2783/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 21.09.2022
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Entschließungsantrag

 

 

des Abgeordneten Mag. Gerald Hauser

und weiterer Abgeordneter

betreffend endlich echte Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung für Tourismusbetriebe setzen -Investitionen ermöglichen – Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des heimischen Tourismus erhöhen

 

In den letzten zwei Jahren haben sich viele Betriebe und Unternehmen in Folge von COVID-19 massiv verschuldet und befinden sich nach wie vor, wenn auch mit branchenabhängigen Unterschieden, in einer wirtschaftlich äußerst schwierigen Lage.

Äußerst prekär ist insbesondere die Situation im Gastronomie- und Tourismusbereich: „Wir werden in vielen Unternehmen als Konsequenz der Krise mehr Schulden bei geringeren Umsätzen und Erträgen haben - das ist sicher kein Erfolgsmodell“, brachte der damalige ÖHT-Generaldirektor Wolfgang Kleemann die Lage im Tourismus bereits vor eineinhalb Jahren auf den Punkt.

Besonders problematisch wird die Situation in Gastronomie und Tourismus, wo die Eigenkapitalquote entsprechend niedrig, der Verschuldungsgrad sehr hoch ist, und demzufolge Rückzahlungen von Überbrückungskrediten für die Unternehmen eine enorme Belastung darstellen werden. „An der Befürchtung, dass viele Unternehmen die Überbrückungskredite am Ende des Tages aus eigener Kraft nicht zurückzahlen können, sei schon was dran,“ meinte beispielsweise der damalige ÖHT-Generaldirektor Kleemann im Profil vom 1. September 2020.

„Im internationalen Vergleich würden kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Eigenkapitalquote hinterherhinken. 22 Prozent der österreichischen KMU sind überschuldet, hieß es dazu kürzlich in der Aussendung von Finanzminister Blümel. Zudem erschwere die starke Fremdfinanzierung den Handlungsspielraum und die Kreditaufnahme in Krisenzeiten. Schon jetzt finanzierten Kleinstbetriebe 39 Prozent ihres Vermögens durch Bankkredite. Bei Großbetrieben seien es acht Prozent. Zum Vergleich: In der Schweiz finanzierten sich fast zwei Drittel der Unternehmen ausschließlich über Eigenkapital.“ (Oberösterreichische Nachrichten, 18.07.2020)

Die Eigenkapitalbasis insbesondere der Tourismusbetriebe ist durch die letzten beiden Jahre der COVID-Krise weiter eingebrochen, wie dies unter anderem Thomas Reisenzahn, Geschäftsführer der Prodinger Tourismusberatung kürzlich bestätigt, wenn er am 15.03.2022 festhält:

Schon vor der Pandemie war die dünne Eigenkapitaldecke bekanntlich in Hotellerie und Gastronomie ein Problem. In den vergangenen zwei Jahren wurde die Lage noch prekärer. „Viel Eigenkapital wurde verbrannt“.

Sein Unternehmen hat anonymisiert die Daten von 200 Tourismusbetrieben analysiert. Zusammengefasst: Die Steuerstundungen laufen aus und die Liquidität ist gefährdet, weil die Eigenkapitaldecke von durchschnittlich 13,7 Prozent in einigen Fällen heute auf unter 8 Prozent gefallen ist. Bei diesem Wert ist in der Regel keine Bankfinanzierung mehr zu bekommen.

(https://www.gast.at/gastronomie/tourismus-warum-die-preise-rauf-muessen-47820)

 

Viele Tourismusbetriebe haben in der Corona-Krise und mit dem Krieg in der Ukraine ihre Sicherheit in Planung und Betriebsführung verloren. Seit März spürt die Branche den Rohstoff-Preisschock, Angebotsengpässe, Energiepreissteigerungen und Mitarbeiterknappheit.

Daher gilt es, die finanzielle Situation der Unternehmen auch durch Stärkung der Eigenkapitalbasis rasch zu verbessern.

Wie Thomas Reisenzahn in der letzten Sitzung des Tourismusausschusses im Juni dieses Jahres berichtete, wurde in den letzten zwei Jahren viel Eigenkapital verbrannt. Und dies in einer Branche mit von Haus aus schwachem Eigenkapital (13,7 % in der Hochkonjunktur!). 2021 hat die Eigenkaptalquote bei kleinen bis mittleren Betrieben nach Beobachtungen der Prodinger Beratungsgruppe weiter abgenommen. Bei mittleren bis großen Betrieben war die Quote sogar noch stärker rückläufig. Eine niedrige Eigenkapitalquote, gepaart mit einem hohen Fixkostenanteil bei gleichzeitig hoher Investitionsintensität und steigenden Betriebskosten, senkt die Krisenfestigkeit! „Die Eigenkapitalquoten der österreichischen Unternehmen werden sich in den nächsten Monaten daher nicht verbessern.

Das geringe Eigenkapital ist zum Teil durch niedrige Buchwerte der Hotelliegenschaft bei erheblichen stillen Reserven bedingt.

„Aufgrund der Tatsache, dass in den Bilanzen Buchwerte dargestellt werden, entspricht die Darstellung oft nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Ganz besonders nicht, wenn die Betriebe bzw. der Besitz schon lange in Familienhand sind“, ergänzte Reisenzahn.

