2784/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 21.09.2022
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Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend umgehendes Aussetzen des „Merit-Order-Prinzips“ zur Strompreisfestsetzung

 

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der seit Monaten extrem steigenden Gaspreise auch als Folge der Sanktionspolitik gegenüber Russland stößt das derzeit zur Anwendung kommende Strompreisbildungssystem auf Europäischer Ebene auf zunehmendes Unverständnis und massive Kritik.

So führt das sogenannte Merit-Order-Prinzip, wonach jene an der Strombörse anbietenden Kraftwerke, die billigeren Strom produzieren, zuerst zur Deckung der Nachfrage herangezogen werden, letztlich dann aber das teuerste zur Deckung der Nachfrage benötigte Kraftwerk, sprich: Gaskraftwerke, den Preis bestimmt, in der jetzigen Situation zu einer zusätzlichen Befeuerung der Strompreise.

Somit bestimmt gegenwärtig die letzte erforderliche Kilowattstunde aus einem Gaskraftwerk den Preis, der letztlich vom Kunden zu zahlen ist. Die in Österreich wesentlich günstigere Stromproduktion, bspw. durch die heimische Wasserkraft oder Windenergie, kommt aufgrund dieser in der jetzigen Situation mehr als absurd anmutenden Preisbildungsmethodik nicht beim Konsumenten an.

Dies führt derzeit dazu, dass die Stromproduzenten den Strom, der in Österreichs Haushalten verbraucht wird, derzeit um 4,4 Milliarden Euro über den Herstellungs-kosten verkaufen, wie das österreichische Online-Tarifvergleichsportal durchblicker.at kürzlich errechnete.

„2023 werden es nach jetzigem Stand allein im ersten Jahresviertel 2,7 Milliarden Euro sein“, so der Energieexperte von durchblicker.at, Stefan Spiegelhofer. Jährlich verbrauchen Österreichs Haushalte gemeinsam rund 18 Terawattstunden (TWh) Strom. Rund 85 Prozent davon stammen aus erneuerbaren Energiequellen.

Die höchsten Zufallsgewinne entstehen im österreichischen Strom-Mix in der Wasser-kraft, in der Windenergie und bei Biomasse. (09.09.2022/ https://help.orf.at/-stories/3215025/)

 

In Krisenzeiten, wie diesen kann es daher nicht sein, dass günstig hergestellter Strom aus Wasserkraft, Solarenergie oder Wind zum selben Preis verkauft wird, wie der aufgrund des Gaspreisexplosion viel teurer produzierte Strom. Auch wenn das Merit-Order-Prinzip unter „normalen“ Marktbedingungen funktioniert, so ist es jetzt geeignet, am Rücken der Bevölkerung die Preise künstlich in die Höhe zu treiben. Während Energieunternehmen dadurch Rekordgewinne schreiben, stürzt die Stromrechnung unzählige Menschen in Existenznot und gefährdet den Wohlstand im Land.

Eine dringende Entkoppelung der Strom- von den Gaspreisen und somit ein Aussetzen des Merit-Order-Prinzips auf unbestimmte Zeit ist daher ein Gebot der Stunde und im Interesse der heimischen Bevölkerung umgehend mit Nachdruck zu verfolgen.

 

Spät aber doch erfolgt nun auch beim österreichischen Bundeskanzler Nehammer ein Umdenken.

Noch im Mai dieses Jahres wurde von Seiten des Finanzministeriums klargestellt, dass aufgrund der aktuellen Strom-Gaspreis-Kopplung derzeit auch Stromunternehmen von den steigenden Gaspreisen, deren Stromproduktion zu einem überwiegenden Anteil aus Erneuerbarer Energie stammt, profitieren, man die derzeitige Art der Strompreisbildung nicht in Frage stelle. (06.05.2022/SN)

 

Wurden bisher somit auch von Seiten der österreichischen Bundesregierung entsprechende Forderungen nach einer Entkoppelung der Strom- und Gaspreise belächelt oder überhaupt abgelehnt, so fordert nun auch Nehammer genau dieses, was angesichts der Untätigkeit der letzten Monate geradezu zynisch in den Ohren derer klingen mag, die nicht mehr wissen, wie sie ihre Stromrechnungen begleichen sollen.

„Wir müssen diesen Irrsinn, der sich derzeit auf den Energiemärkten abspielt, endlich stoppen“, so Nehammer. „Man muss den Strompreis vom Gaspreis entkoppeln, und er muss sich wieder an die tatsächlichen Kosten der Erzeugung annähern“, so Nehammer weiter.

 

Die Europäische Kommission hat sich jedoch in diesem Zusammenhang einmal mehr lediglich auf Ankündigungspolitik beschränkt und keine konkreten Initiativen zur dringend erforderlichen Entkopplung der Strom- von den Gaspreisen vorgelegt.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden

 

Entschließungsantrag:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich umgehend und mit Nachdruck auf Europäischer Ebene für ein sofortiges Aussetzen des sogenannten „Merit-Order-Prinzips“ zur Strompreisfestsetzung einzusetzen."

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht ersuchen die unterfertigten Abgeordneten um Zuweisung dieses Antrages an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie.