3015/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 18.11.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

der Abgeordneten Mag. Martin Engelberg, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend Druck auf den Iran aufrechterhalten

 

Der Iran sieht sich mit einer der größten Demonstrationswellen seit dem Aufstand gegen die iranische Präsidentschaftswahl 2009 konfrontiert. Trotz der Aufforderung des Regimes an die Justiz, keine Nachsicht mit den Demonstrierenden zu zeigen, und dem unverhältnismäßigen Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte gegen die eigene Bevölkerung gehen die Proteste landesweit weiter. Getragen von mutigen iranischen Frauen sowie Studentinnen und Studenten starben bei den Protesten laut Angaben der Iran Human Rights NGO bisher 326 Menschen, einschließlich 25 Frauen und 43 Minderjährige[i]. Die Spannungen zwischen dem repressiven und menschenrechtsfeindlichen Regime des Iran, in welchem vor allem Frauen und Minderheiten besonders diskriminiert und unterdrückt werden, sowie einer dynamischen und diversen Gesellschaft im Iran sind an einem kritischen Punkt angelangt.

 

Erstmals ist am 13. November 2022 auch ein Todesurteil gegen einen inhaftierten Teilnehmer der Demonstrationen verhängt worden. Zuvor hatte das iranische Parlament noch Berichte über eine Forderung einer Mehrheit der Abgeordneten im iranischen Parlament nach harten Strafen für Teilnehmende an den Protesten aufgrund des Vorwurfs „Krieg gegen Gott“, was de jure die Todesstrafe zur Folge haben kann, dementiert. Obwohl der Iran als Mitglied der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte formell anerkannt und den Internationen Pakt über bürgerliche und politische Rechte ratifiziert hat, hält der Iran an dem abscheulichsten aller Strafvollstreckungsinstrumente, der Todesstrafe - sogar im Falle von zum Tatzeitpunkt minderjährigen Straftäterinnen und -tätern - weiterhin fest.

 

Generell hat sich die Menschenrechtslage im Iran in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert. Religiöse und ethnische  Minderheiten sowie LGBTIQ-Personen stehen unter enormen Druck. Die Baha’is werden verfolgt, das reicht von wirtschaftlicher bis hin zu sozialer Ausgrenzung jeglicher Art. So drückt auch Amnesty International in einer Aussendung vom 23. August 2022 seine Sorge hinsichtlich verschärfter Angriffe auf die Menschenrechte der Baha’is aus[ii]. Weiters verfolgt werden christliche Freikirchen u.a. aufgrund ihrer im Iran verbotenen Missionstätigkeiten, aber auch für die katholische Kirche haben sich die Umstände im Iran deutlich verschlechtert. Sunnitische Muslime werden - wenngleich nicht verfolgt - doch diskriminiert. Laut Amnesty International sind im Iran seit Jahrzehnten auch Kurdinnen und Kurden , Ahwazi-Araberinner und -Araber, aserbaidschanische Türkinnen und Türken, Belutschinnen und Belutschen sowie Turkmeninnen und Turkmenen einer tief verwurzelten Diskriminierung ausgesetzt, die ihren Zugang zu Bildung, Beschäftigung und politischen Ämtern einschränkt – dies umso mehr  bei Frauen, welche von intersektionaler Diskriminierung betroffen sind. Auch die Rechte von Afghaninnen und Afghanen, insbesondere afghanischer Flüchtlinge, werden im Iran häufig missachtet und diese als Personen „zweiter. Klasse“ behandelt. Hinzu kommt die weitreichende Diskriminierung von LGBTIQ-Personen.[1] Homosexualität ist illegal und wird als Verbrechen mit Peitschenhieben, Haft und sogar der Todesstrafe geahndet. Schätzungen zufolge wurden seit der Islamischen Revolution (1979) zwischen 4.000-6.000 Männer aufgrund gleichgeschlechtlicher Handlungen hingerichtet. Zuletzt wurden im September des Jahres erstmals zwei junge Frauen aufgrund des Vorwurfs „Homosexualität befördert zu haben“ zum Tode verurteilt.[2]

 

Die Europäische Union hat am 14. November 2022 angesichts der Lage im Iran weitere Sanktionsmaßnahmen gegen 29 Personen und drei Organisationen, darunter ranghohe Vertreter der Polizei und der Bassidsch-Milizen, einem Arm der iranischen Revolutionsgarden, beschlossen. Der österreichische Nationalrat hat am 18. November 2022 in einem einstimmigen Beschluss seine Solidarität mit den Frauenprotesten und der bemerkenswert mutigen Zivilgesellschaft im Iran untermauert.

