2790/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 21.09.2022
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Petra Tanzler,
Genossinnen und Genossen
betreffend Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung nicht nur in Tirol
Im ÖVP-Programm zur Landtagswahl 2022 in Tirol finden sich folgende Forderungen: „Umsetzung eines ganzjährigen und ganztägigen Rechts auf Kinderbetreuung für alle Kinder ab 2 Jahren“ und „Kinderbetreuung den beruflichen Anforderungen anpassen.“ Das verwundert, war doch bisher vor allem die ÖVP als Gegnerin eines Rechtsanspruches auf Kinderbetreuung bekannt. Es ist zu begrüßen, dass die ÖVP nun offenbar die Landtagswahl zum Anlass genommen hat, ihre Position zu überdenken. Ein ausreichendes Angebot an Kinderbildungsplätzen ist gerade auch im ländlichen Raum von großer Bedeutung, will man Abwanderung verhindern und berufliche Weiterentwicklung vor allem von Frauen, die immer noch zu einem großen Teil für die Betreuung der Kinder zuständig sind, unterstützen.
Leider jedoch scheint es sich hierbei um einen Tiroler Alleingang zu handeln. Das ist einerseits insofern verständlich, da in Tirol ein besonderer Bedarf am Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen besteht. Während in Wien beispielswies 44,3 Prozent der Kinder zwischen ein und drei Jahren 2021/22 in Kindertagesheimen betreut wurden, waren es in Tirol nur 27,8 Prozent (Quelle: Statistik Austria). Einrichtungen, die über Mittag schließen, findet man ausschließlich im Westen Österreichs (Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg). Auch bei den Schließtagen liegt Tirol an der Spitze und verzeichnet mit 30,7 Schließtagen pro Jahr in allen Kindertagesheimen den höchsten Wert in Österreich (Wien: 12,7). Nimmt man nur die Kindergärten ohne Horte und Krippen sind es gar 38,1 Tage (Wien: 9,5). Auch bekommen in Tirol lediglich 43,4 Prozent der Kinder in Kindertagesheimen auch ein Mittagessen. (Wien 87,4) Der Bedarf an Ausbau ist offensichtlich allerorts gegeben. Die aktuelle Situation lässt in Tirol keine ganztägige Beschäftigung beider Elternteile ohne weitere Unterstützung z.B. der Großeltern zu.
Allerdings ist Tirol nicht das einzige Bundesland, das einen Nachholbedarf hat. Daher ist es unverständlich, dass sich Familienministerin Susanne Raab, ebenfalls von der ÖVP, hier nicht in der Verantwortung sieht und lapidar meint, sie würde den Bundesländern freie Hand lassen, was ohnehin der aktuellen Rechtslage entspricht. Auch vom Bildungsminister ist im Zusammenhang mit einem Rechtsanspruch auf Elementarbildung nichts zu hören. Bereits bei den Kinderbetreuungskosten ist Österreich ein Fleckerlteppich. Oftmals ändern sich an den Bundesländergrenzen die Kostenstrukturen. Offenbar soll das nun auch beim Thema Rechtsanspruch so sein und die vorhandene Kinderbetreuungs-Infrastruktur ebenfalls davon abhängen, ob sich eine Institution links oder rechts einer Bundesländergrenze befindet. Den Bundesländern hier freie Hand zu lassen, ist zu wenig und ohnehin gegeben. Es wird Zeit, dass endlich in ganz Österreich ein Rechtsanspruch auf kostenlose Kinderbildung mit bundesweit einheitlichen, verbindlichen Mindeststandards (VIF-Kriterien) und derselben Qualität ab dem ersten Lebensjahr geschaffen wird.
Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung und die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt werden aufgefordert, dem Nationalrat einen Entwurf für eine Rechtsgrundlage für einen Rechtsanspruch in allen Bundesländern auf kostenfreie Elementarbildung ab dem ersten Lebensjahr mit verbildlichen und österreichweit einheitlichen Mindeststandards zuzuleiten.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss vorgeschlagen.