3017/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 18.11.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Dr. Martin Graf

und weiterer Abgeordneter

betreffend die Überarbeitung der EMRK  

 

 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat durch seine Judikatur eine neue Völkerwanderung samt Asylwerberansturm auf Europa ausgelöst, wie ein Blick auf dessen, an demokratischer Legitimation mangelndes, Richterrecht tragisch belegt: 

·         Ausländische Rechtsbrecher können ihre Abschiebung verhindern, indem sie sich auf ein Recht auf Familie berufen.

·         In Ländern mit Todesstrafe für Drogendealer dürfen erwischte Drogendealer nicht abgeschoben werden.

·         Homosexualität ist ein anzuerkennender Asylgrund.

·         Nach Griechenland dürfen – obwohl EU-Mitgliedstaat – Asylwerber nicht mehr abgeschoben werden, auch wenn diese über Griechenland nach Europa eingereist sind und Griechenland als Land der ersten Einreise eigentlich für das ganze Asylverfahren zuständig wäre. Der Grund für den EGMR: In Griechenland gäbe es Mängel in der Betreuung.

·         Nach Somalia dürfen Asylwerber – auch abgewiesene – überhaupt nicht abgeschoben werden.

·         Bootsflüchtlinge, die auf hoher See aufgegriffen werden, dürfen nicht nach Libyen, sondern müssen nach Italien gebracht werden.

 

Er steht somit in einem Spannungsverhältnis zur österreichischen Rechtsordnung. In jeder Verfassung werden grundsätzliche Feststellungen über die Staatsform und die Regierungsform, den Aufbau des Staates und die Stellung und Rechte der Menschen im Staat getroffen. Man nennt sie auch Grundprinzipien einer Verfassung. Sie sind die Basis der Verfassung und der Demokratie, und sie sind zumindest theoretisch besonders gegen Veränderungen geschützt. In Österreich bilden nach herrschender Meinung das demokratische, das republikanische, das bundesstaatliche und das rechtsstaatliche Prinzip die Grundlagen der Verfassung.[1]

 

Artikel 1 B-VG ist das Leitbild einer freiheitlichen Demokratie. Die Verfassung ist auf Freiheit angelegt und untrennbar mit unseren Grundwerten verknüpft.

 

In unserem demokratischen Staat leitet sich Souveränität im Sinne allumfassender Hoheitsgewalt somit nach innen und nach außen vom Volk ab. Das Volk unterwirft sich dieser allumfassenden Staatsgewalt in aller Regel mittelbar, indem es Vertreter wählt, die ihm zunächst eine Verfassung geben und auf deren Grundlage die gesamte Staatsgewalt auf drei Gewalten aufteilen: die Gesetzgebung, die Vollziehung und die Gerichtsbarkeit. An der Verfassungsgebung ist das Volk in aller Regel auch unmittelbar, im Wege seiner Zustimmung durch Volksabstimmung, beteiligt. Auch die Wahl des Staatsoberhauptes behält sich in vielen Staaten, darunter auch in Österreich, das Volk selbst vor.

 

Alle drei Gewalten bleiben dem Volk verpflichtet. Daher ergeht ein Gerichtsurteil „im Namen des Volkes“, werden Abgeordnete als „Volksvertreter“ bezeichnet und setzen diese die Regierung, in einem Bundesstaat, wie es Österreich ist, auf Bundes- und Landesebene, als verantwortlich für die gesamte Vollziehung der vom Parlament auf Bundesebene und den Parlamenten der Länder erlassenen Gesetze ein.