Daher sollte eine Aufwertungsoption auf den Verkehrswert der Liegenschaften unbedingt eingeführt werden. Damit ließen sich richtigere Werte in den Jahresabschlüssen darstellen. Hier schlägt Prodinger eine befristete Übergangs-regelung bis 31.12.2023 vor, wonach das Vermögen mit dem Viertel-Steuersatz begünstigt aufgewertet werden kann und die Bilanzen das echte Eigenkapital aufweisen. Dies würde die Bonität stärken und langfristig die Abschreibungsbasis erhöhen!

TPT0012 5 WI 0622 T780001 Mi, 22.Jun 2022

 

Gerade bei Immobilien machen die derzeit stark steigenden Inflationsraten aus Sicht der Prodinger Beratungsgruppe eine Aufwertungsmöglichkeit von Immobilien zunehmend dringlicher, was man wie folgt begründet:

„Aufgrund der unternehmens- und steuerrechtlichen Vorschriften wird das Anlagevermögen in der Bilanz mit historischen (Anschaffungs- und Herstellungs-) Kosten angesetzt. Diese sind geringer als die Wiederbeschaffungskosten bei einer Ersatz- bzw. Neuinvestition. In der Gewinn- und Verlustrechnung erfolgen die Abschreibungen aufgrund dieser historischen Kosten. „Dies wiederum führt dazu, dass die Besteuerung auf Basis nomineller Scheingewinne erfolgt“, kritisiert Roland Pfeffer, Geschäftsführer der Prodinger Steuerberatung in Zell am See. Bei Ersatzinvestitionen ist die Finanzkraft des Unternehmens geschwächt, da laufend eine zu hohe Steuerbemessungsgrundlage auf Basis historischer Anschaffungskosten ausge-wiesen wird. „Die hohen Inflationsraten verstärken diesen nachteiligen Effekt. Parallel dazu führt das zu gering ausgewiesene Eigenkapital auch zu einer schlechteren Bonität, was wiederum zu höheren Kreditzinsen führt“, fasst Pfeffer die problematische Situation zusammen.

Die Möglichkeit einer steuerschonenden Aufwertung bedeutet nicht nur die Darstellung richtiger Werte, sondern verhindert auch die Scheingewinnbesteuerung. Italien hat mit dem Augustdekret aus 2020 die Grundlage für eine steuerfreie Aufwertung von Immobilien geschaffen. Eine entsprechende Regelung in Österreich würde sicherstellen, dass dieser aktuell bestehende Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Regionen beseitigt wird.

Um die Finanzierungslücke abzumildern, die aus der Besteuerung der Scheingewinne entsteht, schlagen wir eine steuerschonende Aufwertungsmöglichkeit von Immobilien vor. „Im Zuge der aktuellen Diskussion einer Besteuerung von „Übergewinnen“ darf auch die jahrzehntelang durchgeführte Besteuerung von Scheingewinnen nicht unberücksichtigt bleiben“, mahnt Pfeffer abschließend.“ (TPT0001 5 WI 0389 T78-0001/19.09.2022)

 

Gerade in einer Zeit, in der es nun laut Österreichischer Hotel- und Tourismusbank (ÖHJT) wieder starke Nachfrage nach Finanzierungen gibt, ist es dringend an der Zeit, dass diese Bundesregierung endlich wirksame Maßnahmen setzt, die eine rasche Stärkung der Eigenkapitalbasis der Tourismusbetriebe ermöglichen. Nur so kann die Grundlage geschaffen werden, dass investitionswillige Betriebe auch tatsächlich in den Genuss von Finanzierungen kommen und somit die Wettbewerbsfähigkeit am Tourismusmarkt sowie die Attraktivität für die Gäste auch entsprechend erhalten bzw. ausbauen können.

„Österreichs Hoteliers seien nach den zwei Corona-Jahren wieder voller Optimismus und Investitionsfreude“, sagte ÖHT-Chef Matthias Matzer im Ö1-Mittagsjournal. "Wir sehen eine fast ungebrochene Nachfrage nach langfristigen Finanzierungen. Da ist ein sehr starker Grundoptimismus." Aktuell liege der Schwerpunkt der ÖHT bei Land- und Ferienhotels in Tirol, Salzburg und Vorarlberg." (Tiroler Tageszeitung" vom 20.04.2022)

 

Darüber hinaus sollte eine steuerrechtliche Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital insofern erfolgen, dass neben Fremdkapitalzinsen auch fiktive Eigenkapitalzinsen steuerlich abzugsfähig werden.

 
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der dargelegten Fakten und im Sinne der raschen und echten Unterstützung der massiv belasteten heimischen Gastronomie- und Hotelleriebetriebe stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden 

 

Entschließungsantrag
 
Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der eine dringend notwendige Stärkung des Eigenkapitals und damit der Bonität der Unternehmen unter anderem durch eine bis 31.12.2023 befristete Ermöglichung der Aufwertung des Vermögens mit dem Viertel-Steuersatz sowie durch die Ermöglichung eines Steuerabzugs für fiktive Eigenkapitalzinsen im Sinne der steuerrechtlichen Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital umgesetzt werden.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht ersuchen die unterfertigten Abgeordneten um Zuweisung dieses Antrages an den Tourismusausschuss.