3022/A XXVII. GP

Eingebracht am 18.11.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz über Maßnahmen zur Stromverbrauchsreduktion in Spitzenzeiten (Stromverbrauchsreduktionsgesetz – SVRG)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz über Maßnahmen zur Stromverbrauchsreduktion in Spitzenzeiten (Stromverbrauchsreduktionsgesetz – SVRG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

1. Teil

Allgemeine Bestimmungen

Ziel

§ 1. Ziel dieses Bundesgesetzes ist es, den Stromverbrauch in Spitzenzeiten zu reduzieren, um die Strompreise zu senken und den Verbrauch von fossilen Brennstoffen zu minimieren.

Bezugnahme auf Unionsrecht

§ 2. Dieses Bundesgesetz regelt die Durchführung der Artikel 4 und 5 der Verordnung (EU) 2022/1854 des Rates vom 6. Oktober 2022 über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise, ABl. Nr. L 261 vom 7. Oktober 2022, S. I/1 (Notfallmaßnahmenverordnung).

Begriffsbestimmungen

§ 3. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes bezeichnet der Ausdruck

           1. „Stromverbrauchsreduktion“ die tatsächliche Senkung des Bruttostromverbrauchs in gemäß § 4 ermittelten Spitzenzeiten gegenüber einem prognostizierten oder erwarteten Bruttostromverbrauch oder die Verlagerung des Stromverbrauchs aus gemäß § 4 ermittelten Spitzenzeiten in andere Tagesstunden;

           2. „Energie aus erneuerbaren Quellen“ Energie aus erneuerbaren, nichtfossilen Energiequellen, das heißt Wind, Sonne (Solarthermie und Photovoltaik), geothermische Energie, Umgebungsenergie, Gezeiten-, Wellen- und sonstige Meeresenergie, Wasserkraft, und Energie aus Biomasse, Deponiegas, Klärgas, Biogas und erneuerbares Gas.

(2) Im Übrigen gelten die Begriffsbestimmungen der Notfallmaßnahmenverordnung und des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 – ElWOG 2010, BGBl. I Nr. 110/2010, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 7/2022.

2. Teil

Spitzenzeiten

Ermittlung der Spitzenzeiten

§ 4. (1) Die Spitzenzeiten werden nach dem folgenden Verfahren ermittelt:

           1. Für den gesamten Zeitraum gemäß Z 3 werden tagesweise Zeitfenster ermittelt, in denen der Bruttostromverbrauch im Zeitraum von 1. Dezember bis 31. März der Jahre 2017 bis 2022, ausgenommen Dezember 2022, durchschnittlich am höchsten war.

           2. Als Spitzenzeiten werden täglich jene Stunden innerhalb der gemäß Z 1 festgelegten Zeitfenster ermittelt, in denen der Bruttostromverbrauch, der voraussichtlich nicht mit Energie aus erneuerbaren Quellen gedeckt wird, am höchsten ist.

           3. Die Spitzenzeiten müssen insgesamt mindestens 10 % aller Stunden des Zeitraums zwischen dem 1. Dezember 2022 und dem 31. März 2023 entsprechen.

(2) Bei der Ermittlung der Spitzenzeiten kann auf Basis von Vergangenheitswerten ein Grenzwert für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen festgelegt werden, bei dessen Unterschreitung die jeweilige Stunde jedenfalls den Spitzenzeiten zu zuordnen ist. Der Grenzwert kann täglich angepasst werden, um die Senkung des Bruttostromverbrauchs gemäß Abs. 1 bestmöglich zu erreichen.

(3) Die gemäß Abs. 1 ermittelten Spitzenzeiten und die zugrundeliegende Berechnung sind im Internet zu veröffentlichen.

Stromverbrauchsreduktion

§ 5. Während der gemäß § 4 ermittelten Spitzenzeiten ist der Bruttostromverbrauch um durchschnittlich mindestens 5 % zu reduzieren.

