2748/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 21.09.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Gleichstellung der Kinderbetreuungszeit

 

Mit 2. August 2022 hat Dänemark seine Regelungen für Kinderbetreuungszeiten neu angepasst. Damit wird der Karenzanspruch neu verteilt, sodass beide Elternteile nach der Geburt eines Kindes für elf Wochen einen Anspruch auf Karenz haben, insgesamt können insgesamt 48 Wochen genutzt werden (1). Grundlage für die Neugestaltung der Karenz ist die EU-Richtlinie 019/1158, die die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben neu reguliert und für mehr Gleichbehandlung sorgen soll. Die dänische Umsetzung erfolgt damit genau im vorgesehenen Zeitrahmen, da die Richtlinie eine Umsetzung des Zeitanspruchs bis 2. August 2022 vorsieht, die Regelungen über die Höhe von Kinderbetreuungsgeld müssen bis 2. August 2024 angepasst werden. Österreich zeigt sich hierbei also wieder einmal in Verzug mit der Umsetzung der Richtlinie, da keinerlei Vorlagen zu einer faktischen Erhöhung der Väterbeteiligung vorliegen.

Anstelle dessen zeigt sich Familienministerin Raab nachlässig beim Thema der Väterkarenz und will aktiv nur wenig ändern, da "der Staat keine Zwänge vorgeben" solle (2). In Folge dessen hat sich seit Raabs Amtsantritt auch nur wenig geändert, wie Studien zeigen. So beteiligen sich gemäß der Kinderbetreuungsgeldstatistiken rund 11 Prozent der Väter (3). Nur bei rund 8,5 Prozent der Geburten im Jahr 2020 wurde der Familienzeitbonus und damit das Papamonat genutzt. Mit einem Monat steht damit zwar mehr Zeit zur Verfügung, als durch die EU-Richtlinie vorgegeben, de facto müssen aber mittlerweile zehn Tage Vaterschaftsurlaub auf jeden Fall angeboten werden - und zwar ähnlich zum Mutterschutz, sodass individuell entschieden werden kann, wie dieser rund um die Geburt verteilt werden kann (vgl. Art 4, 4)

Weitreichender ist die Verteilung der Karenzzeiten. Grundsätzlich stehen in Österreich zwei Jahre Karenzzeit zur Verfügung, beide Elternteile können diese gemäß Mutterschutzgesetz und Väter-Karenzgesetz (5,4) in einem Ausmaß von zwei Jahren nehmen, sofern beide Elternteile diese nicht gleichzeitig nutzen. Nach wie vor zeigt sich aber, das Väter diese Möglichkeit kaum nutzen. Da dies in vielen Ländern der Fall ist, wurde auf Ebene der EU verhandelt, dass die Karenzzeiten zwischen Eltern so verteilt werden sollen, dass es für beide Elternteile einen Pflichtanteil an Karenzzeiten geben muss, wenn der gesamte Zeitrahmen ausgenutzt werden möchte (vgl. Art 5, 4). Zwar geht die Richtlinie von einem geringeren Mindestausmaß an Karenzzeit aus, als dies aktuell in Österreich der Fall ist, da jedem Elternteil zwei Monate zur Verfügung stehen, die nicht auf den anderen Elternteil übertragbar sind. Damit das volle Ausmaß der Karenz genutzt werden kann, müssten also beide Elternteile diese Zeit nutzen. Ein Vorschlag, der seitens NEOS schon länger am Tisch liegt, durch die Möglichkeit der gleichzeitigen Nutzung von Karenzzeiten für beide Elternteile soll so auch die Qualität der Familienzeit verbessert werden. In Österreich gibt es zwar eine ähnliche Vorgabe, dass 91 Tage der Karenzzeit nicht übertragbar sind, allerdings kann ein gesamtes Jahr Kinderbetreuungsgeld bezogen werden, ohne dass der zweite Elternteil ebenso in Karenz geht. Fraglich ist also, ob der Idee der EU-Richtlinie durch die hohe Bezugsdauer ohne geteilte Zeit ausreichend Rechnung getragen wird.

Wie so oft zeigt sich aber, dass in Österreich offenbar wenig Interesse an der Umsetzung einer EU-Richtlinie herrscht. Möglicherweise, weil damit ein gewisser "Zwang des Staates" vorgegeben wäre, wie die Familienministerin es nennt. In der Praxis bietet die Richtlinie aber das Potenzial für einen großen Schritt zur Gleichstellung zwischen Männern und Frauen und sollte deshalb dringend genutzt werden. Schon alleine, weil andernfalls in absehbarerer Zeit wieder einmal ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich eingeleitet werden könnte. Im Zuge dieser Umsetzung sollten daher schnellstmöglich auch Lösungsvorschläge für eine Reform des Kinderbetreuungsgeldes erarbeitet werden, da diese Aspekte der Richtlinie bis 2024 umgesetzt werden müssen.

  1. https://orf.at/stories/3279222/
  2. https://www.diepresse.com/6146849/familienministerin-raab-nicht-als-staat-zwaenge-vorgeben
  3. https://uscholar.univie.ac.at/detail/o:1429698
  4. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32019L1158&from=EN
  5. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10008464
  6. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10008674

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Familie, Frauen, Integration und Medien, wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Reform des Mutterschutzgesetzes, des Väter-Karenzgesetzes und des Kinderbetreuungsgeldgesetzes vorzulegen, die eine EU-konforme Umsetzung der Richtlinie 2019/1158 garantiert und beiden Elternteilen die gleichzeitige Nutzung von Karenzzeiten erlaubt."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Familie und Jugend vorgeschlagen.