2761/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 21.09.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Gerald Loacker, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Kammerumlagensenkungen

 

Zu hohe Umlagen führen zu enormen Rücklagen und Überschüssen bei den Kammern

In den Kammergesetzen für die Arbeiterkammern und Wirtschaftskammern sind die Kammern zwar eindeutig als Non-Profit-Unternehmen (Ausgaben = Umlagen) definiert, trotzdem sind ihre Umlagen und Rücklagen in den letzten Jahren deutlich stärker gestiegen als die Inflation. Das liegt zum einen daran, dass die Aufsicht der Kammern (Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft) zu wenig auf die Einhaltung der Kammergesetze pocht und zum anderen daran, dass in den Kammergesetzen die Umlagen-Höchstgrenzen zu hoch angesetzt (AK-Gesetz) oder gar nicht festgelegt sind (WK-Gesetz). Diese Umstände und die schleißige Aufsicht ermöglichen es den Kammern, regelmäßig Überschüsse zu erzielen. So nahmen die Wirtschaftskammern 2021 809 Mio. Euro an Umlagen ein und erzielten dabei 136 Mio. Euro an Überschüssen, was einer Umlagen-Rendite von 17 Prozent entspricht! Und das, obwohl die Wirtschaftskammern gleichzeitig noch 59 Mio. Euro an Zusatzpensionen zu stemmen hatten. Ähnlich verhielt es sich bei den Arbeiterkammern, die Umlagen in Höhe von 530 Mio. Euro einhoben und 67 Mio. Euro Überschuss erzielten, trotz 58 Mio. Euro Aufwänden für Zusatzpensionen. Die regelmäßigen Überschüsse führen dazu, dass die Rücklagen der Kammern in den letzten Jahren stark gestiegen sind. So liegen die Rücklagen den Arbeiterkammern mittlerweile bei 571 Mio. Euro (mehr als ein Jahresaufwand) und bei den Wirtschaftskammern bei 1,78 Mrd. Euro (mehr als der zweifache Jahresaufwand).

Arbeiterkammern beginnen bereits, Rücklagen und Überschüsse zu verschleiern

Hinzu kommt, dass die Arbeiterkammern aufgrund ihrer ungewöhnlichen, nicht UGB-konformen Rechnungslegungsvorschriften mehr Überschüsse erzielen und Rücklagen horten als sie offiziell in den Rechnungsabschlüssen ausweisen. Für die Berechnung der Rücklagen und Überschüsse sind deshalb Korrekturen nötig, um die Überschuss- und Rücklagenverschleierungen darstellen zu können. Insgesamt verschleiern die Arbeiterkammern schon 68 Mio. Euro an Rücklagen über die nicht UGB-konforme "Rückstellung für die Digitalisierungsoffensive". Und da die Ausgaben für die Digitalisierungsoffensive seit Jahren niedriger sind als die Rückstellungszuführungen, schmälern die Arbeiterkammern ihre Überschüsse jährlich künstlich um 12-22 Mio. Euro. Diesbezüglich hat die Aufsicht zumindest bereits eine Prüfung der Rechnungslegungsvorschriften in Auftrag gegeben (1).

Teile der Regierungsfraktionen fordern Senkung der Kammerumlagen

Mittlerweile prangert auch die Grüne Wirtschaft in regelmäßigen Abständen die hohen Rücklagen der Wirtschaftskammern an ("Statt Geld und Vermögen zu horten, sollte die WKO die Unternehmer:innen in schwierigen Zeiten entlasten.") (2). Und zuletzt hat sich auch der Grüne Abgeordnete Lukas Hammer deutlich zu Wort gemeldet: "Wenn jeder Beitrag zur Unterstützung österr. Unternehmen wichtig ist, dann sollten wir auch über ein Aussetzen oder eine Reduktion der Wirtschaftskammer Umlagen diskutieren. Immerhin hat die WKO über 1,6 Mrd. Euro an Rücklagen, auf die man in so einer Krise zurückgreifen könnte(3). Innerhalb der Regierungsfraktionen wird man sich also dem Problem bewusst und ist zu Änderungen bereit. Dieser Reformwille wird natürlich in Form dieses Antrags begrüßt.


 

Zudem spricht die Argumentation von ÖVP-Abgeordneten und WK-Generalsekretär Karl-Heinz Kopf "man müsse ganz klar zwischen Sach- und Finanzanlagen unterscheiden und auch wissen, dass manche Rücklagen mit gesetzlichen Bindungen versehen sind" (4) ganz klar für eine Auflösung der Wirtschaftskammerrücklagen. Denn von den Finanzanlagen in Höhe von 1,1 Mrd. Euro machen 0,7 Mrd. Euro reines Wertpapiervermögen aus, das zum Großteil sofort aufgelöst werden kann. In der WK-Bilanz können nämlich nur die Rückstellungen in Höhe von 0,2 Mrd. Euro als Vermögen mit gesetzlicher Bindung qualifiziert werden. Hier besteht ohnehin großer Handlungsbedarf, da die Wirtschaftskammern allein 2021 18,2 Mio. Euro Wertpapiervermögen in den Sand gesetzt haben (5). Diese Wertpapierverluste, womöglich sogar Spekulationsverluste, zeigen deutlich, dass die Wirtschaftskammern nicht mit der entsprechenden Sorgfalt mit den Zwangsmitgliedschaftsgeldern umgehen. Zu den 0,5 Mrd. Euro Wertpapiervermögen, das sofort aufgelöst werden kann, kommen noch 0,4 Mrd. Euro Bankeinlagen, die ebenfalls sofort an die Zwangsmitglieder zurück gegeben werden können.

Senkung der Umlagen und Einführung von Höchstgrenzen nötig

Aufgrund der rasant steigenden Umlagen und Rücklagen in den Kammern ist es daher überfällig, die Umlagen zu senken und die entsprechenden Vorgaben/Höchstgrenzen in den Kammergesetzen anzupassen. Für die Arbeiterkammern muss die hohe Umlagen-Höchstgrenze von 0,5 Prozent auf 0,4 Prozent gesenkt werden. Gleichzeitig ist für die Wirtschaftskammern eine Höchstgrenze im Wirtschaftskammergesetz zu verankern, wobei die "Kammerumlage 2" (Teil der Lohnnebenkosten) jedenfalls mit einem Höchstwert von 0,2 Prozent zu begrenzen ist. Denn speziell in Zeiten hoher Inflation und hoher Energiepreise ist es wichtig, die Zwangsmitglieder der Arbeiterkammern und Wirtschaftskammern zu entlasten, anstatt die Zwangsbeiträge in den Kammer-Geldspeichern zu horten.

 

Quellen:

(1) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_10747/index.shtml

(2) https://www.gruenewirtschaft.at/2022/06/27/ruecklagen-2021/

(3) www.twitter.com/lukas_hammer/status/1570360760571760640?cxt=HHwWgMC88dSyhcsrAAAA

(4) https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200417_OTS0196/kopf-wko-entlastet-mitgliedsbetriebe-mit-hunderten-millionen-euro

(5) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_11570/index.shtml


 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, die vorsieht, die Wirtschaftskammerumlage 2 auf 0,2 Prozent zu begrenzen."  

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft‚ Industrie und Energie vorgeschlagen.