 

Eine immer stärkere Mobilität von Menschen und Gütern führt zu immer stärkeren staatsübergreifenden Verflechtungen. Der Abschluss völkerrechtlicher Verträge mit anderen Völkerrechtssubjekten und die Bildung von internationalen Organisationen sind der rechtliche Ausdruck, wie Staaten sich diesen Phänomenen gemeinsam zu stellen versuchen. Österreich bildet diesbezüglich keine Ausnahme und gehört dementsprechend zahlreichen völkerrechtlichen Verträgen und einer Vielzahl von internationalen Organisationen an. Die prominentesten darunter auf universeller Ebene sind die Vereinten Nationen (VN), denen Österreich seit seiner Wiederherstellung als unabhängige Republik und Freiheit von den alliierten Besatzungsmächten im Jahr 1955 angehört, sowie auf regionaler Ebene die Europäische Union (EU), der Österreich mit Rechtswirkung vom 1. Jänner 1995 beigetreten ist.

 

Internationale Organisationen sind auf gemeinsame Willensbildung angewiesen. Konsens und Kompromisse der Vertreter der Mitgliedstaaten in den Organen von internationalen Organisationen sind die Voraussetzung dafür, dass es zu einer gemeinsamen Willensbildung überhaupt kommen kann. Beide Beschlussformen bedingen naturgemäß ein Abrücken von eigenen Wunschvorstellungen und Idealzielen. Solange die Zustimmung zu einem Beschluss eines Organs einer internationalen Organisation vom jeweiligen Vertreter eines Staates dem eigenen Volk gegenüber begründet und erklärt werden und sich dieser vom Willen des Volkes gedeckt sehen kann, kann auch ein Mitwirken an einem Konsens oder Kompromiss in einem Organ einer internationalen Organisation als vom Willen der jeweils dort vertretenen Völker abgeleitet verstanden werden.

 

Doch gibt es einen Typ von Organen internationaler Organisationen, in denen zwar auch regelmäßig von allen oder einer Auswahl von Mitgliedstaaten vorgeschlagene und anschließend gewählte oder ernannte Kandidaten sitzen, diese aber ab ihrer Wahl, beziehungsweise Ernennung zur Unabhängigkeit von ihren Entsendestaaten verpflichtet sind. Die für Österreich wichtigsten Organe dieses Typs sind der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) auf der Ebene des Europarates in Straßburg, die Europäische Kommission der EU in Brüssel, das Europäische Gericht (EuG) und der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf der Ebene der EU in Luxemburg und in Zusammenhang mit der Corona-Krise die Weltgesundheitsversammlung zusammen mit dem Generalsekretär und dem Notstandskomitee der Internationalen Gesundheitsregeln betreffend die Coronaviruskrankheit (Covid-19) der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

 

Diese Organe sind auf der Grundlage und im Rahmen der maßgeblichen Verträge (Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), Vertrag über die Europäische Union (EUV), Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), Satzung der WHO und Internationale Gesundheitsregeln (IGR)) zu Beschlüssen/Entscheidungen befugt, die in Österreich entweder unmittelbar anwendbar sind oder die von der österreichischen Gesetzgebung und Rechtsanwendung zu berücksichtigen sind. Da all die genannten Organe dynamisch agieren, das bedeutet, durch ihre Entscheidungstätigkeit das für sie maßgebliche Recht weiterentwickeln, haben sie eine internationale Ersatzgesetzgebung geformt, die sich auf den Willen der österreichischen Staatsbürger nicht mehr zurückführen lässt und die in einigen Bereichen dem Willen der österreichischen Staatsbürger klar entgegensteht. Sie ignoriert, dass Österreich und seine Organe von seinem Volk im Wege seiner Verfassung die Verantwortung übertragen bekommen hat, gesamthaft seinen Staat und seine Rechtsordnung, inklusive seiner Gerichtsbarkeit, zu gestalten.