3. Teil

Freiwillige Maßnahmen und sonstige Einsparungen

Freiwillige Maßnahmen

§ 6. Um in den gemäß § 4 ermittelten Spitzenzeiten, die Reduktion des Bruttostromverbrauchs zu erreichen, können insbesondere folgende Maßnahmen gesetzt werden:

           1. bewusstseinsbildende Maßnahmen wie insbesondere Aufrufe an die Bevölkerung den Stromverbrauch in Spitzenzeiten zu reduzieren, Nutzerinformation zur Verhaltensänderung an Haushalte, Betriebe sowie den öffentlichen Sektor, Thematisierung von Energiesparen im Lehrbetrieb in Schulen;

           2. Energiespar-, Energieeffizienz- und Sanierungsmaßnahmen, wie insbesondere Optimierung des Nutzerverhaltens, verstärkter Einsatz von effizienteren Geräten und vorzeitiger Tausch von Altgeräten, Temperaturabsenkungen, Optimierung und Reduktion der Beleuchtung, Vornahme von Verbesserungen an bestehenden Heizsystemen, Ausbau und Modernisierung der Fernwärme, Durchführung von Energieaudits und Einrichtung von Energiemanagementsystemen, Verbrauchsreduktionen in betrieblichen Prozessen, Automatisation der Gebäudetechnik und von Prozessen;

           3. Energie-Einsparcontracting;

           4. sonstige freiwillige Vereinbarungen, deren Hauptgegenstand die Reduktion des Bruttostromverbrauchs darstellt.

Sonstige Einsparungen

§ 7. Auf das Ziel gemäß § 5 ist auch die Stromverbrauchsreduktion infolge der gestiegenen Strompreise anzurechnen.

Bewertung

§ 8. (1) Die Einsparungen gemäß §§ 6 und 7 sind anhand anerkannter Berechnungsmethoden unter Berücksichtigung des Standes der Technik und unter Heranziehung valider Datenquellen zu ermitteln. Dabei sind insbesondere der Bruttostromverbrauch im Zeitraum von 1. Dezember bis 31. März der Jahre 2017 bis 2022 und die prognostizierte Umsetzungsrate zu berücksichtigen.

(2) Soweit sich die Einsparungen nicht hinreichend genau ermitteln lassen, kann der Bewertung der Stromverbrauchsreduktion eine Schätzung zugrunde gelegt werden.

4. Teil

Ausschreibungen von Stromverbrauchsreduktionen

§ 9. Um in den gemäß § 4 ermittelten Spitzenzeiten die Reduktion des Bruttostromverbrauchs zu erreichen, sind zusätzlich zu den Maßnahmen bzw. Einsparungen gemäß §§ 6 und 7 erforderlichenfalls transparente, nichtdiskriminierende und marktbasierte Ausschreibungen gemäß den nachstehenden Bestimmungen durchzuführen.

Teilnahme an Ausschreibungen

§ 10. (1) Teilnahmeberechtigt an Ausschreibungen nach § 9 sind

           1. Entnehmer;

           2. Aggregatoren, die mehrere Verbrauchseinheiten zu einem gesamthaft abrufbaren Pool zusammenfassen.

(2) Teilnahmeberechtigte gemäß Abs. 1 müssen in der Lage sein, den Verbrauch zu prognostizieren und gegenüber der abgegebenen Prognose zu reduzieren.

(3) Entnehmer gemäß Abs. 1 Z 1 und Verbrauchseinheiten gemäß Abs. 1 Z 2 müssen mit einem Lastprofilzähler oder unterhalb der Grenzen des § 17 Abs. 2 ElWOG 2010 mit einem intelligenten Messgerät ausgestattet sein.

Gegenstand der Ausschreibungen

§ 11. (1) Gegenstand der Ausschreibungen ist die Stromverbrauchsreduktion in gemäß § 4 ermittelten Spitzenzeiten.

(2) In den gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ermittelten Zeitfenstern werden Zeitscheiben zu je zwei aufeinanderfolgenden Stunden ausgeschrieben.

(3) In einer Ausschreibung werden alle Zeitscheiben einer Woche zusammengefasst.

(4) Jedes Gebot hat eine Stromverbrauchsreduktion von mindestens 2 MWh je Zeitscheibe zu enthalten.

Verfahren

§ 12. (1) Die Ausschreibungen sind wöchentlich durchzuführen.

