2751/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 21.09.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Henrike Brandstötter‎, Kolleginnen und Kollegen

betreffend 5-Punkte-Plan gegen Fake News und Desinformation

 

Corona hat im Sommer traditionell eher weniger mediale Aufmerksamkeit, umso stärker wurde jedoch die letzten Monate über den verachtenswerten Angriffskrieg von Russland gegenüber der Ukraine und seit kurzem über die Energiekrise und die hohe Inflation berichtet. Gerade in Krisenzeiten haben Fake News und Desinformation Hochkonjunktur. Wir sehen schon sehr lange, dass Fake News nicht mehr nur auf unseriösen Websites oder in Kanälen wie Telegram verbreitet werden, sondern schon länger in der Mitte der österreichischen Politik sowie der Gesellschaft angekommen sind. Es hat sich auch gezeigt, dass die bestehenden Mittel zur Bekämpfung der Fehlinformationen und gezielten Desinformationskampagnen nicht ausreichen.

Unsere österreichische Gesellschaft steht vor einem großen Problem, wenn sich manche Bevölkerungsgruppen wegen dieser bewusst in Kauf genommenen Fragmentierung nicht mehr auf grundlegende Fakten oder Wahrnehmungen einigen können. Eine weitere Erschwernis entsteht durch die fortschreitende Digitalisierung und die damit einhergehenden isolierten Wahrnehmungswelten. In diesen Echokammern nehmen die Protagonist:innen einzelner Interessen und politischer Überzeugungen nur noch sich selbst und ihre eigene Meinung wahr. Deshalb ist Toleranz für die andere Meinung zur Option geworden; man muss sie scheinbar nicht mehr haben. Zusätzlich wird das Recht auf eigene Meinung immer öfter und von vielen politischen Gruppen ganz bewusst mit dem Recht auf eigene Fakten verwechselt.

Für eine gelingende Zukunft ist es notwendig, dass die Bevölkerung nicht noch stärker das Vertrauen in seriöse Medien verliert, sondern – ganz im Gegenteil – Medien und NGOs einen noch stärkeren Teil dazu beitragen, Fake News und Desinformation aufzuklären und sich nachvollziehbar auf Fakten und seriöse Quellen zu stützen. Gerade beim Thema Vertrauen in unsere Medienlandschaft spielt die Regierung eine große Rolle und vor allem die letzte Türkis-Blaue Regierung trug zur Beschädigung derselben bei.

Aus diesem Grund brauchen wir unter anderem ein eigenes Büro, das sich genau um all die Herausforderungen kümmert. Ziel ist es, dass sich unabhängige Expert:innen proaktiv um diese Themen, mögliche Verbreitungskanäle und Partnerschaften zu Vereinen und mit Bürger:innen, die Ähnliches tun, kümmern. Ziel ist ein Büro, das mit einer gesicherten Basisfinanzierung unabhängig arbeiten kann und dessen Expert:innen für zwei Jahre bestellt werden. Es wird ganz bewusst nicht in einem Ministerium angesiedelt. Oftmals werden Fakten mit Meinungen verwechselt und häufig wird ganz absichtlich behauptet, dass es keine gesicherten Fakten geben kann. Das ist schlichtweg falsch.

Es braucht deshalb in diesem Büro autonome Entscheidungsprozesse, einen eigenen Markenauftritt und klare Zuständigkeiten und Ansprechpartner:innen.

Zu den konkreten Aufgaben gehören:

Zusätzlich zu diesem Büro schlagen wir noch weitere 4 Punkte vor, um sich diesem wichtigen Thema endlich umfassend zu widmen. Denn auch die WHO weist schon seit Anfang 2020 auf die erhöhte Gefahr und Ausbreitung von Desinformation bzw. Fake News in Hinblick auf Covid-19 hin. Sie spricht von einer Infodemic: “An infodemic is too much information including false or misleading information in digital and physical environments during a disease outbreak. It causes confusion and risk-taking behaviours that can harm health. It also leads to mistrust in health authorities and undermines the public health response” (https://www.who.int/health-topics/infodemic/the-covid-19-infodemic#tab=tab_1) Aus diesem Grund haben 132 Staaten ein Statement zu diesem Thema unterzeichnet, darunter auch Österreich. Darin verpflichtet sich die österreichische Regierung unter anderem dazu, „Maßnahmen zu ergreifen, um die Verbreitung solcher Desinformationen zu verhindern“. (Cross-Regional Statement on „Infodemic“ in the Context of COVID-19) Nachdem Unterstützer:innen dieser Infodemic als gewählte Volksvertreter:innen im Parlament sitzen und ihren Teil dazu beitragen, dass gezielt gestreute Fake News und Desinformation noch stärker Eingang in die öffentliche Debatte finden, müssen wir dem rasch entgegensteuern.

Wir müssen daher einen Plan entwicklen, wie wir gezielten Desinformationskampagnen und Fake News begegnen können:

  1. Wir brauchen eine funktionierende Medienkompetenzvermittlung an unseren Schulen, aber auch in der Erwachsenenbildung. Bürgerinnen und Bürger müssen den Unterschied zwischen echten Nachrichten und Fake News lernen – auch, um nicht in den sozialen Netzwerken in Fake-News-Fallen zu tappen und Opfer von Desinformationskampagnen zu werden. Überdies ist die Kenntnis der Funktionen von Social Media, sowie verschiedener Tools im Netz, aber auch der grundlegenden Funktionsweisen von Medien und Kommunikation wichtig für den politischen Willensbildungsprozess, der für eine feste demokratische Gesellschaft unabdingbar ist.

 

  1. Wir brauchen ein allgemein anerkanntes Gütesiegel für journalistische Sorgfalt, das jene Medien erhalten, die faktenbasiert, seriös und anhand von nachvollziehbaren Quellen arbeiten. Denn immer mehr Fake News-Seiten und Desinformationskampagnen imitieren ganz bewusst seriöse Medien, um selbst als solche wahrgenommen zu werden, um die Leser:innen bewusst zu täuschen.
  2. Wir brauchen weitverbreitete Fakten-Checks, die über verschiedene Kanäle an so viele Menschen wie möglich kommuniziert werden. Was eine Initiative wie beispielsweise Mimikama mit einer kleinen Struktur schafft, ist ein absolutes Vorzeigemodell, wie so etwas aussehen kann, vor allem dann, wenn der Staat ausreichend Mittel zur Verfügung stellt und alles daran setzt, keinen politischen Einfluss darauf auszuüben. Denn: Es ist eine demokratiepolitisch enorm wichtige Frage, wie wir diese immer größer werdende Gruppe an Menschen in ihren isolierten Wahrnehmungswelten, in ihren Echokammern erreichen.
  3. Unabhängige Social Media Kanäle, finanziert vom Bund, die Inhalte zum Thema Medienkompetenz für alle Bevölkerungsschichten (je nach Plattform) vermitteln.
  4. Einsetzung eines Büros gegen Fake News und Desinformation, wie oben bereits ausführlich beschrieben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, aufgrund der immer stärker werdenden Bedrohung durch Fake News und Desinformation, ehestmöglich den eben vorgestellten 5-Punkte-Plan gegen Fake News und Desinformation Punkt für Punkt umzusetzen.“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.