 

Auch wenn die vier Prinzipien – das demokratische, das republikanische, das bundesstaatliche und das rechtsstaatliche – in der österreichischen Bundesverfassung nicht ausdrücklich legitimiert sind, so handelt es sich bei diesen doch um eine mehr oder weniger anerkannte Interpretation von Rechtsprechung und Lehre. Doch genau diese „Bauprinzipien“ laufen Gefahr, durch die voranschreitende Integration in die Europäische Union und politische Entscheidungsträger, die einem vermeintlich höheren Wohl mehr dienen als der eigenen Bevölkerung, zunehmend zu erodieren. [2]

 

Sieht man sich die verfassungsgeschichtliche Historie an, so gilt als Kern der österreichischen Grundrechte das Staatsgrundgesetz (StGG) von 1867, das als Folge der Revolution von 1848 entstand und 1918 in die provisorische Verfassungsordnung Deutschösterreichs übergeleitet wurde.

 

Durch Beschlüsse der Provisorischen und der Konstituierenden Nationalversammlung sowie durch die Bestimmungen des Vertrags von St. Germain wurde der Bestand dieser Grundrechte 1918 teilweise erweitert, wobei der Versuch, mit der Ausarbeitung einer neuen Verfassung 1920 auch einen neuen Grundrechtekatalog zu schaffen, an den weltanschaulichen Gegensätzen der politischen Lager scheiterte. Der Bestand dieser Grundrechte blieb bis zum Ende der Verfassungsordnung von 1920 unverändert.[3]

 

Nach Wiederherstellung der Unabhängigkeit kehrte Österreich im Mai 1945 durch Überleitung des Bundes-Verfassungsgesetzes nach dem Stand von 1933 auch wieder zu den früheren Grundrechten zurück. In der Folge wurde dieser Bestand 1955 beginnend mit dem Staatsvertrag von Wien und seinen speziellen Minderheitenrechten, vor allem aber durch die 1958 erfolgte Übernahme der EMRK, ergänzt, wodurch der österreichische Grundrechtekatalog überlagert und inhaltlich modifiziert wurde. Vollkommen außer Acht blieb damals, dass die in der EMRK fixierten Grundrechte aber einem anderen Verfassungsverständnis entsprungen waren. Die damit potenziell verbundenen Rechtsanwendungsprobleme wurden daher zunächst als nicht gravierend empfunden, weil die meisten Grundrechte der EMRK inhaltlich auch im StGG gewährt waren. 1964 erfolgte durch Erklärung, dass die EMRK Verfassungsrang besaß, ihre Gleichstellung mit den österreichischen Grundrechten. Für Individualbeschwerden über Grundrechtsverletzungen war nun neben dem VfGH in Wien auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zuständig.[4]

 

Eingesetzt wurde der EGMR durch die EMRK selbst, dies mit dem Auftrag, die Einhaltung der Rechte aus der EMRK durch die Mitgliedstaaten des Europarates zu überwachen.

 

Als ein Markenzeichen seiner Rechtsprechung gilt, dass er sich einer „dynamischen Interpretation“ der Rechte aus der EMRK bedient. Dies bedeutet im Wesentlichen, dass die Rechte aus der Konvention „fortentwickelt“ werden. „Fortentwicklung“ bedeutet aber eine Gratwanderung, die mitten in ein verfassungsrechtliches Grundkonzept stößt, welches den Verfassungen der meisten Europaratsstaaten zu eigen ist: dasjenige der Gewaltenteilung. Man meint damit, dass in einem Staat, der sich zur Gewaltenteilung bekennt, die drei Gewalten der Gesetzgebung, der Vollziehung und der Gerichtsbarkeit voneinander getrennt sind und sein müssen. Aufgabe der Gesetzgebung ist es, Recht zu setzen, Aufgabe der Vollziehung und der Gerichtsbarkeit ist es, für ihren jeweiligen Kompetenzbereich dieses anzuwenden und dabei auszulegen, aber eben nicht zu ändern.[5]

 

Die fortlaufende Weiterinterpretation durch den EGMR muss man somit als ein sich vollkommen verselbstständigendes Richterrecht betrachten; was als Unterwerfung unter eine übernationale Instanz zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten in einem einzelnen Fall konzipiert war, mündete somit in einer „Quasi-Gesetzgebung“ ohne demokratische Legitimation und widerspricht dem in Art. 1 B-VG normierten Prinzip der Volkssouveränität.

