2757/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 21.09.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Einsatz für ein funktionierendes europäisches Asylsystem

 

Artikel 80 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sieht den "Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten" vor - dieser gilt auch im Bereich Asyl. Darüber hinaus steht spätestens seit 2015 fest, dass es auf EU-Ebene eine koordinierte Vorgehensweise und gemeinsame Lösungen im Asylwesen braucht. Eine faire Verteilung der Schutzsuchenden innerhalb der EU ist nicht nur unabdingbar, damit die nationalen Asylsysteme einzelner Mitgliedsstaaten auch bei einer steigenden Anzahl an Asylanträgen funktionsfähig bleiben, sondern auch, damit die durch Versorgung und Integration geflüchteter Menschen entstehenden Herausforderungen geteilt werden können. 

An sich sind die Zahlen im EU-Durchschnitt völlig überschaubar: EU-weit wurden im Jahre 2021 rund 630 500 Asylanträge gestellt. Umgerechnet auf die EU-Bevölkerung ergibt das 140 Asylanträge je 100 000 Einwohner_innen (siehe: Asylanträge in Europa I Europäische Kommission). Die Verteilung der Schutzsuchenden ist aber sehr ungleich: da manche Personen nach einem Asylantrag ein Land verlassen, ist die relevante Vergleichsgröße die Anzahl von Asylwerber_innen, die für das Verfahren im Land bleiben und daher auch versorgt werden. 

Hier klaffen die Zahlen auseinander. Denn es gibt EU-Staaten, in denen die Aufnahmebedingungen für Asylwerber_innen menschenunwürdig sind und daher die EU-weit geltenden Standards unterlaufen werden. Im schlimmsten Fall gibt es Staaten, die gar keine Asylanträge annehmen (z.B. Ungarn). Und es sind immer mehr Mitgliedstaaten in der EU, die versuchen, für Asylwerber_innen möglichst unattraktiv zu sein, indem auch rechtsstaatliche Standards unterminiert werden. Dadurch sind nicht nur die Rechte der Betroffenen gefährdet, sondern es wird auch Chaos verursacht, da Schutzsuchende sich in erratischer Weise innerhalb der EU verteilen, ohne, dass die Behörden einen Überblick wahren. So ziehen viele Asylwerber_innen in andere EU-Länder weiter, in denen die Aufnahmebedingungen menschenrechtskonform sind und eine bessere Perspektive auf ein faires Verfahren besteht (siehe „Flüchtlinge verteilen sich auf eigene Faust“ I Wiener Zeitung). 

Das hat Konsequenzen: In EU-Mitgliedsstaaten wie z.B. der Visegrád-Gruppe wurden im Jahre 2021 eklatant wenige Asylanträge gestellt:

Die meisten Asylanträge wurden in Zypern, gefolgt von Österreich mit rund 411 Asylanträge je 100 000 Einwohner_innen. Doch auch in Österreich es kommt zu vielen Verfahrenseinstellungen, die oft eine Weiterreise wiederspiegeln (30% der Asylentscheidungen  im ersten Halbjahr 2022 (siehe Asylstatistik, BFA-Kennzahlen des 1. Und 2. Quartals I Bundesministerium für Inneres)). Die Anzahl an Personen, die die Grundversorgung beziehen, bleibt über die Jahre fast quasi unverändert auf überschaubarem Niveau: 

 

Datum

01.2019

01.2020

01.2021

01.2022

07.2022

Anzahl Grundversorgung

43.140

30.878

26.659

30.221

31.334 (exkl. Vertriebene iSd Vertriebenen-VO)

 

Wenn es zu einer vermeintlichen Überlastung kommt, dann, weil Regierung und Bundesländer innerstaatlich sogar bei der simplen Aufgabe der Unterbringung scheitern: die Erstaufnahmezentren sind überbelegt, weil gerade viele Bundesländer die zum Verfahren zugelassenen Asylwerber_innen nicht in die Landesbetreuung übernehmen (mittlerweile 75%!). Wenn also im Jahre 2022 in Österreich oder sonst so in der EU jemand auf der Straße schlafen muss, besteht ein Verteilungs - und Managementproblem. 

Auf europäischer Ebene ist dafür auch die ÖVP verantwortlich. Denn anstatt sich in Brüssel für menschenwürdige Versorgung und faire Verfahren sowie eine solidarische Verteilung von Geflüchteten in der EU einzusetzen, ist die ÖVP schon lange auf der Seite der destruktiven Nationalisten - obwohl gerade Österreich von einer fairen Verteilung profitieren würde! Es bestünde ein hohes Interesse daran, anstatt an einem Wettlauf nach unten teilzunehmen, sich für europäische Lösungen einzusetzen – und somit zu Rechtsstaat und Ordnung beizutragen, sowie zur eigenen Entlastung. Umso verwunderlicher ist es daher, dass derartige Lösungsansätze auf EU-Ebene vonseiten der Regierung stets abgelehnt werden und man mit Ungarn und anderen unsolidarischen Staaten keine Verhaltensänderung einmahnt. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, sich auf EU-Ebene für Aufnahmebedingungen und Asylverfahren nach einheitlichen europäischen rechtsstaatlichen Standards einzusetzen sowie für eine faire Verteilung von Asylwerber_innen innerhalb der EU." 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.