2770/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 21.09.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter,  Kolleginnen und Kollegen

betreffend Evaluierung des Untreuetatbestands

 

Im Kapitel "Justiz & Konsumentenschutz" des Regierungsprogramms ist unter dem Titel "Strafrecht an aktuelle Herausforderungen anpassen" auch eine Evaluierung und Prüfung des Untreuetatbestandes (§ 153 StGB) vorgesehen. 

Aus einer Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Justiz vom 27.03.2020 (717/AB) ergibt sich, dass zum damaligen Zeitpunkt beim Justizministerium weder eine Arbeitsgruppe zur Evaluierung und Prüfung des Untreuetatbestandes eingerichtet war, noch eine wissenschaftliche Studie zu diesem Zweck in Auftrag gegeben worden war. 

Aufgrund der derzeitigen krisenhaften Situation im Bereich der Energieversorgung sowie der daraus resultierenden sprunghaft gestiegenen Preise sowohl im Großhande, als auch für die Endverbraucher_innen, gewinnt die Frage der allfälligen Verwirklichung des Untreuetatbestandes insofern an Aktualität, als das Management vieler Elektrizitätsversorgungsunternehmen, welche im ausschließlichen Eigentum von Gebietskörperschaften stehen, einem gewissen - nachvollziehbarem - Druck von Seiten der Eigentümervertreter ausgesetzt ist, die Endverbraucherpreise nicht oder nur moderat zu erhöhen. 

Damit eröffnen sich aber im Hinblick auf den Tatbestand gemäß § 153 StGB erhebliche Probleme für die Machthaber derartiger Unternehmen im Eigentum der öffentlichen Hand. 

Die Rechtsansicht, wonach im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung in objektiver Hinsicht nicht nur auf die Interessen des Vertretenen, sondern auch auf „fremde öffentliche Interessen“ abzustellen sei, findet in der Legaldefinition des § 153 Abs 2 StGB keine Deckung. Die durch eine vom Eigentümervertreter dem Management erteilte Weise verursachte Pflichtenkollision kann nur jenem Täter als Rechtfertigungsgrund zugutekommen, dem zwei einander ausschließende, in der Rechtsordnung objektivierbare Pflichten dergestalt obliegen, dass die Erfüllung der einen Rechtspflicht zwangsläufig zur Verletzung der anderen führen muss. Auch wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, tritt nur bei Erfüllung der ein höherwertiges oder zumindest gleichwertiges Rechtsgut betreffenden Pflicht in Ansehung der verletzten – jedenfalls nicht überwiegenden – Pflicht Rechtfertigung ein (RIS-Justiz RS008963317 Os 23/16k, SSt 2016/59; zum Ganzen 13 Os 145/18z).

Die Gläubigerinteressen bleiben unbeschadet der allfälligen Rechtfertigung bei Verwirklichung des Tatbestandes nach § 153 StGB durch § 159 StGB geschützt. 

Gerade im Hinblick auf diese Rechtslage erscheint eine Evaluierung, Prüfung und allfällige Novellierung des § 153 StGB geboten.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat nach Evaluierung und Prüfung der durch § 153 StGB idgF geschaffenen Rechtslage eine Novelle des §153 StGB vorzulegen, mit der eine den Erfordernissen der öffentlichen Wirtschaft angepasste Regelung von Rechtfertigungsgründen erfolgt."  

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.