 

Die souveränitätsbeschränkende Wirkung der dynamischen Interpretation der Rechte aus der EMRK, deren sich der EGMR in seinen Entscheidungen befleißigt, lässt sich am anschaulichsten anhand der Rückschiebung von Terroristen illustrieren. Österreich hat die EMRK und die Genfer Flüchtlingskonvention fast zur gleichen Zeit ratifiziert. Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) wurde mit BGBl. Nr. 55/1955, die EMRK mit BGBl. Nr. 210/1958 in Österreich kundgemacht. Während der Text der EMRK keine Bestimmung zur Rückschiebung von Terroristen enthält, findet sich in der GFK folgende Bestimmung zum sogenannten Rückschiebungsverbot:

 

„Artikel 33

Verbot der Ausweisung oder der Zurückweisung

1. Kein vertragschließender Staat darf einen Flüchtling in irgendeiner Form in ein Gebiet ausweisen oder zurückweisen, wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre.

 

2. Der Vorteil dieser Bestimmung kann jedoch von einem Flüchtling nicht in Anspruch genommen werden, der aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit seines Aufenthaltslandes darstellt oder der, wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt, eine Gefahr für die Gemeinschaft des betreffenden Landes bedeutet.“  

 

Entsprechend der Auffassung des UN-Flüchtlingshochkommissars (UNHCR) fallen Terroristen, die als Flüchtlinge anerkannt sind, in den Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2, was bedeutet, dass sie vom Zurückschiebungsverbot nicht erfasst sind. Sind sie noch nicht anerkannt, fallen sie in den Anwendungsbereich des Ausschlussgrundes des Art. 1 F GFK. Ihnen steht dementsprechend die Anerkennung als Flüchtling im Sinne der GFK nicht offen, beziehungsweise, wurden sie anerkannt, sind sie vom Schutz des Rückschiebungsverbots ausgenommen.[6]

 

Man muss davon ausgehen, dass Österreich, als es sich beiden völkerrechtlichen Verträgen fast zeitgleich unterwarf, keinen Widerspruch zwischen GFK und EMRK sah. Flohen also Terroristen nach Österreich, waren sie entsprechend der GFK und ihres insoweit eindeutigen Wortlauts zu behandeln. Die EMRK hatte diesbezüglich nach dem österreichischen Verständnis bei Vertragsabschluss keine Ingerenz.

 

Zu einer solchen kam es allerdings durch die Entscheidungspraxis des EGMR, der in das Folterverbot des Art. 3 EMRK auch das Verbot der Zurückschiebung in einen Staat, in dem Zurückschiebenden qualifizierte Menschenrechtsverletzungen drohen, hineinlas und dies auch auf Asylwerber und Flüchtlinge erstreckte.

 

Zu einem offenen Widerspruch zwischen dem Konzept der GFK und jenem der EMRK führte aber dann die Rechtsprechung des EGMR zur Zurückschiebung von Terroristen. In seiner Entscheidung Shamayev and Others v. Georgia and Russia vom 17. April 2005 sah der EGMR in der beabsichtigten Auslieferung eines russischen Staatsbürgers tschetschenischer Herkunft namens Gelogayev, der von Russland als Terrorist wegen Teilnahme am tschetschenischen Krieg gegen Russland zur Fahndung ausgeschrieben und sich nach Georgien abgesetzt hatte, von Georgien nach Russland eine Verletzung des Art. 3 EMRK.[7] Ein in Tunesien wegen Zugehörigkeit zu einer terroristischen Organisation zu 20 Jahren Freiheitsstrafe verurteilter und in Italien abgelehnter Asylwerber durfte von Italien nicht zurückgeschoben werden.[8] Ähnliches widerfuhr Frankreich, das ein algerisches Mitglied einer der Al-Kaida nahestehenden, radikal islamistischen und terroristischen Organisation, die verdächtigt wurde, einen Selbstmordanschlag auf die amerikanische Botschaft in Paris organisiert zu haben, nicht nach Algerien zurückschieben durfte.[9] Eine Vereinbarkeit einer Zurückschiebung mit Art. 3 EMRK sah der EGMR in Fällen gegeben, in denen sich der zurückschiebende und der empfangende Staat auf eine Behandlung des Terroristen im Aufnahmestaat im Einklang mit Art. 3 EMRK geeinigt hatten.[10]

