2853/A XXVII. GP

Eingebracht am 12.10.2022
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Antrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Mag. Verena Nussbaum, Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das  Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2018, wird wie folgt geändert:

 

Abschnitt IIb

  1. Dem § 13c werden folgende Abs. 6 und 7 angefügt:

(6) Der Behindertenanwalt/die Behindertenanwältin kann, falls erforderlich, auf Grund einer behaupteten Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin oder den sonst Verantwortlichen/die sonst Verantwortliche zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme auffordern. Er/sie kann auch weitere Auskünfte von dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin, von dem Betriebsrat/der Betriebsrätin oder von den Beschäftigten des betroffenen Betriebes oder von sonst Verantwortlichen oder von weiteren Auskunftspersonen einholen. Diese sind verpflichtet, dem Anwalt/der Anwältin die für die Durchführung seiner/ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

(7) Vermutet der Behindertenanwalt/die Behindertenanwältin die Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes gemäß § 4 BGStG oder § 7b (1) BEinstG ff, kann er/sie

  1. um Auskunft und Mitwirkung der Bundesverwaltung ersuchen.
  2. die in Betracht kommenden Träger der Sozialversicherung um Auskunft über die sozialversicherungsrechtliche Beitragsgrundlage sowie über die Beitragsgrundlage nach dem Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz – BMSVG, BGBl. I Nr. 100/2002, von Personen ersuchen, deren Einkommen für die Entscheidung über die vermutete Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes unbedingt erforderlich sind. Der Anwalt/die Anwältin hat hiezu Namen, Geburtsdatum und Versicherungsnummer der betroffenen Personen sowie Namen der Arbeitgeber:innen der betroffenen Personen bekannt zu geben. Die in Betracht kommenden Träger der Sozialversicherung sind verpflichtet, dem Anwalt/der Anwältin die für die Durchführung seiner/ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die in Betracht kommenden Träger der Sozialversicherung haften nicht für Nachteile, die bei der Erfüllung ihrer Auskunftspflichten auf Grund von Unvollständigkeiten oder Unrichtigkeiten der in ihren Anlagen enthaltenen Daten entstehen. Der Anwalt/die Anwältin ist verpflichtet, über diese ihm/ihr im Rahmen der Auskunftserteilung bekannt gewordenen Daten Verschwiegenheit zu bewahren. Als Ausnahme davon darf der Anwalt/die Anwältin diese ihm/ihr im Rahmen der Auskunftserteilung bekannt gewordenen Daten an die von der vermuteten Diskriminierung betroffene Person weitergeben, wenn damit die von der Diskriminierung betroffene Person die Diskriminierung verfolgen kann.

 

  1. Dem § 13c wird folgender Abs. 8 angefügt:

(8) Wenn es zur Verbesserung der Beratung und Unterstützung von Personen in Fragen der Gleichstellung im Sinne des BGStG und BEinstG erforderlich ist, kann der Bundesminister/die Bundesministerin für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung in den Ländern Regionalbüros der Anwaltschaft für Menschen mit Behinderungen einrichten und Regionalanwälte/Regionalanwältinnen für die in § 13c genannten Bereiche bestellen. Die Regionalanwälte/Regionalanwältinnen sind dem Büro des Anwalts/der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen zugeordnet. In der Verordnung ist der örtliche und sachliche Wirkungsbereich eines Regionalbüros festzulegen. Sind für ein Regionalbüro mehrere Regionalanwälte/Regionalanwältinnen bestellt, so ist einer/eine von ihnen mit der Koordination des Regionalbüros zu betrauen. Soweit in diesem Gesetz, im BGStG oder im BEinstG Aufgaben sowie Rechte und Pflichten des Behindertenanwaltes / der Behindertenanwältin geregelt werden, gelten diese Bestimmungen auch für Regionalanwälte/Regionalanwältinnen in ihrem Wirkungsbereich.

 

Begründung

Trotz der mit der Erlassung des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes 2006 und der Änderung des Behinderteneinstellungsgesetzes 2006 durch BGBl. I Nr. 82/2005 bezweckten umfassenden Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in Beruf und Alltagsleben, zeigt die Praxis der letzten 16 Jahre, dass auch weiterhin zahlreiche Hindernisse auf diesem Gebiet bestehen, insbesondere im Bereich der Rechtsdurchsetzung.

Im Hinblick auf die in Studien dokumentierte immer noch bestehenden weitreichenden Ungleichbehandlungen von Menschen mit Behinderungen in der Arbeitswelt und beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, ergibt sich die Notwendigkeit, die bereits bestehenden Rechtsschutzinstrumente auszubauen und für mehr Treffsicherheit zu sorgen. Eine zentrale Rolle muss dabei auch den bestehenden Strukturen zur Beratung und Unterstützung von Personen, die sich behinderungsbedingt diskriminiert fühlen, und insbesondere dem Behindertenanwalt/der Behindertenanwältin zukommen.

Zu § 13c Abs. 6 und 7:

Durch die Erweiterung der Befugnisse des Behindertenanwalts/der Behindertenanwältin soll ihm/ihr die bessere Erfüllung seiner/ihrer Aufgaben ermöglicht werden.

Nach dem Vorbild der Gleichbehandlungsanwaltschaft wird eine umfassende Auskunfts- und Mitwirkungspflicht der Arbeitgeber:innen, der Bundesverwaltung sowie der Träger der gesetzlichen Sozialversicherung gegenüber dem Behindertenanwalt/der Behindertenanwältin statuiert, wodurch dessen/deren Effektivität innerhalb seines/ihren Wirkungsbereichs erhöht wird.

Zu § 13c Abs. 8:

Um die Beratung und Unterstützung von Menschen, welche sich aufgrund von Behinderungen diskriminiert fühlen, noch niederschwelliger und bürgernäher zu gestalten, wird der Bundesminister/die Bundesministerin für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ermächtigt, Regionalbüros zu errichten und Regionalanwälte/Regionalanwältinnen mit der Erfüllung einzelner Aufgaben des Behindertenanwalts/der Behindertenanwältin auch in Teilen des Bundesgebiets zu betrauen. Aufgrund der geografischen und demografischen Gegebenheiten empfiehlt sich neben der Zentrale in Wien die Errichtung solcher Büros in den größeren regionalen Ballungszentren entsprechend etwa den Außenstellen des Bundesverwaltungsgerichts.

Der zusätzliche Sachaufwand für diese Außenstellen ist gering, da er im Hinblick auf Räume und Infrastruktur in der Regel bereits im Rahmen der Landesstellen des Sozialministeriumservice getragen werden kann. Die Personalkosten werden durch die Forcierung der Anstellung von begünstigten Behinderten minimiert und zudem mit besonders nachhaltiger Wirkung ausgestaltet.

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen‚ diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zuzuweisen.