2765/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 21.09.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Umsetzen statt nur Versprechen: Reformpaket für einen krisenfesten Wirtschaftsstandort endlich liefern!
Die österreichische Bundesregierung hat schon oft Unterstützung oder Reformen versprochen. Die Umsetzung erfolgt gelegentlich verspätet, in vielen Fällen jedoch gar nicht.
EU-Aufbauplan: Längst fällige Umsetzung und der anhaltende Streit in der Koalition
Angesichts der Wirtschaftskrise durch die Covid-19-Pandemie wurden auf EU-Ebene im Rahmen des EU-Aufbauplans viel Geld locker gemacht. Dafür mussten die EU-Mitgliedsstaaten Reformprogramme (Aufbau- und Resilienzplan) einreichen. Bis zum 1. Quartal 2022 hat die Bundesregierung zwar zugesagt, folgende wirtschaftspolitische Maßnahmen umzusetzen. Wegen anhaltendem Streit innerhalb der Koalition jedoch nicht umgesetzt.
FlexCo - die neue Gesellschaftsform in der ideologischen Warteschleife
Die Reform des starren österreichischen Gesellschaftsrechts wurde immer wieder versprochen, also hat man dies auch der Europäischen Kommission zugesagt. Der Hintergrund erschien damals durchaus positiv. Im Jahr 2020 legte ein Gutachten im Auftrag von Wirtschaftsministerin Schramböck weitgehende Reformen nahe wie die Abschaffung der Notariatsaktpflichten, Vereinfachungen bei Kapitalerhöhungen, Zulässigkeit der englischen Sprache bei Gesellschaftsverträgen oder Einführung moderner Mitarbeiterbeteiligungsformen (2). Ende Jänner 2022 gab es noch immer kein Gründerpaket und Schramböcks Startup-Beauftragte äußerte sich mit einer vernichtenden Kritik rund um laufende Reformprozesse zu Wort (3). Kritisiert wird vor allen, dass vonseiten der Entscheidungsträger aus ideologischen Gründen auf Maximalpositionen bestanden wird und Entscheidungen dann auf den absoluten Minimal-Konsens reduziert werden. Selbst ein neuer Wirtschaftsminister oder ein Bericht des Wirtschaftsministeriums über den Mehrwert von mehr Start-ups für die österreichische Volkswirtschaft haben nichts an der bestehenden Blockade geändert. (4)
Wenig Risikokapital - kein Reformwille der Bundesregierung
Im gleichen Bericht des Wirtschaftsministeriums zu Start-ups wird auch ausgewiesen, wie wenig Risikokapital in Österreich im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedsstaaten vorhanden ist. Die im Bericht genannten Empfehlungen werden von der Start-Up Branche selbst, aber auch von NEOS seit Jahren gefordert. Im Aufbau- und Resilienzplan kündigte die österreichische Bundesregierung die Schaffung einer geeigneten Rechtsform für Venture Capital Veranlagungen an. Der für die Vorlage eine Wagniskapitalfonds-Gesetz zuständige Finanzminister Magnus Brunner scheint nach wie vor nicht zu wissen, ob und wie er seine eigenen Ankündigungen umsetzen will. Dabei kam eine vom BMF selbst in Auftrag gegebene Studie des Forschungsinstituts WPZ Research zum Schluss, dass mehr Risikokapital "die Wettbewerbsfähigkeit der KMU verbessern und die Produktivität der österreichischen Wirtschaft steigern" würde. Die Studienautor_innen empfehlen daher - in Anlehnung an die Best-Practice-Modell USA, Großbritannien und Luxemburg - unter anderem die Bereitstellung einer Vielzahl von "Finanzvehikeln für Wagniskapitalgesellschaften". Empfohlen wird eine "Erweiterung der möglichen Rechtsformen speziell für Wagniskapitalgesellschaften, wie sie zum Beispiel in Luxemburg mit der SICAR (als Sonderform der SICAV), bestehen".(5) Ein entsprechender Antrag von NEOS wurde im Juni 2022 von den Regierungsparteien im Finanzausschuss abgeschmettert. (6)
Steigende Energiekosten: Halb umgesetzt bringt auch nichts
Die aktuelle Krise rund um steigende Energiepreise hat an diesem Arbeitsstil auch nichts geändert. Gesetze werden halb fertig beschlossen und dem zuständigen Bundesminister weitreichende Kompetenzen bei der Festlegung von Details erteilt, die dann aber sehr lange auf sich warten lassen. Nähere Bestimmung (Verödungen, Richtlinien, etc.) zu folgenden Gesetzen hat die Bundesregierung noch nicht geliefert:
