2747/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 21.09.2022
Dieser Text ist elektronisch
textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Dr. Christoph Matznetter, Alois Schroll,
Genossinnen und Genossen
betreffend: Plan zur Rettung unserer heimischen Wirtschaft und Arbeitsplätze durch eine Gas- und Strompreisobergrenze
Die Preise auf den europäischen Strom- und Gasmärkten sind in den letzten Monaten um mehrere hundert Prozent gestiegen. Das trifft längst nicht mehr nur Menschen, die bereits vor der Krise von Armut betroffen waren, sondern es droht eine Verarmung der europäischen Mittelschicht. Vielmehr, wenn Europa nicht in die Preisbildung eingreift, wird die Konkurrenzfähigkeit der europäischen Wirtschaft aufs Spiel gesetzt – und mit ihr Millionen Arbeitsplätze. Das gefährdet letztlich auch den hart erkämpften sozialen Frieden in Europa.
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Millionen Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit stehen auf dem Spiel
In Europa ist der Großhandelspreis für Strom um mehr als 400 Prozent höher als in den USA, beim Gas liegt Europa mittlerweile um fast 1.000 Prozent höher.[1] Diesem Preisdruck kann kein Unternehmen standhalten, Europa verliert massiv an Wettbewerbsfähigkeit. Die ersten Unternehmen sind bereits gezwungen, Teile ihrer Produktion stillzulegen oder ganz aufzugeben. Er kürzlich wurde der Fall eines weltweit agierenden Vorzeigeunternehmens bekannt, das an einem Standort in Österreich aufgrund der hohen Energiepreise die Produktion zurückfahren musste. Bleiben die Preise so hoch, werden in den nächsten Monaten hunderte andere Unternehmen in Europa folgen. Ist eine Produktion einmal ins Ausland verlagert – etwa in die USA –, kommt sie so schnell nicht mehr zurück.
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Pausetaste für den Energiemarkt, um Unternehmen und sozialen Frieden zu retten
Die Art und Weise, wie leistbare Preise für Strom und Gas festgesetzt werden, funktioniert nicht mehr. Die Preise an den Börsen werden künstlich beeinflusst und in die Höhe getrieben. Dieser Preismechanismus muss gestoppt werden. Wir brauchen eine Pausetaste für den Energiemarkt. Über eine – im besten Fall europaweit einheitliche – Preisobergrenze für Gas in der Höhe von 50 Euro pro Megawattstunde sollen Gas- und Strompreise auf ein gerade noch leistbares Niveau gesenkt werden. So soll es unserer Wirtschaft insbesondere der Industrie ermöglicht werden, die aktuelle Krise zu überstehen, bis das Energiesystem neu ausgerichtet, also klimaverträglich und krisenfest gemacht ist.
Österreichischer Schulterschluss
Die aktuelle Situation eignet sich nicht für parteipolitische Spiele. Alle staatlichen Akteure, die Bundesregierung, die Parlamentsfraktionen, die Sozialpartner sowie die Gebietskörperschaften müssen möglichst an einem Strang ziehen. Diese Energiekrise, diese Gas- und damit Energiepreise treffen alle – von den einzelnen Haushalten über die Gewerbebetriebe bis hin zur Industrie. Die aktuelle Situation erfordert entschlossenes und rasches Handeln. Deshalb sollte sich Österreich auf europäischer Ebene geschlossen für einen staatlich gestützten Gaspreis in Höhe von maximal 50 Euro pro Megawattstunde einsetzen. Kommt eine solche Gaspreisobergrenze in Europa durch Widerstand einzelner Länder nicht zustande, soll diese Gaspreisstütze in Österreich allein umgesetzt werden.
Das konkrete Preisobergrenzen-Modell
Konkret soll sich Österreich geschlossen auf EU-Ebene für folgendes Modell stark machen:
• Koordinierter europäischer Gaseinkauf (Mitgliedstaaten treten als Käufer auf)
o Weitergabe des Gases zu einem gestützten Preis von 50 Euro pro Megawattstunde an Gaskraftwerke
■ Dies führt zu einer Deckelung des Preises bei den preissetzenden Gaskraftwerken und somit zu einer massiven Reduktion des Strompreises, jedenfalls deutlich unter 200 Euro pro Megawattstunde.
o Weitergabe des Gases an die gesamte Wirtschaft und die Energieversorger zu einem gestützten Preis von 50 Euro pro Megawattstunde
■ schützt den europäischen Wirtschaftsstandort und
■ begrenzt den Gaspreis für die Haushaltskund*innen
Die mit dem Einkauf und der Stützung des Preises einhergehenden Kosten stehen in keinem Vergleich zum bereits jetzt eingetretenen volkswirtschaftlichen Schaden durch die massiv gestiegenen Energiepreise.
Damit dieser Eingriff in die Preisbildung möglichst rasche Linderung verschafft, müsste zusätzlich für die bereits eingekauften und gelagerten Gasmengen ein Abgabepreis von 50 Euro pro Megawattstunde festgelegt werden. Die Differenz zum Einkaufspreis würde den Händler*innen ebenfalls erstattet werden.
Vorbereitung der nationalen Umsetzung, falls Bemühungen auf EU-Ebene scheitern
Sollte der gemeinschaftlich koordinierte und gestützte Gaseinkauf auf EU-Ebene nicht zustande kommen, muss die österreichische Bundesregierung auf nationalstaatlicher Ebene tätig werden. Dafür wären weitere Begleitmaßnahmen nötig, etwa die Anpassung der Rahmenbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel. Der kommerzielle Austausch über die Grenze wurde in der Vergangenheit schon von Deutschland einseitig begrenzt („Strompreiszonentrennung“) und ist daher grundsätzlich möglich.
Pause für neue Marktregeln, mehr Energieeffizienz und Ausbau Erneuerbarer nutzen
Die Pausetaste ist nicht dazu da, sich zurückzulehnen. Im Gegenteil: Diese Zeit – max. 24 Monate - muss genutzt werden, um das Design und die Preisfindung am europäischen und österreichischen Energiemarkt grundsätzlich zu überarbeiten. Klar ist, dass es neben diesem Eingriff in den Markt jedenfalls wirksame Maßnahmen zur Kostenreduktion und zur Stärkung der Versorgungssicherheit braucht. Dazu gehören:
• Radikale Vermeidung der Energieverschwendung durch Steigerung der Energieeffizienz, etwa durch das Energieeffizienzgesetz
• Hindernisse beim Ökostrom- und Netzausbau – wie bürokratische Hürden bei der Photovoltaikförderung und Genehmigungsverfahren – müssen beseitigt werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene für die rasche Einführung eines gestützten Gaspreises in der Höhe von maximal 50 Euro pro Megawattstunde einzusetzen. Dieser Maximalpreis soll nicht nur für die Gaskraftwerke, sondern auch bei der Weitergabe an die Wirtschaft insbesondere die Industrie und die Haushalte zur Anwendung kommen. Gleichzeitig wird die Bundesregierung aufgefordert, Vorbereitungshandlungen für die nationale Einführung eines gestützten Gaspreises von 50 Euro pro Megawattstunde zu setzen. Sollte es in der EU bis Mitte Oktober keine Einigung über eine solche Maßnahme geben, soll noch in diesem Jahr eine nationale Preisobergrenze für die Weitergabe von Gas an/Gewerbe, Industrie und Haushalte in oben genannter Höhe zur Umsetzung gelangen.“
Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie
[1] FlW-Spotlight: Der Einfluss der internationalen Energiepreise auf die Inflation https://blog.fiw.ac.at/spotlightno3_energiepreise-vs-inflation/