(2) Ausschreibungen sind mindestens 14 Tage vor der Woche der Erbringung der Stromverbrauchsreduktion durch Veröffentlichung im Internet bekanntzumachen.

(3) Gebote können bis zu sieben Tage vor der Woche der Erbringung abgegeben werden (Gebotsfrist).

(4) In der Bekanntmachung gemäß Abs. 2 sind die gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ermittelten Zeitfenster für die jeweilige Woche, das Volumen in MWh je Zeitscheibe sowie die Vertragsbedingungen gemäß § 16 anzugeben. Bei der Festlegung des auszuschreibenden Volumens sind Mengen aus Einsparungen, die voraussichtlich gemäß §§ 6 und 7 erzielt werden, in Abzug zu bringen.

(5) Bieter können mehrere voneinander unabhängige Gebote je Zeitscheibe abgeben.

Zuschlagserteilung

§ 13. (1) Die rechtzeitig eingelangten und nicht gemäß § 12 Abs. 6 ausgeschiedenen Gebote sind aufsteigend nach dem Preis in Euro pro MWh zu reihen. Die Reihung der Gebote ist zu dokumentieren.

(2) Aus den nach Abs. 1 gereihten Geboten sind jene auszuwählen, die das ausgeschriebene Volumen zu den geringsten Kosten decken.

(3) Liegen zwei oder mehrere Gebote über die gleiche Menge und den gleichen Preis vor, die jeweils alleine die ausgeschriebene Menge nicht übersteigen, ist dem früher eingelangten Gebot der Zuschlag zu erteilen.

(4) Der Zuschlag kann nur für das gesamte Gebot erteilt werden.

(5) Spätestens am nächsten Werktag nach Ablauf der Gebotsfrist ist den Bietern die Zuschlagerteilung bekanntzugeben. Die Bieter, die keinen Zuschlag erhalten haben, sind zu informieren. Mit Erteilung des Zuschlags verpflichtet sich der Bieter, die angebotene Stromverbrauchsreduktion auf Abruf durch die Abwicklungsstelle zu erbringen.

(6) Nach Bekanntgabe des Zuschlags gemäß Abs. 4 sind die Bieter verpflichtet, unverzüglich ihre Lieferanten zu informieren.

(7) Insgesamt dürfen Zuschläge nur bis zu dem gemäß § 18 angeführten Betrag erteilt werden.

Abruf

§ 14. (1) Bieter sind verpflichtet, spätestens 72 Stunden vor Beginn der Zeitscheibe, für die der Zuschlag erteilt wurde, der Abwicklungsstelle einen Prognosefahrplan zu übermitteln.

(2) 48 Stunden vor der Erbringung der Stromverbrauchsreduktion werden die gemäß § 13 zugeschlagenen Gebote im Ausmaß der Spitzenzeiten gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 abgerufen. Die abgerufenen Gebote sind zu dokumentieren.

(3) Gemäß Abs. 2 benötigte Gebote werden stets zur Gänze abgerufen.

(4) Bieter sind verpflichtet, nach dem Abruf ihre Lieferanten unverzüglich zu informieren.

Erbringung und Nachweis der Stromverbrauchsreduktion

§ 15. (1) Bieter sind verpflichtet das Ausmaß der tatsächlichen Stromverbrauchsreduktion nachzuweisen.

(2) Bieter haben zusätzlich zu Abs. 1 nachzuweisen, dass

           1. die Stromverbrauchsreduktion zu einer zusätzlichen Verbrauchsreduktion in der ausgeschriebenen Zeitscheibe geführt hat, die ohne die Ausschreibung nicht erzielt worden wäre;

           2. sie im Falle einer Verbrauchsverlagerung in Zeiträumen, die außerhalb der Zeitfenster gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 liegen, nicht mehr als 150 % der Stromverbrauchsreduktion in Spitzenzeiten, für die der Bieter eine Vergütung für die Stromverbrauchsreduktion erhält, verbrauchen.

(3) Bieter haben am Ende des Zeitraums gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 nachzuweisen, dass die Verbrauchsreduktion nicht zu einem Anstieg des Gesamtgasverbrauchs des Bieters geführt hat.

