2918/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 15.11.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Überarbeitung des Integrationsgesetzes

 

Wer sich zur Gesetzeslage auf dem Gebiet der Integration ein Bild machen möchte, greift naheliegenderweise zuerst zum Integrationsgesetz. Nach der Lektüre wird sich allerdings so manch einer wundern. Als Ziel definiert das Gesetz in § 1:

Das Ziel dieses Bundesgesetzes besteht in der raschen Integration rechtmäßig in Österreich aufhältiger Personen in die österreichische Gesellschaft durch das systematische Anbieten von Integrationsmaßnahmen (Integrationsförderung) sowie durch die Verpflichtung, aktiv am Integrationsprozess mitzuwirken (Integrationspflicht).

Weiters heißt es in § 2 des Integrationsgesetzes: 

Integrationsmaßnahmen sollen zur Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich befähigen. Zentral sind dabei die Teilhabe durch Erwerbsarbeit, der Zugang zu und die Annahme von Bildungsangeboten, die Gleichstellung der Geschlechter und das rasche Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit. Der Erhalt der österreichischen Staatsbürgerschaft soll den Endpunkt eines umfassenden Integrationsprozesses darstellen.

Bereits in § 3 wird der Umfang der Integrationsmaßnahmen allerdings wieder relativiert. Das Bundesgesetz regele doch nur die Integration für Asylberechtigte, subsidiär Schutzberechtigte, Vertriebene und rechtmäßig niedergelassene Drittstaatangehörige nach dem NAG in den Bereichen Sprachförderung und Orientierung. Das Integrationsgesetz geht darum auch primär auf zwei Maßnahmen ein: Deutschkurse und Werte- und Orientierungskurse. Weiterführende Integrationsmaßnahmen werden in § 16 nur knapp aufgelistet und nicht weiter ausgeführt. Integration wird somit vorrangig auf das Erlernen der deutschen Sprache im Klassenverband und die Absolvierung eines dreitägigen Crashkurses über die österreichische Kultur reduziert. Konkrete Maßnahmen zu anderen Aspekten der Integration wie praktisches Wissen über die Aufnahmegesellschaft, freiwilliges Engagement und Arbeitsmarktintegration bleiben außen vor. Zwar gibt es gesetzliche Bestimmungen zum (de facto abgeschafften) Integrationsjahr, diese sind aber in einem eigenen Gesetz, dem Integrationsjahrgesetz, untergebracht. 

Auch bei der Zielgruppe des Integrationsgesetzes fällt dem aufmerksamen Leser auf: hier fehlt jemand. Asylwerber:innen sind dezidiert keine Zielgruppe und auch die Integration von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten wird nur in beschränkten Ausmaß im Integrationsgesetz geregelt. Für gesetzliche Bestimmungen zu Integrationsförderungen bzw. -hilfen für diese Zielgruppen muss man stattdessen im Asylgesetz nachlesen. Asylberechtigten, subsidiär Schutzberechtigten und Asylwerber:innen mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit kann laut Asylgesetz Integrationshilfe gewährt werden, um "ihre volle Einbeziehung in das österreichische wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben und eine möglichst weitgehende Chancengleichheit mit österreichischen Staatsbürgern in diesen Bereichen" herbeizuführen. Aber auch hier steckt der Teufel im Detail - es handelt sich bei § 68 Abs 1 um eine Kann-Bestimmung. Wie viel Arbeit das Wörtchen "kann" leistet, zeigt sich in einer Anfragebeantwortung aus 2020. Laut der Beantwortung beliefen sich die Kosten für Integrationshilfen für Asylwerber:innen mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit in der Förderperiode 1. November 2017 bis 31. März 2019 auf ganze 28.017,76 Euro. 

Das Integrationsgesetz kann, wie es zurzeit ausgestaltet ist, die gesteckten Ziele nicht erreichen. Statt allen rechtmäßig in Österreich aufhältigen Personen systematische Integrationsmaßnahmen anzubieten, sind Zielgruppen, die besonders von der Förderung profitieren würden, ausgenommen. Auch sind Art und Ausgestaltung der Maßnahmen keineswegs ausreichend um Teilhabe durch Erwerbsarbeit, den Zugang zu und die Annahme von Bildungsangeboten, die Gleichstellung der Geschlechter und das rasche Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit sicherzustellen. Das Integrationsgesetz ist keine Direktverbindung zum definierten Endpunkt des Integrationsprozesses - den Erhalt der österreichischen Staatsbürgerschaft - sondern ein Bummelzug, der nur die Hälfte der Leute mitnimmt und weit vom Ziel entfernt wieder umdreht. 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien, wird aufgefordert, eine Überarbeitung des Integrationsgesetzes zu veranlassen. Im Besonderen soll der Inhalt des Gesetzes an die Zielsetzung angepasst werden, indem alle rechtmäßig in Österreich aufhältige Personen mit Integrationsbedarf Recht auf umfassende Integrationsmaßnahmen erhalten. Sondergesetze wie das Integrationsjahrgesetz sollen außerdem, um die Übersichtlichkeit zu verbessern, ins Integrationsgesetz integriert werden."  

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss vorgeschlagen.