförderungssystem an den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung orientiert.
Zu Ziffer 3
In der bisherigen Regelung ist die Berichterstattung an den Hauptausschuss des Nationalrates normiert, jedoch können die Transparenz- und Veröffentlichungsbestimmungen klarer formuliert werden. Die Berichtsinhalte, die Berichtszeiträume und der Adressat der Berichte bleibt unverändert, neu ist lediglich die Klarstellung, dass alle Berichte nach der parlamentarischen Behandlung zu veröffentlichen sind.
Zu Ziffer 4 und Ziffer 5
Die Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Gesetzes bis 2027 tritt mit Kundmachung in Kraft.
[1] Dt. Rechtsgutachten + Blog zum Lieferkettengesetz mit Abschnitt zu Ausschluss von Unternehmen aus Förderungen im Falle von Verstößen, inkl. Brücke zur Ausfuhrförderung (S73f.). Den State-Business-Nexus gesetzlich regeln: Die Außenwirtschaftsförderung ist notwendiger Bestandteil eines deutschen Lieferkettengesetzes – Verfassungsblog Initiative Lieferkettengesetz - Rechtsgutachten zur Ausgestaltung eines Lieferkettengesetzes (germanwatch.org)
[2] Studie Baxewanos/Raza + Blog zur Sozialverträglichkeitsprüfung & Stärkung menschenrechtlicher Sorgfaltsverpflichtungen im österreichischen Ausfuhrförderungsverfahren; Arbeit&Wirtschaft Blog (Sozialverträglichkeitsprüfung in der Exportförderung: auf die Umsetzung kommt’s an! - Arbeit&Wirtschaft Blog (awblog.at)) Materialien_WUG_Nr_118.pdf (Materialien_WUG_Nr_118.pdf (arbeiterkammer.at))