2817/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 21.09.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Peter Schmiedlechner,
und weiterer Abgeordneter
betreffend Österreichs Almen als UNESCO-Welterbe
Unsere heimischen Almen sind wertvolle Kulturlandschaften, geschätzte Urlaubsziele und wichtige Wirtschaftsräume in einem. Österreichs Bäuerinnen und Bauern leisten einen unerlässlichen Beitrag zur Erhaltung dieser Almlandschaft, jedoch wird die Bewirtschaftung durch steigende Kosten und zusätzliche Bedrohungen wie die Verbreitung großer Beutegreifer und insbesondere dem Wolf jährlich schwieriger und unattraktiver. Es ist an der Zeit ein klares Zeichen als Bekenntnis zu dieser Almlandschaft zu setzen, um deren Verlust nicht schon in wenigen Jahren betrauern zu müssen: Die österreichischen Almen müssen gemäß Artikel 1 Welterbekonvention[1] als „gemeinsames Werk von Natur und Mensch“ in den Rang des UNESCO-Welterbes erhoben werden. Die Welterbeliste verzeichnet aktuell weltweit 1.154 Natur- und Kulturstätten aus 167 Staaten. Österreich ist auf der Liste nur mit 12 Welterbestätten vertreten. Die Aufnahme in die Welterbeliste ist Auszeichnung und Verpflichtung zugleich. Die Stätten müssen durch nationale Schutzmaßnahmen und ein entsprechendes Management für zukünftige Generationen erhalten werden.[2]
Die Grundidee der Welterbekonvention und der aus ihr resultierenden Welterbeliste ist es, Natur- und Kulturerbestätten von außergewöhnlichem universellem Wert für die gesamte Weltgemeinschaft für gegenwärtige und zukünftige Generationen zu bewahren. Die Vertragsstaaten sind aufgerufen, bedeutende Stätten – das heißt materielles Erbe – auf ihrem Territorium zu benennen und deren Bedeutung als unersetzliches Menschheitserbe in einem Nominierungsverfahren zu präsentieren. Das Ansuchen um Aufnahme in die Welterbeliste erfolgt also durch den Vertragsstaat - im Falle Österreichs durch die Republik, vertreten durch den jeweiligen Kulturminister.[3]
Die Nominierung einer Welterbestätte ist ein umfangreiches Unterfangen. Neben einer genauen Beschreibung des sogenannten „außergewöhnlichen universellen Wertes“ der Stätte beinhaltet ein Nominierungsdossier mittlerweile wissenschaftliche Studien, eine Darstellung der nationalen, gesetzlichen Schutzinstrumente, die den Schutz der potenziellen Stätte garantieren, detailliertes Kartenmaterial sowie einen umfangreicher Managementplan. Bevor eine Stätte nominiert werden kann, muss sie sich bereits auf der sogenannten Tentativliste befinden.
Nach der Einreichung wird ein Nominierungsdossier von Experten der sogenannten Advisory Bodies evaluiert. Diese stellen die notwendige wissenschaftliche Expertise in der praktischen Umsetzung der Welterbekonvention und beraten das Welterbekomitee. Bevor das Welterbekomitee (World Heritage Committee) bestehend aus 21 gewählten Staaten bzw. deren Vertretern über die Aufnahme entscheidet, wird geprüft, ob die von den Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Stätten die im Welterbeübereinkommen festgelegten Kriterien erfüllen.
Um in die Welterbe-Liste aufgenommen zu werden, muss eine Stätte
(i) ein Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft darstellen;
(ii) für einen Zeitraum oder in einem Kulturgebiet der Erde einen bedeutenden Schnittpunkt menschlicher Werte in Bezug auf Entwicklung der Architektur oder Technik, der Großplastik, des Städtebaus oder der Landschaftsgestaltung aufzeigen;
(iii) ein einzigartiges oder zumindest ein außergewöhnliches Zeugnis einer kulturellen Tradition oder einer bestehenden oder untergegangenen Kultur darstellen;
(iv) ein hervorragendes Beispiel eines Typus von Gebäuden, architektonischen oder technologischen Ensembles oder Landschaften darstellen, die einen oder mehrere bedeutsame Abschnitte der Geschichte der Menschheit versinnbildlichen;
(v) ein hervorragendes Beispiel einer überlieferten menschlichen Siedlungsform, Boden- oder Meeresnutzung darstellen, die für eine oder mehrere bestimmte Kulturen typisch ist, oder der Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt, insbesondere, wenn diese als Folge unaufhaltsamen Wandels vom Untergang bedroht wird;
(vi) in unmittelbarer oder erkennbarer Weise mit Ereignissen oder überlieferten Lebensformen, mit Ideen oder Glaubensbekenntnissen oder mit künstlerischen und literarischen Werken von außergewöhnlicher universeller Bedeutung verknüpft sein (dieses Kriterium gilt in Verbindung mit anderen Kriterien).
