2775/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 21.09.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten MMag. Katharina Werner Bakk., Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Steuerliche Lösungen zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung
40% der weltweit produzierten Nahrungsmittel werden nie gegessen, sondern landen entlang der Wertschöpfkette und nach dem Kauf im Müll. Die Verschwendung wertvoller Nahrungsmittel verschärft Klimakrise und das Artensterben: Die Herstellung von Lebensmitteln ist nicht nur energie- und treibhausgasintensiv, sondern nimmt auch viel agrarische Nutzfläche in Anspruch. Lebensmittelverschwendung ist für rund 10% des globalen Treibhausgas-Ausstosses verantwortlich. (1)
Österreich hat sich im Rahmen der UN-Nachhaltigkeitsziele zur Halbierung der vermeidbaren Lebensmittelabfälle in Haushalten und im Handel bis 2030 verpflichtet. Etwa die Hälfte der vermeidbaren Lebensmittelverschwendung entsteht in österreichischen Haushalten.(2) Supermärkte werfen pro Jahr rund 67.000 Tonnen an Lebensmitteln weg. An soziale Einrichtungen weitergegeben werden jährlich rund 12.250 Tonnen an Nahrungsmitteln, das sind mehr als 15 Prozent der Lebensmittelverschwendung im Handel.(3) Dieser Anteil könnte unter anderem durch entsprechende steuerliche Anreize deutlich erhöht werden - womit es auch zu einer Entlastung der Sozialorganisationen käme. Aufgrund der derzeitigen Inflation sind mehr Menschen auf Lebensmittel von sozialen Einrichtungen angewiesen. Hier muss angesichts der angespannten Situation von Sozialmärkten und sozialen Einrichtungen dringend gehandelt werden!
Derzeit ist der Lebensmitteleinzelhandel in Österreich wegen Steuer- und Lebensmittelrecht gezwungen, bei der Weitergabe von Lebensmitteln in einer rechtlichen Grauzone zu agieren. So müssen Lebensmittel vor der Weitergabe an Sozialmärkte als Verderb deklariert und verbucht werden, weil nur so ein Vorsteuerabzug möglich ist. Das wiederum ist problematisch, weil diese Lebensmittel somit nicht mehr als „verkehrstauglich“ gelten und daher streng genommen auch nicht mehr von Sozialeinrichtungen an Bedürftige verteilt werden dürften.(4)
Das Spenden von Lebensmitteln ist in Österreich derzeit gegenüber dem Wegwerfen steuerrechtlich benachteiligt. Dies widerspricht nicht zuletzt der in der EU-Abfallrahmenrichtlinie (5) vorgesehenen Hierarchie im Umgang mit Lebensmittelabfällen, in der die Weitergabe von Lebensmitteln eindeutig gegenüber dem Wegwerfen priorisiert wird.
In Deutschland gibt es eine eindeutige rechtliche Regelung zur umsatzsteuerlichen Handhabung von betrieblichen Lebensmittelspenden: "The German fiscal context creates a positive framework around food redistribution. According to the German Tax Code (Abgabenordnung § 163), the VAT rate for donated food is either set at zero or at a very low fixed rate. In the case of the free donation of foodstuff shortly before its expiration date, no objections are raised if the product assumes a zero-euro value, resulting in a zero-rate of VAT. For this rule to be applicable, the donation must be made for charitable purposes."(6) Bereits 2012 gab es in diesem Zusammenhang eine zwischen Bundesministerium der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der Länder beschlossene Billigkeitsregelung.(7) Österreich muss hier ebenfalls dringend eine geeignete steuerrechtliche Lösung finden.
Darüber hinaus könnte die Weitergabe von Lebensmitteln zusätzlich steuerlich beanreizt werden. Hier ein paar konkrete Beispiele aus anderen EU Staaten (8):
Quellen:
1. https://www.wwf.at/nachhaltig-leben/lebensmittelverschwendung/
2. https://www.wwf.at/artikel/frisch-verfault/
3. https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/chronik/wien-chronik/2095275-Aus-der-Tonne-auf-den-Teller.html
4. https://www.handelsverband.at/presse/presseaussendungen/tag-gegen-lebensmittelverschwendung/
5. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/TXT/PDF/?uri=CELEX:02008L0098-20180705&from=EN
6. https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/8f5d3481-b753-11ea-bb7a-01aa75ed71a1
7. https://www.bundestag.de/resource/blob/648252/e867fc2e93724e7ecb7c481ba59fa08a/WD-4-062-19-pdf-data.pdf, Seite 5.
8. https://www.eesc.europa.eu/nl/our-work/publications-other-work/publications/comparative-study-eu-member-states-legislation-and-practices-food-donation
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung,
insbesondere der Bundesminister für Finanzen, soll raschest möglich
geeignete steuerliche Rahmenbedingungen zur Vermeidung von
Lebensmittelverschwendung schaffen. Insbesondere soll die steuerliche
Handhabung von betrieblichen Lebensmittelspenden an Sozialeinrichtungen
geklärt werden. Darüber hinaus sollen weitere steuerliche Anreize
zugunsten von betrieblichen Lebensmittelspenden und somit einer Vermeidung von
Lebensmittelverschwendung gesetzt werden."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.