2728/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 08.07.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber

und weiterer Abgeordneter

betreffend Indexierung der Familienbeihilfe

 

 

 

Für Kinder, die nicht in Österreich wohnhaft sind, müssen laut den Vorschriften der EU-Verordnungen 883/2004 und 987/2009 Familienleistungen bezahlt werden, wenn ein Elternteil in Österreich erwerbstätig ist oder einen Rentenanspruch hat.

 

Am 1. Jänner 2019 führte Österreich einen nach dem allgemeinen Preisniveau im jeweils betreffenden Mitgliedstaat basierenden Anpassungsmechanismus für die Berechnung der Pauschalbeträge der Familienbeihilfe und verschiedener Steuervergünstigungen (Kinderabsetzbetrag, den Familienbonus Plus, den Alleinverdienerabsetzbetrag, den Alleinerzieherabsetzbetrag und den Unterhaltsabsetzbetrag) ein, die Erwerbstätigen gewährt werden, deren Kinder ständig in einem anderen Mitgliedstaat wohnen.

 

Grund für die Einführung der Indexierung von Familienleistungen war unter anderem, dass es die Grundsätzliche Intention der Familienbeihilfe ist, für die Eltern einen teilweisen finanziellen Ausgleich für die Mehrbelastung zu schaffen, die ihnen u.a. durch die Ernährung, Bekleidung, häusliche Unterbringung und Erziehung von Kindern entsteht. Insofern orientiert sich die Höhe der Entlastung durch die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag – dem Funktionsgleichheit in Bezug auf die Familienbeihilfe zukommt – an den tatsächlich anfallenden Lebenshaltungskosten. Die Höhe der Lebenshaltungskosten wiederum hängt naturgemäß vom Wohnort der Kinder ab und kann daher entsprechend differieren[1].

 

Ein vom Bundesministerium für Finanzen im Jahr 2017 eingeholtes Rechtsgutachten hat u.a. Folgendes festgehalten:

„Die österreichische Familienbeihilfe ist nach der Intention des Gesetzgebers und der Judikatur des VfGH funktional eine teilweise Entlastung von der aus der Unterhaltspflicht erfließenden Belastung. Innerhalb des dualen Systems der Familienentlastung kommt der Familienbeihilfe eine spezifische Funktion zu, nämlich einen Teil der Ausgaben für die Sicherstellung des dem Regelbedarf zugrundeliegenden Warenkorbs zu refundieren. Sie soll die Person, in deren Haushalt das Kind lebt in die Lage versetzen, einen Teil jener Sachgüter und Dienstleistungen, die für die Erfüllung seine Unterhaltspflicht maßgeblich sind, nicht aus seinen eigenen Mitteln, sondern mit Unterstützung und aus Mitteln der Allgemeinheit zu erwerben.

Durch die Anrechnung der Familienbeihilfe auf den in Geld zu zahlenden Unterhalt kommt es indirekt zu einer Entlastung des zur Zahlung von Geldunterhalt Verpflichteten.“

 

Und weiters:

„Erfolgt keine Indexierung der Familienbeihilfe nach der Kaufkraft beim Leistungsexport, treten in jeglicher Hinsicht primärrechtlich fragwürdige Effekte ein: Wird die Leistung in absolut unveränderter Höhe trotz unterschiedlicher Preisniveaus gewährt, kommt es entweder zu einer Überförderung oder Umverteilung, die von den Grundfreiheiten nicht gefordert ist (wenn das Wohnland des Kindes ein Land mit niedriger Kaufkraft ist), oder zur Unterförderung (wenn das Wohnland des Kindes ein Land mit höherer Kaufkraft ist), die der Ausübung der Freizügigkeit entgegensteht.

 

 

Am 16. Juni 2002 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Indexierung der Familienbeihilfe, des Kinderabsetzbetrages und weiterer steuerrechtlicher Begünstigungen (Alleinverdienerabsetzbetrag, Alleiner-zieherabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag, Familienbonus Plus und Kindermehr-betrag) für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufgehalten haben oder aufhalten nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist. Aus diesem Grund sind die Indexierungsbestimmungen nicht mehr anzuwenden.

 

Auch wenn das Urteil des EuGH anerkannt wird, wird die Indexierung der Familienleistungen weiterhin für sinnvoll erachtet. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien, wird aufgefordert, sämtliche Möglichkeiten in Bezug auf die Anpassung der Höhe von Familienleistungen, Kinderabsetzbeträgen und anderen familiären Steuervorteilen für EU-Bürger, die in Österreich arbeiten, deren Kinder aber im Ausland leben, die mit dem Unionsrecht vereinbar ist, zu prüfen und alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, damit es in Österreich ehebaldigst wieder zu einer Indexierung der Familienleistungen kommt.“

 

 

 

In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Ausschuss für Familie und Jugend ersucht.



[1] Siehe 111 d. B:, XXVI. GP, Erläuterungen