2756/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 21.09.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Novellierung des KSE
Das österreichische Bundesheer nimmt seit
Jahrzehnten an Auslandseinätzen unter der Schirmherrschaft internationaler
Organisationen teil, wo österreichische Soldat_innen auch unter
ausländischem Kommando im Einsatz stehen. Die Rechtsgrundlage für
internationale Entsendungen bildet das Bundesverfassungsgesetz über
Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von
Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), welches in seiner
ursprünglichen Form spezifisch nach einem Aufruf der UNO für
Unterstützung im Kongo und in Zypern verabschiedet, allerdings 1997 im
Zusammenhang mit dem österreichischen EU-Beitritt neu verfasst wurde.
Der Strategischen Kompass der Europäischen Union sieht unter anderem die Schaffung einer schnellen Eingreiftruppe für militärische Aufgaben von strategischer Bedeutung für Europa in der Peripherie vor, also Evakuierungen, Stabilisierungsmaßnahmen etc. Der Nationalrat muss den Rechtsrahmen für eine Teilnahme, die von Bundesministerin Klaudia Tanner bereits angekündigt wurde, entsprechend anpassen.
Die Beilage zu GZ S91018/2-GrpRechtLeg/2021) bietet für Einsätze im Rahmen der GASP (Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union, welche im Rahmen des EU-Beitritts auch die Republik Österreich verfassungsrechtlich übernommen hat) folgende Interpretation:
Seit dem Inkrafttreten des (damaligen) Art. 23f B-VG im Jahre 1999 ergab sich für den (relevanten) Bereich der GASP, dass in diesem Rahmen auch eine Teilnahme militärischer Kräfte an „Kampfeinsätzen bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen“ im Wege einer Entsendung zu „Maßnahmen der Friedenssicherung“ im Sinne des KSE-BVG grundsätzlich zulässig war. Als „Nachfolgeregelung“ sieht Art. 23j Abs. 1 B-VG seit 1. August 2010 inhaltlich unverändert ua. vor, dass Österreich im Rahmen der „GASP“ ua. an sämtlichen Missionen nach Art. 43 Abs. 1 des EU-Vertrages in der Fassung von Lissabon mitwirkt (zu lesen als „mitwirken darf“). Diese Aufgaben schließen ua. auch ein „Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich Frieden schaffender Maßnahmen und Operationen zur Stabilisierung der Lage nach Konflikten“. Damit ergibt sich (zumindest für diesen Bereich) ausdrücklich, dass solche Kampfeinsätze als „Maßnahmen zur Friedenssicherung“ in Betracht kommen ... . Nach einhelliger Auffassung ist die Anwendbarkeit des „NeutralitätsBVG“ damit (zumindest) im Bereich der Teilnahme Österreichs an allfälligen Kampfeinsätzen nach Art. 43 Abs. 1 EUV im Rahmen der GASP jedenfalls „zurück gedrängt“ (vgl. hiezu Art. 23j B-VG).
In Beantwortung der Anfrage 11670/J betreffend "Parlamentsarmeen im internationalen Einsatz" vom 6. Juli 2022 schreibt die Bundesministerin (11323/AB) auf die Frage, welche Novellierungen des KSE-BVG notwendig, wären, um diesen Rechtsrahmen an die Erfordernisse des Strategischen Kompasses und spezifisch der RDC anzupassen:
"Mit der Schaffung einer Dringlichkeitsklausel für Einsätze nach § 1 Z 1 lit. a KSE-BVG könnte eine erleichterte Teilnahme an der schnellen Einsatztruppe ermöglicht werden. Darüber hinaus könnte eine Anpassung der Entsendetatbestände an das geänderte Aufgabenspektrum der Einsätze angedacht werden."
Eine Dringlichkeitsklausel findet sich im KSE in der gegenwärtigen Fassung für 1 Z 1 lit. b, Maßnahmen der humanitären Hilfe und der Katastrophenhilfe. Die Entsendungstatbestände in § 1 Z 1 lit. a beinhalten "Friedenssicherung einschließlich der Förderung der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Schutz der Menschenrechte im Rahmen einer internationalen Organisation oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) oder in Durchführung von Beschlüssen der Europäischen Union im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik."
Bereits vom KSE erlaubt sind "vom Menschen verursachte Katastrophen" mit sicherheitspolitischer Relevanz. Militärische Einsätze zur Verhinderung von Massenmigration, der Infiltration von bewaffneten Gruppen oder Terroreinsätze fallen demnach unter die Entsendungskategorie Friedenssicherung.
Dieser Fall könnte entweder „sicherheitsrelevant“ sein (zB massive Flüchtlingsströme mit dem Überwechseln zum Teil auch bewaffneter Gruppierungen aus einem Nachbarland auf das Gebiet eines EU-Mitgliedstaates) oder humanitären Charakters (zB ein technisches Großunglück in einem Atomkraftwerk eines EU-Mitgliedstaates). In „sicherheitsrelevanten“ Anlassfällen kann eine Entsendung zur Friedenssicherung (§ 1 Z 1 lit a KSE-BVG) – unter Beachtung der zur „Terrorabwehr“ genannten Zusatzkautelen - zulässig sein, im Unglücksfall wird eine Entsendung zu den anderen beiden Entsendefällen (§ 1 Z 1 lit b oder c KSE-BVG) möglich sein.
Auslandseinsätze setzen gemäß §§4 und 8 KSE eine freiwillige Meldung voraus. Um die Landesverteidigung verstärkt in europäische Strukturen einzubinden, kann es Soldat_innen des ÖBH nicht freigestellt sein, ob sie an internationalen Einsätzen teilnehmen wollen oder nicht. Bereits 2004 hat die Bundesheerreformkommission die Abschaffung des Prinzips der freiwilligen Meldung vorgeschlagen. Dieser Vorschlag wurde 2005 im Rahmen des Österreich-Konvents aufgegriffen, jedoch bislang nicht umgesetzt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landesverteidigung, wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Entwurf zur Novellierung des KSE-BVG vorzulegen. Diese möge die folgenden Adaptierungen des KSE-BVG beinhalten:
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Landesverteidigungsausschuss vorgeschlagen.