Fiktive Eigenkapitalzinsen - Ministerratsvortrag, Pressekonferenz und ewiges Warten
Die Corona-Krise hat über alle Betriebsgrößen hinweg gezeigt, dass heimische Unternehmen generell an einem Eigenkapitalmangel leiden. Langfristiges Eigenkapital ist wichtig für eine robuste Finanzierungsstruktur und ausreichend Eigenkapital erhöht die Kreditwürdigkeit und lässt ein Unternehmen auch größere Umsatzschwankungen überstehen. Die Unternehmensbesteuerung setzt auch in Österreich einen Anreiz zu höherer Verschuldung. Die Zinsen für Fremdkapital sind von der KöSt (und von der ESt bei Personenunternehmen) abzugsfähig, während für das Eigenkapital kein steuerlicher Abzug von Finanzierungskosten in Form einer marktüblichen Verzinsung (Opportunitätskosten) möglich ist. Daraus ergeben sich zwei ungünstige Konsequenzen. Erstens wollen Unternehmen ihre Steuerbelastung mindern, indem sie sich mit Fremdkapital anstatt mit Eigenkapital finanzieren - es entsteht ein Anreiz zur Überschuldung. Dieser steuerliche Anreiz fördert die Überschuldung und beeinträchtigt die Krisenrobustheit der Unternehmen.
Am 16. Juni 2020 hat die Bundesregierung die Einführung von Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals im Ministerrat beschlossen. Bundesminister Blümel hat in einer Pressekonferenz im Juni 2021 die Einführung fiktive Eigenkapitalzinsen gefordert (11), mit Verweis auf den Ministerratsvortrag des Vorjahres. Auch in diesem Fall konnte sich die Bundesregierung nicht über Details einigen. NEOS haben wiederholt die Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital im Sinne einer Stärkung der Resilienz österreichischer Unternehmen gefordert. (12)
Im Sinne der österreichischen Betriebe wird der Wirtschaftsminister aufgefordert, sich für eine rasche Umsetzung von Reformmaßnahmen einzusetzen.
Die Bundesregierung muss entsprechende Gesetze spätestens bis Ende des Jahres 2022 vorlegen!
Gerade angesichts der Herausforderungen der letzten Jahre muss jetzt rasch gehandelt werden!
Quellen
1. https://www.oesterreich.gv.at/dam/jcr:e0b131c9-f2d9-40f8-9350-d533bc9bf4c9/Anhang%20zum%20%C3%96sterreichischen%20Aufbau-%20und%20Resilienzplan%202020-2026.pdf
2. https://www.bmdw.gv.at/dam/jcr:a9189a0b-c95e-40f4-9eaa-690557c8e0fe/Gutachten%20Kapitalgesellschaftsform%20Austrian%20Limited.pdf
3. https://brutkasten.com/lisa-fassl-ueber-die-arbeit-als-startup-beauftragte-es-ist-extrem-ernuechternd/
4. https://www.aaia.at/wp-content/uploads/2022/05/Studie-WertschoepfungStartupsinOesterreich.pdf
5. https://www.wpz-research.com/wp-content/uploads/2021/12/Kurzstudie_Rechtsform20211201.pdf
6. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_02646/index.shtml
7. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_02680/index.shtml#tab-Uebersicht
8. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_01293/index.shtml#tab-Uebersicht
9. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/ME/ME_00213/index.shtml#tab-Uebersicht
10. https://www.bundeskanzleramt.gv.at/medien/ministerraete/ministerraete-seit-jaenner-2020/23-ministerrat-am-16-juni-2020.html
11. https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/5993628/Derzeit-bei-25-Prozent_Finanzminister-bekraeftigt_
12. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_00960/index.shtml
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung,
insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird
aufgefordert, sich für eine rasche Umsetzung angekündigter
Reformvorhaben zur Stärkung des österreichischen
Wirtschaftsstandortes einzusetzen. Spätestens bis Ende 2022 sollen alle
entsprechenden Gesetzesentwürfe dem Nationalrat vorgelegt werden."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft‚ Industrie und Energie vorgeschlagen.