(4) Bieter sind verpflichtet, den Anschlussnetzbetreiber zu ermächtigen, Messdaten über den in das Netz eingespeisten Strom direkt an die Abwicklungsstelle weiterzuleiten.

(5) Auf Basis der nachgewiesenen Stromverbrauchsreduktion und des gebotenen Preises ist nach Vorlage der Nachweise gemäß Abs. 1 und 2 dem Bieter eine Vergütung für die tatsächliche Stromverbrauchsreduktion innerhalb der Zeitscheibe zu gewähren.

(6) Bei signifikanter Abweichung zwischen der prognostizierten und der nachgewiesenen Stromverbrauchsreduktion kann in den Teilnahmeverträgen gemäß § 16 ein entsprechender Abschlag auf die Vergütung festgelegt werden. Beträgt die gemäß Abs. 1 und 2 nachgewiesene Stromverbrauchsreduktion weniger als 50 % der gebotenen Menge, entspricht dies einer Schlechterfüllung und führt dazu, dass der Bieter von den beiden der Schlechterfüllung folgenden Ausschreibungen ausgeschlossen ist.

Teilnahmeverträge

§ 16. Verträge zwischen der Abwicklungsstelle und den Bietern haben jedenfalls Bestimmungen zu enthalten über:

           1. Rechte und Pflichten der Vertragsparteien;

           2. Übermittlung von für die Abwicklung der Vergütung erforderlichen Daten und einzuhaltende Datenformate;

           3. Zahlungsmodalitäten;

           4. Störungen in der Vertragsabwicklung, Haftung und Rückabwicklung;

           5. Rückforderungsmechanismus im Falle von Überkompensation.

5. Teil

Abwicklung

Abwicklungsstelle

§ 17. Mit der Abwicklung der §§ 4 und 9 bis 16 wird die Austrian Power Grid AG betraut.

Mittelbindung

§ 18. Die Kosten für die Durchführung der Ausschreibungen nach dem 4.Teil sowie die damit verbundene Abwicklung werden aus Bundesmitteln gedeckt. Die dafür benötigten Mittel in Höhe von 100 Millionen Euro werden vom Bund im Rahmen des jeweiligen Bundesfinanzgesetzes zur Verfügung gestellt. Davon umfasst sind alle notwendigen und angemessenen Kosten für die Vorbereitung und Durchführung der Ausschreibungen sowie die Vergütung der Stromverbrauchsreduktionen.

Kostenersatz

§ 19. Der Bund hat der Austrian Power Grid AG für die Ermittlung der Spitzenzeiten sowie die Durchführung der Ausschreibungen über die Stromverbrauchsreduktion die aus der Abwicklung der jeweiligen Maßnahme unmittelbar entstehenden Kosten bedarfsgerecht zu ersetzen.

Rückforderung

§ 20. Geleistete Zahlungen sind dem Bund zu erstatten, wenn die Voraussetzungen nach diesem Bundesgesetz nicht eingehalten wurden oder eine Rückforderung von Organen der Europäischen Union verlangt wird.

6. Teil

Schlussbestimmungen

Monitoring

§ 21. Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat die Berichte an die Europäische Kommission gemäß Artikel 19 Notfallmaßnahmenverordnung betreffend die Durchführung der Artikel 4 und 5 der Notfallmaßnahmenverordnung zu veröffentlichen.

Vollziehung

§ 22. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und der Bundesminister für Finanzen betraut.

In- und Außerkrafttreten

§ 23. Dieses Bundesgesetz tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2023 außer Kraft. Wird die Geltungsdauer der Notfallmaßnahmenverordnung verlängert, kann die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen die Geltungsdauer dieses Bundesgesetzes per Verordnung entsprechend verlängern.

 

 


 

Begründung

 

Als Maßnahme gegen die sehr hohen Energiepreise legt die Verordnung (EU) 2022/1854 des Rates vom 6. Oktober 2022 über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise, ABl. Nr. L 261 vom 7. Oktober 2022, S. I/1, (Notfallmaßnahmenverordnung) gezielte Nachfragesenkungen in Spitzenzeiten fest, in denen sich der Gaspreis besonders stark auf den Strompreis auswirkt.

