2939/A XXVII. GP
Eingebracht am 15.11.2022
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ANTRAG
des Abgeordneten Mag. Stefan
und weiterer Abgeordneter
betreffend ein Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 242/2021, wird wie folgt geändert:
Der § 95 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
„§ 95 (1) Wer bei einem Unglücksfall oder einer Gemeingefahr (§ 176)
1. es unterlässt, die zur Rettung eines Menschen aus der Gefahr des Todes oder einer beträchtlichen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung offensichtlich erforderliche und ihm zumutbare Hilfe zu leisten, oder
2. eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will,
ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen, wenn die Unterlassung oder Behinderung der Hilfeleistung jedoch den Tod eines Menschen zur Folge hat, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.“
Begründung:
Noch immer kommt es vor, dass Rettungs- und andere Einsatzkräfte, aber auch sonstige Menschen, die im Rahmen von Unfallgeschehen Hilfe leisten wollten, dabei durch sensationsgierige Schaulustige oder jetzt immer häufiger auch durch „Umweltaktivisten“, die sich an der Straße festklebten, behindert wurden. Das Verhalten der Schaulustigen reicht von der Weigerung, den Weg zu den Opfern freizugeben, über Fotografieren der Opfer bis hin zu Beschimpfungen und Beleidigung der hilfeleistenden Personen. Das Lösen von festgeklebten Körperteilen, zumeist Hände, benötigt viel Zeit, um der festgeklebten Person so wenig wie möglich Schaden zuzufügen.
Das rücksichtslose Behindern von Rettungs- und anderen Einsatzkräften sowie sonstigen hilfeleistenden Personen kann im schlimmsten Falle sogar den Tod eines Opfers zur Folge haben.
Zuletzt kulminierten in Berlin die radikalen Verkehrsblockaden. Laut Berliner Feuerwehr erschwerten „Klima-Aktivisten“ am 31. Oktober einen Rettungseinsatz, weil ein Spezialfahrzeug im Stau stand. Das Unfallopfer erlag später seinen Verletzungen im Krankenhaus[1]. Insgesamt behinderten die Klima-Extremisten in Berlin seit dem Sommer bereits 17 Rettungseinsätze[2]. Es ist somit nur mehr eine Frage der Zeit, bis ähnliche Gefahrensituationen und tragische Schicksale durch diese rücksichtlose Form der Proteste bei uns in Österreich eintreten. Zumal „Umwelt-Aktivisten“ der extrem radikalen Splittergruppe „Letzte Generation“ offen und ungeniert ankündigten, ihre terroristischen Aktivitäten von Wien in andere Bundesländer und Landeshauptstädte zu verlagern[3]. Offenbar nahm man hier Anleihen beim deutschen Pendant, wo bereits angekündigt wurde, künftig etwa auch Flughäfen „stürmen“ zu wollen.[4]
In Deutschland hat der Gesetzgeber im Jahr 2017 einen Tatbestand geschaffen, mit dem die Behinderung der Hilfeleistung – neben der in Deutschland wie in Österreich schon bisher erfassten Unterlassung der Hilfeleistung – gerichtlich strafbar wurde (§ 323c Abs. 2 dStGB[5]).
Der bisherige Inhalt des Abs. 1 soll unverändert als neuer Abs. 1 Z 1 übernommen werden. Als neue Z 2 soll der vorgeschlagene Tatbestand der Behinderung der Hilfeleistung eingefügt werden.
Während bei der aktiven Hilfeleistung die Anforderungen an potentiell Hilfeleistungspflichtige (wie etwa Unfallszeugen) weiterhin nicht überspannt werden sollen und die Strafbarkeit der Unterlassung der Hilfeleistung weiterhin erst dann einsetzen soll, wenn bei Gefahr des Todes oder einer beträchtlichen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung die offensichtlich erforderliche und dem Täter auch zumutbare Hilfe unterlassen wird, scheinen diese Einschränkungen bei der Behinderung der Hilfeleistung nicht erforderlich zu sein.
Das Tatbestandsmerkmal des Behinderns im Sinne der vorgeschlagenen Z 2 setzt eine spürbare, nicht unerhebliche Störung der Rettungstätigkeit voraus. Daher müssen die Hilfsmaßnahmen der hilfeleistenden Person mindestens erschwert werden, wie zum Beispiel durch Beschädigung von technischem Gerät, durch Versperren eines Wegs, durch Nichtbeiseitetreten, durch Blockieren von Straßen und Notfallgassen oder durch Beeinträchtigung der Tätigkeit von Ärzten und Krankenhauspersonal in der Notaufnahme.
Da die Strafbarkeit grundsätzlich allein an das Behindern einer hilfeleistenden Person anknüpft, kommt es nicht darauf an, ob sich dieses Verhalten konkret negativ für die Person auswirkt, der die Hilfeleistung zugutekommen soll. Die Strafbarkeit tritt also beispielsweise auch dann ein, wenn das Opfer trotz der Behinderung von anderen Personen gerettet werden konnte oder eine Rettung des Opfers gar nicht mehr möglich war, weil es zum Zeitpunkt der Behinderung einer hilfeleistenden Person bereits verstorben war.
Die Strafdrohung soll unverändert bleiben. Die Grundstrafdrohung beträgt Freiheitsstrafe bis zu sechs Monate oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätze; hat die Tat den Tod eines Menschen zur Folge (§ 7 Abs. 2 StGB), so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.
Tritt beim Opfer durch die Behinderung der Hilfeleistung eine (Verschlimmerung der) Verletzung ein, die durch die Behinderung fahrlässig herbeigeführt wurde, so konkurriert § 95 Abs. 1 Z 2 StGB echt mit dem entsprechenden Fahrlässigkeitsdelikt. Bei Todesfolge konkurriert § 95 Abs. 1 Z 2 StGB echt mit § 81 StGB. Hinsichtlich § 80 StGB geht § 95 Abs. 1 Z 2 StGB jedoch als speziellere Norm vor (vgl. hiezu auch Jerabek in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 95 Rz 39).
Mit diesen Änderungen bringt der Gesetzgeber gleichzeitig seine Wertschätzung für Rettungs- und andere Einsatzkräfte, aber auch sonstige Menschen, die im Rahmen von Unfallgeschehen Hilfe leisten wollten zum Ausdruck.
In formeller Hinsicht wird unter Verzicht auf eine 1. Lesung die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen
[1] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/11/feuerwehr-unfall-klimaaktivisten-berlin-blockade.html
[2] https://www.welt.de/politik/deutschland/article242036485/Klima-Aktivisten-in-Berlin-Demonstranten-behinderten-seit-Sommer-17-Rettungswagen.html
[3] https://kurier.at/chronik/oesterreich/letzte-generation-verlagert-klimaproteste-in-die-bundeslaender/402204297
[4] https://www.derstandard.at/story/2000140590786/letzte-generation-kuendigt-ausweitung-ihrer-radikalen-proteste-in-deutschland-an
[5]https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl117s1226.pdf%27%5D__1667996830403