 

Zwar binden die Entscheidungen des EGMR gemäß Art. 46 EMRK jeweils nur die Vertragsparteien, welche Partei einer Rechtssache sind. Doch richten sich in aller Regel auch die Organe und Behörden der anderen EMRK-Staaten in ihrer Gesetzgebung und Behördenpraxis nach der Rechtsprechung des EGMR, um nicht Gefahr zu laufen, in einem sie selbst betreffenden Verfahren dann zu unterliegen. Vor diesem Hintergrund beschneidet die Judikatur des EGMR die staatliche Souveränität auch Österreichs zumindest mittelbar, unabhängig davon, dass sie vom Willen des österreichischen Volkes nicht abgesegnet ist.

 

Der EGMR überschreitet dabei zusammengefasst aus zweierlei Perspektiven eine Grenze: Aus der bereits erwähnten verfassungsrechtlichen Perspektive wird der EGMR zum Gesetzgeber und verletzt damit die Hoheit des österreichischen Parlaments. Aus einer zweiten – völkerrechtlichen – Perspektive verletzt er universelles Völkerrecht, an das er als Organ einer internationalen Organisation und damit eines Völkerrechtssubjekts, unabhängig von seiner Vertragsbeschränkung, gebunden ist.[11]

 

Was gut und richtig war in Zeiten, als es um die Aufnahme einzelner, tatsächlich verfolgter Personen ging, funktioniert nicht mehr, wenn sich Massen von Menschen auf der Suche nach einem ‚besseren Leben‘ von einem anderen Kontinent aus nach Europa aufmachen. Die Europäische Menschenrechtskonvention bzw. die durch Richterrecht erfolgte Weiterentwicklung ist nicht dazu geeignet, die Völkerwanderungsproblematik in den Griff zu kriegen.

 

In Großbritannien setzt sich die konservative Regierung bereits für die notwendige Reform ein. Sie unterstützt die in der Konvention verankerten Grundrechte, ist jedoch der Ansicht, dass sich der Rahmen für die Anwendung der Menschenrechte als mangelhaft erwiesen hat. Insbesondere wird kritisiert:[12]

 

·         die Zunahme einer „Kultur der Rechte“, die die gebührende Konzentration auf die persönliche Verantwortung und das öffentliche Interesse verdrängt hat

·         die Schaffung von Rechtsunsicherheit, Verwirrung und Risikoscheu für diejenigen, die an vorderster Front öffentliche Dienstleistungen erbringen

·         die Gefährdung des Schutzes der Öffentlichkeit durch die exponentielle Ausweitung von Rechten

·         die Verlagerung der Prioritäten der öffentlichen Politik mitsamt den budgetwirksamen Entscheidungen vom Parlament hin zu Gerichten, wodurch ein Demokratiedefizit entsteht.

 

In diesem Sinne ist es auch in Österreich an der Zeit, einen modernen, vom Volk ausdrücklich im Sinne des Art. 1 B-VG getragenen Grundrechtskatalog zu verabschieden. Schafft man einen solchen von der Volkssouveränität getragenen österreichischen Grundrechtskatalog und ordnet diesen der EMRK vor, indem man letztere wie in Deutschland zu einfachem Gesetzesrecht herabstuft, erreicht man für die Menschen in Österreich mehr, als nur zu versuchen, die EMRK zu ändern.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unter Einbeziehung von Experten und allen parlamentarischen Klubs, eine Arbeitsgruppe zur Überarbeitung der EMRK einzurichten."