Die Notfallmaßnahmenverordnung ist eine sogenannte „hinkende Verordnung“ und ist daher innerstaatlich durchzuführen.

Kompetenzrechtliche Grundlage ist Artikel 17 B-VG; Vergütungen, die über Ausschreibungen ermittelt werden, sollen vom Bund im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung geleistet werden.

Die Vergütung stellt eine staatliche Beihilfe dar und ist von der EU-Kommission gemäß Artikel 107 Abs. 3 lit b AEUV zu genehmigen. Prüfungsmaßstab hierfür ist der befristete Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine (C[2022] 7945 final vom 28.10.2022).

 

Zu § 1 (Ziele)

Die Strompreise sollen durch die gezielte Reduktion oder die Verlagerung des Stromverbrauchs in jenen Tagesstunden, in denen der Stromverbrauch sehr hoch ist und Gaskraftwerke benötigt werden, um den Verbrauch zu decken, gesenkt werden.

Die gleichmäßigere Verteilung der Nachfrage über den Tag soll auch dazu beitragen, fossile Brennstoffe, insbesondere Gas, zu sparen, wodurch auch das Risiko von Versorgungsengpässen minimiert werden soll.

Zu § 4 (Spitzenzeiten)

Nach der Notfallmaßnahmenverordnung können die Spitzenzeiten innerstaatlich entweder anhand des voraussichtlich höchsten Day-Ahead-Stromgroßhandelspreises, des voraussichtlich höchsten Bruttostromverbrauchs oder des voraussichtlich höchsten Bruttoverbrauchs von Strom, der nicht mit Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird, festgelegt werden.

Um das Ziel der Notfallmaßnahmenverordnung bestmöglich zu erreichen, sollen die Spitzenzeiten anhand eines zweistufigen Verfahrens ermittelt werden. Zunächst wird auf den höchsten Bruttostromverbrauch abgestellt und es werden vorab für den gesamten Zeitraum zwischen 1. Dezember 2022 und 31. März 2023 Zeitfenster festgelegt, in denen der Verbrauch in den vergangenen fünf Jahren am höchsten war. Die Verbrauchsdaten aus März 2022 sollen in die Ermittlung noch einfließen. Für Dezember 2022 liegen im Zeitpunkt der Ermittlung der Zeitfenster nur Prognosewerte vor, weshalb dieser nicht mehr berücksichtigt werden kann.

Als Spitzenzeiten sollen dann nur jene Stunden bestimmt werden, in denen der Bruttostromverbrauch, der nicht mit Energie aus erneuerbaren Quellen gedeckt wird, voraussichtlich am höchsten ist, da in Stunden mit einer hohen Erzeugung aus erneuerbaren Energieträgern die Marktpreise günstiger sein sollten. Die Spitzenzeiten sollen mindestens 10 % aller Stunden des Zeitraums entsprechen, was 290,4 Stunden ergibt.

Für die Ermittlung werden historische Verbrauchsdaten der vergangenen fünf Jahre herangezogen, wobei die Spitzenzeiten tagesbezogen und nicht anhand des absolut höchsten Bruttostromverbrauchs im Zeitraum bestimmt werden.

Die historischen Verbrauchsdaten zeigen, dass die Spitzenzeiten nur an Werktagen auftreten und auch nicht während der schulfreien Zeit rund um den Jahreswechsel. Die Zeitfenster mit dem höchsten Bruttostromverbrauch liegen werktags zwischen 8 und 12 Uhr sowie zwischen 17 und 19 Uhr. Innerhalb dieser Zeitfenster sollen die Spitzenzeiten ermittelt werden.

Zu § 6 (Freiwillige Maßnahmen)

Als Maßnahmen zur Senkung des Bruttostromverbrauchs sollen in erster Linie freiwillige Maßnahmen zur Stromverbrauchsreduktion, wie Energiesparkampagnen, gezielte Sparaufrufe an die Bevölkerung etc. eingesetzt werden.