(vii) überragende Naturerscheinungen oder Gebiete von außergewöhnlicher Naturschönheit und ästhetischer Bedeutung aufweisen;
(viii) außergewöhnliche Beispiele der Hauptstufen der Erdgeschichte darstellen, darunter der Entwicklung des Lebens, wesentlicher im Gang befindlicher geologischer Prozesse bei der Entwicklung von Landschafts-formen oder wesentlicher geomorphologischer oder physiographischer Merkmale;
(ix) außergewöhnliche Beispiele bedeutender im Gang befindlicher ökologischer und biologischer Prozesse in der Evolution und Entwicklung von Land-, Süßwasser-, Küsten- und Meeres-Ökosystemen sowie Pflanzen- und Tiergemeinschaften darstellen;
(x) die für die In-situ-Erhaltung der biologischen Vielfalt bedeutendsten und typischsten natürlichen Lebensräume enthalten, einschließlich solcher, die bedrohte Arten enthalten, welche aus wissenschaftlichen Gründen oder ihrer Erhaltung wegen von außergewöhnlichem universellem Wert sind.[4]
Die Erfüllung dieser hohen Ansprüche wird man der österreichischen Almen als Kulturlandschaft kaum absprechen können. 2020 wurden 8.081 Almen mit rund 262.800 Großvieheinheiten (GVE) und einer Futterfläche von 311.000 ha bewirtschaftet. Das bedeutet leider einen Rückgang der bewirtschafteten Almen im Vergleich zum Vorjahr, um 3.000 ha weniger Futterfläche sowie eine Reduktion von ca. 750 gealpten GVE. Diesen mit einem Verlust an Kulturlandschaft gleichzusetzenden Rückgang gilt es zu stoppen. Im Durchschnitt verbringen Rinder 104 Tage auf den Almen, bei Pferden sind 97 Tage, bei Schafen 102 Tage und die Ziegen erreichen 110 Almtage. Von den 24.263 Betrieben mit Almauftrieb wurden 10.306 Pferde, 301.893 Rinder und Mutterkühe, 49.848 Milchkühe sowie 110.413 Schafe und 12.526 Ziegen aufgetrieben.[5]
Bereits 2019 ha die UNESCO den Almauf und -abtrieb in Österreich sowie den Alpinismus auf die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. „Das Klettern und Wandern im Gebirge basiert auf vielfältigem Wissen über die Natur- und Wetterverhältnisse sowie die eigenen körperlichen Fähigkeiten“, erklärte die deutsche UNESCO-Kommission in Bonn dazu. Der Alpinismus betone „Werte des Miteinanders und des verantwortungsvollen Umgangs mit der Natur“.[6]
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, wird aufgefordert, die Aufnahme der österreichischen Almlandschaften in die UNESCO-Welterbeliste zu beantragen, um Schutz und Erhalt dieser österreichischen Kulturlandschaft zu sichern.“
In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zuzuweisen.
[1] https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10009863
[2] https://whc.unesco.org/en/list; https://www.unesco.at/kultur/welterbe
[3] https://www.unesco.at/kultur/welterbe/wie-kommen-staetten-auf-die-liste
[4] https://www.unesco.at/kultur/welterbe/wie-kommen-staetten-auf-die-liste/die-kriterien-fuer-welterbestaetten
[5] https://gruenerbericht.at/cm4/jdownload/send/2-gr-bericht-terreich/2393-gb2021; Grüner Bericht 2021, 42.
[6] https://www.sn.at/kultur/allgemein/heimischer-almauftrieb-auf-unesco-welterbe-liste-80566219