 

Vor allem die Rolle und Aktivitäten der Revolutionsgarden in der Region, u.a. durch die Unterstützung radikaler Gruppierungen außerhalb Irans, wie der Hamas und der Hezbollah, stellt eine Gefahr für die gesamte Region des Nahen Ostens dar. In den letzten Monaten hat der Iran mehrmals die territoriale Integrität des Iraks durch Angriffe auf Gebäude mehrerer kurdischer Gruppen in der Autonomen Region Kurdistan im Irak mit Raketen und Drohnen verletzt. Aber auch in Europa tragen die iranischen Lieferungen von Drohnen an Russland, welche für die Zerstörung ukrainischer ziviler Infrastruktur und der Stromversorgung eingesetzt werden, zu einer weiteren Eskalation in diesem Krieg bei. Obwohl die ukrainische Flugabwehr laut Angaben aus Kyjiw die Mehrheit dieser Drohnen unschädlich  machen kann, waren bedauerlicherweise auch  zahlreiche Angriffe, darunter auch schwerpunktmäßig auf die zivile Infrastruktur, erfolgreich. Auch in diesem Zusammenhang stehen die auf EU Ebene am am 14. November ausgeweiteten  Sanktionen.


 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen folgenden  

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG 

 

Der Nationalrat wolle beschließen: 

 

Die Bundesregierung, und insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, werden ersucht,

 

-       gegenüber dem Iran und auf internationaler Ebene die unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt gegenüber den friedlichen Demonstrierenden weiterhin zu verurteilen und eine transparente Untersuchung derselben zu unterstützen;

 

-       weiterhin für die umgehende und bedingungslose Freilassung aller willkürlich inhaftierten Demonstrierenden und politischen Gefangenen sowie für eine Rechenschaftspflicht der Verantwortlichen einzutreten;

 

-       dafür einzutreten, dass die vom Iranratifizierten Menschenrechtskonventionen einzuhalten und den Iran aufzufordern, der Anti-Folter-Konvention (CAT) und der VN-Frauenrechtskonvention (CEDAW) beizutreten, sowie sich auf allen diplomatischen Ebenen aktiv für die Abschaffung der Todesstrafe im Iran sowie weltweit einzusetzen und diesbezügliche Initiativen, insbesondere im Rahmen der Vereinten Nationen, so wie bisher mit Nachdruck voranzutreiben.

 

-       sich gegenüber dem Iran für ein Ende der Verfolgung und einen verbesserten Schutz von Minderheiten, insbesondere ethnischer und religiöser Minderheiten, einzusetzen.

 

-       die destabilisierende Rolle des Iran in der Nahost-Region sowie im völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine klar international zu verurteilen und EU-Initiativen zu unterstützen, welche darauf abzielen, den Sanktionsdruck insbesondere auf den iranischen Sicherheitsapparat und die iranischen Revolutionsgarden weiter zu erhöhen.

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Menschenrechtsausschuss

 



[1] Amnesty International, Iran: Murder of 20-year-old gay man highlights urgent need to protect LGBTI rights, 17 May 2021, abrufbar unter:  https://www.amnesty.org/en/documents/mde13/4129/2021/en/?utm_source=annual_report&utm_medium=epub&utm_campaign=2021&utm_term=english.

[2] Der Spiegel, Homosexualität in der Islamischen Republik – Iran exekutiert zwei schwule Männer, 1.2.2022, abrufbar unter: https://www.spiegel.de/ausland/homosexualitaet-iran-exekutiert-zwei-schwule-maenner-a-1bcc09dd-a219-4bd6-8e60-4cbd210e203e



[i] Iran Human Rights | Article: Iran Protests: at Least 326 People Including 43 Children Killed | (iranhr.net), aufgerufen am 14.11.2022

[ii] Iran | Baha'i | Immer schärfere Angriffe | 23.08.2022 (amnesty.de), aufgerufen am 14.11.2022