Zu § 8 (Bewertung der freiwilligen Maßnahmen)

Das Einsparpotential einer Maßnahme und die prognostizierte Umsetzungsrate sollen in Prozent abgeschätzt werden. Anschließend wird der Verbrauch im Zeitraum von 1. Dezember bis 31. März der Jahre 2017 bis 2022 von einem standardisierten Lastprofil der relevanten Verbrauchsgruppe herangezogen, und dieser Anteil wird auf das ermittelte Einsparpotential angewendet. Der dadurch errechnete Wert soll den angenommenen Einspareffekt ergeben. Dieser wird, soweit möglich, um allfällige Wechselwirkungseffekte bereinigt.

Zu § 9 (Ausschreibungen über Stromverbrauchsreduktionen)

Wenn die Einsparungen aus den freiwilligen Maßnahmen und sonstige Einsparungen nicht ausreichen, um das Einsparziel von durchschnittlich mindestens 5 % in den Spitzenzeiten zu erreichen, sollen marktbasierte Ausschreibungen über Stromverbrauchsreduktionen als zusätzliche Maßnahme eingesetzt werden.

Zu § 10 (Teilnahme an Ausschreibungen)

Voraussetzung ist, dass Teilnahmeberechtigte ihren Verbrauch mittels Fahrplänen prognostizieren können. Außerdem sollen sie technisch in der Lage sein, ihren Verbrauch gezielt in den ausgeschriebenen Spitzenzeiten gegenüber der Prognose zu reduzieren. Die Bieter sollen über geeignete Messgeräte zur Leistungsmessung verfügen.

Zu § 11 (Gegenstand der Ausschreibungen)

Die Zeitscheiben sollen jeweils zwei zusammenhängende Stunden umfassen. Als Zeitscheiben können Zeitscheiben von 8 bis 10 Uhr, 10 bis 12 Uhr sowie von 17 bis 19 Uhr definiert werden.


Die Stromverbrauchsreduktion soll innerhalb der Zeitscheibe erbracht werden. Es soll dem Bieter obliegen zu entscheiden, wann bzw. wie er innerhalb der zwei Stunden, für die der Zuschlag erteilt wurde, den Verbrauch reduziert. Der Verbrauch kann etwa gleichmäßig verteilt über die Zeitscheibe oder durch das Abschneiden von Verbrauchsspitzen reduziert werden. Alle Arten der Reduktion sind zulässig:

Zu § 12 (Verfahren)

Die Ausschreibungen sollen wöchentlich durchgeführt werden, wobei die Marktöffnung („Gate opening“) jeweils 14 Tage vor der Woche der Erbringung der Stromverbrauchsreduktion erfolgen soll. Annahmeschluss für Gebote („Gate closure“) soll spätestens sieben Tage vor der Erbringung der Stromverbrauchsreduktion sein. Bis dahin können Bieter ihre Gebote abgeben.

Vor der Marktöffnung sollen die Zeitscheiben sowie das ausgeschriebene Volumen in MWh je Zeitscheibe öffentlich im Internet bekanntgemacht werden.

Durch den Abzug von Mengen aus freiwilligen Maßnahmen und sonstigen Einsparungen soll im Sinne einer sparsamen und zweckmäßigen Haushaltsführung das auszuschreibende Volumen reduziert werden.

Um überteuerte Gebote auszuschließen, soll ein Referenzwertverfahren eingeführt werden.

Zu § 13 (Zuschlagserteilung)

Zuschlags- und Reihungskriterium der zulässigen Gebote soll der angebotene Preis je MWh sein. Die Reihung sowie der Zuschlag der Gebote soll transparent und nachvollziehbar dokumentiert werden.

Sobald die ausgeschriebene Menge erreicht ist, sollen keine weiteren Zuschläge mehr erteilt werden. Der Zuschlag soll nur für das gesamte Gebot erteilt werden. Das letzte Gebot, dass das ausgeschriebene Volumen mengenmäßig übersteigt, soll daher ausgeschieden werden. Bei gleichem Preis und Menge zweier oder mehrere Gebote, die die Menge jeweils für sich nicht überschreiten, soll nach dem Zeitpunkt des Einlangens entschieden werden („first come, first served“). Wenn zwei oder mehrere Gebote mit gleichem Preis und Menge die ausgeschriebene Menge gemeinsam übersteigen, sind diese auszuscheiden.