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Menschenrechtsausschuss vorgeschlagen.



[1] Vgl. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts vor nationalem Recht: Wie entscheiden Verfassungsgerichte in Deutschland und Österreich dazu?, https://fachinfos.parlament.gv.at/politikfelder/parlament-und-demokratie/der-anwendungsvorrang-des-unionsrechts-vor-nationalem-recht-wie-entscheiden-verfassungsgerichte-in-deutschland-und-oesterreich-dazu/

[2] Vgl. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts vor nationalem Recht: Wie entscheiden Verfassungsgerichte in Deutschland und Österreich dazu?, https://fachinfos.parlament.gv.at/politikfelder/parlament-und-demokratie/der-anwendungsvorrang-des-unionsrechts-vor-nationalem-recht-wie-entscheiden-verfassungsgerichte-in-deutschland-und-oesterreich-dazu/

[3] Vgl. Neschwara in Asylmissbrauch und die Genfer Konvention (2021) 107ff

[4] Vgl. Neschwara in Asylmissbrauch und die Genfer Konvention (2021) 107ff

[5] Vgl. Geistlinger in Asylmissbrauch und die Genfer Konvention (2021) 45ff

[6] Siehe z.B. V. Cochetel, Terrorism as a Global Phenomenon. UNHCR presentation to the Joint Seminar of the Strategic Committee on Immigration, Frontiers and Asylum (SCIFA) and Committee on Article 36 (CATS)

organized by the Slovenian EU Presidency, Ljubljana, 17-18 January 2008. Abrufbar unter: https://www.unhcr.org/protection/operations/478e03702/terrorism-global-phenomenon-unhcr-presentation-joint-seminar-strategic.html?query=terrorists (15.06.2022).

[7] Appl. No. 36378/02.

[8] Siehe Urteil des EGMR vom 28. Februar 2008 im Fall Saadi v. Italy, Appl. No.  37201/06.

[9] Siehe Urteil des EGMR vom 3. Dezember 2009 im Fall Daoudi v. France, Appl. No. 19576/08. Ähnlich im Fall eines zweimal abgelehnten Asylwerbers aus Algerien, der sich in Frankreich versteckt hielt: Urteil des EGMR vom 22. September 2011 im Fall H. R. v. France, Appl. No. 64780/09. Es überrascht vor diesem Hintergrund nicht, dass die Regierung des Vereinigten Königreichs aus Anlass, der mittels einstweiliger Verfügung des EGMR angeordneten Stopps der geplanten Zurückschiebung eines Asylwerbers aus Ruanda, erklärt hat, der Verfügung nicht nachkommen zu wollen. Siehe EGMR, Verfügung vom 14. Juni 2022 im Fall K.N. v. United Kingdom (Appl. No. 28774/22) und dazu Court stops plan: British government wants to continue deportations to Rwanda. Abrufbar unter: https://www.tellerreport.com/news/2022-06-15-court-stops-plan--british-government-wants-to-continue-deportations-to-rwanda.BJluwuQDKq.html (22.06.2022)

[10] Siehe z.B. das Urteil des EGMR vom 17. Jänner 2012 im Fall Omar Othman v. UK, Appl. No. 8139/09, in dem es um einen anerkannten Flüchtling aus Jordanien mit Verbindungen zu Al-Kaida und seine Zurückschiebung nach Jordanien ging.

[11] Vgl. Geistlinger in Asylmissbrauch und die Genfer Konvention (2021) 45ff

[12] https://www.gov.uk/government/consultations/human-rights-act-reform-a-modern-bill-of-rights/human-rights-act-reform-a-modern-bill-of-rights-consultation