Mit der Erteilung des Zuschlags soll unmittelbar noch keine Verpflichtung zur Stromverbrauchsreduktion entstehen. Bieter sollen verpflichtet sein, sich für einen Abruf durch die Abwicklungsstelle bereitzuhalten; die Stromverbrauchsreduktion soll auf Abruf erbracht werden. Die Bereithaltung wird nicht vergütet.

Bieter sollen ihre Lieferanten rechtzeitig nach Zuschlag über die mögliche Stromverbrauchsreduktion informieren, damit diese ihre Verbrauchsprognosen entsprechend prognostizieren und Ausgleichsenergiekosten vermeiden können.

Zu § 14 (Abruf)

Der zu übermittelnde Prognosefahrplan soll zumindest ein Zeitraster von einer Stunde aufweisen.

Mit dem Abruf und der tatsächlichen Stromverbrauchsreduktion soll der Anspruch auf finanzielle Vergütung entstehen.

Zu § 15 (Erbringung der Stromverbrauchsreduktion)

Die Stromverbrauchsreduktion muss tatsächlich innerhalb der abgerufenen Zeitscheibe erbracht werden. Dies ist vom Bieter gegenüber der Abwicklungsstelle nachzuweisen. Eine Übererfüllung durch den Bieter soll nicht abgegolten werden.

Eine Vergütung soll nur ausbezahlt werden, wenn die Ausschreibung zu einer zusätzlichen Verbrauchsreduktion geführt hat, die ohne Ausschreibung nicht stattgefunden hätte. Die Ausschreibung muss kausal für die Stromverbrauchsreduktion sein. Stromverbrauchsreduktionen, die auch ohne Ausschreibung eingetreten wären, etwa wegen einer generellen Schließung einer Produktionslinie oder generell nicht einsatzfähiger Betriebsmittel, dürfen nicht vergütet werden. Wird die Revision von Betriebsmitteln hingegen so geplant, dass in der ausgeschriebenen Zeitscheibe der Stromverbrauch gesenkt werden kann, so wäre die Ausschreibung ursächlich für die Stromverbrauchsreduktion.

Der Verbrauch kann aus Spitzenzeiten auch in andere Stunden verlagert werden, sodass sog. Nachholeffekte auftreten können. Dabei sollen Verlagerungen in andere Spitzenzeiten vermieden werden; jedenfalls darf die Verlagerung nicht mehr als 150 % der Stromverbrauchsreduktion in Spitzenzeiten, für die der Bieter eine Vergütung erhält, betragen.

Für die Nichterbringung oder Schlechterfüllung von Stromverbrauchsreduktionen soll keine Pönale verrechnet. Bei signifikanter Abweichung zwischen der prognostizierten und der nachgewiesenen Stromverbrauchsreduktion soll aber ein entsprechender Abschlag auf die Vergütung festgelegt werden. Erbringt der Bieter weniger als 50 % der gebotenen und abgerufenen Leistungsreduktion, so wird er von den beiden der Schlechterfüllung folgenden Ausschreibungen ausgeschlossen.

Zu § 16 (Teilnahmeverträge)

Zwischen den Bietern und der Abwicklungsstelle sind vor der Zuschlagserteilung Rahmenverträge über die Teilnahme zu schließen. Auf Basis dieses Rahmenvertrages werden die Zuschläge erteilt. Ein Muster des Rahmenvertrages ist von der Abwicklungsstelle im Internet zu veröffentlichen. Die in den Z 1 bis 5 angeführten Angaben sind Mindestinhalte.

Zu § 17 (Abwicklungsstelle)

Mit der Abwicklung wird die Austrian Power Grid AG beauftragt. Mit der Austrian Power Grid AG soll ein Abwicklungsvertrag, der die Rechte und Pflichten der Abwicklungsstelle regelt, geschlossen werden. Die Betrauung der Austrian Power Grid AG kann auf den Ausnahmetatbestand gemäß § 9 Abs. 1 Z 11 BVergG 2018 gestützt werden.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.