3032/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 13.12.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Einen Vorsitzenden für die Alterssicherungskommission (ASK)

Nachdem sich die Regierung wie die Vorgänger-Regierungen bei den Pensionserhöhungen durchgehend beratungsresistent und ausgabenpopulistisch gezeigt hat, hat der Vorsitzende der Alterssicherungskommission (ASK) im September 2021 entnervt seinen Posten geräumt: "Chef der Pensionskommission geht aus Protest" (1). Der Vorsitzposten ist seither vakant, da die gemeinsam zuständigen Minister für Soziales und Finanzen den Vorsitz nicht nachbesetzen wollen oder können. Das ist menschlich nachvollziehbar, denn natürlich ist es für die Bundesregierung sehr angenehm, wenn sie mit einem kritischen Geist weniger konfrontiert ist. Und der ehemalige ASK-Vorsitzende, Dr. Walter Pöltner, war ein solch kritischer Geist, der seinen Finger regelmäßig in die klaffende Pensionswunde gelegt hat. Seit Pöltners Rücktritt führt eine Pensionstenlobbyisten die ASK interimistisch an, die zwar auch regelmäßig kritisiert, aber nur dann, wenn die Pensionen nach ihrem persönlichen Gefühl zu wenig stark erhöht werden. Zuletzt hat die interimistische Vorsitzende Ingrid Korosec gegenüber der APA jedoch selbst den Wunsch geäußert, dass die Vorsitzbestellung nun endlich erfolgen möge, denn sie leide als Gemeinderätin "nicht an Arbeitsmangel" (2). Bemerkenswert ist, dass sich Frau Korosec offensichtlich am Arbeitsaufwand stößt, nicht aber an der offensichtlichen Unvereinbarkeit, gleichzeitig als Vorsitzende des Seniorenrates Pensionistenlobbying zu machen und als langzeitinterimistische Vorsitzende der Alterssicherungskommission das Ziel der Generationengerechtigkeit verfolgen zu sollen.

Mutiger ASK-Chef Pöltner hat die zahnlose, von "Sozial"partnern unterwanderte ASK aufgewertet

Dr. Walter Pöltner trat im November 2019 seine Position als Vorsitzender der Alterssicherungskommission an und kritisierte dabei regelmäßig faktenbasiert die zukunftsvergessene Pensionspolitik der Regierung. Seine Kritik richtete sich dabei weniger auf die strukturellen Probleme des österreichischen Pensionssystems, denn dazu hatte er aufgrund der vielen spontanen Pensionsgeschenke (3) während seiner Amtszeit kaum Zeit. Seine Kernkritik zielte stattdessen vor allem auf die regelmäßigen, "gestaffelten" Pensionserhöhungen über der Inflation. Laut Pöltners Einschätzung höhlen diese zum einen das Versicherungsprinzip und zum anderen entsprechen sie dem teuren Gießkannenprinzip, anstatt sparsam zu sein und sozial treffsicher zu wirken. Ein wichtiges Anliegen war Pöltner dabei ferner, aufzuzeigen, dass nur ein Bruchteil der eine Million Pensionist:innen mit Pensionseinkommen unter der Ausgleichszulage tatsächlich arm sind (4). Denn von diesen Pensionist:innen sind derzeit nur etwa 200.000 von der Pensionsversicherung als bedürftig eingestuft, womit ihnen eine Ausgleichszulage (Volksmund: "Mindestpension") zusteht. Bei den restlichen 800.000 handelt es sich entweder Auslandspensionist:innen mit einer österreichischen Teilpension oder um Pensionist:innen mit einem einkommensstarken Ehepartner. Für letztere zwei Gruppen wäre laut Pöltner keine Pensionserhöhung über der Inflation notwendig gewesen. Für seine Verdienste um eine zeitgemäße Pensionspolitik wurde Dr. Walter Pöltner zuletzt Anfang Juni 2022 mit dem "bAV Award" für die beste Pensionspolitik in Österreich ausgezeichnet (5).

Wie wichtig ein mutiger ASK-Vorsitzender ist, zeigt allein die Zusammensetzung der Alterssicherungskommission. So besetzen mehrheitlich die für Reformverweigerung bekannten Sozialpartner (Kammern & ÖGB) die stimmberechtigten Sitze in der ASK (§ 3 ASK-Gesetz). Lediglich die Industriellenvereinigung hat in der Vergangenheit regelmäßig entsprechend den Empfehlungen der EU-Kommission, der OECD, des Fiskalrates und der großen Mehrheit der Pensionsexpert:innen eine Pensionsreform gefordert. Walter Pöltner hat trotzdem den Mut, laufend die heikle Pensionssituation öffentlich zu kommentieren und die zahlreichen Pensionsgeschenke der vergangenen Jahre zu kritisieren. Seit Pöltner im Herbst 2021 zurückgetreten ist, ist aber für jeden sichtbar, was die Alterssicherungskommission wirklich ist; nämlich eine zahnloses, beschlussunfähiges, von reformunwilligen Sozialpartner unterwandertes, Kaffeekränzchen.

Dickhäutiger, streitbarer Pensionsexperte gesucht, am besten mittels Ausschreibung

Der Vorsitz für die Alterssicherungskommission ist nun seit dem Rücktritt von Pöltner unbesetzt, was natürlich nachvollziehbar ist. Denn keine Regierung, die mit Pensionsgeschenken derart um sich wirft wie die aktuelle Regierung, besetzt gerne eine Position, bei der vorprogrammiert ist, dass es von dort regelmäßig (berechtigte) Kritik hageln wird. Und es ist nicht absehbar, dass diese Bundesregierung in allzu naher Zukunft damit beginnt, eine nachhaltige Pensionspolitik zu betreiben, die das Pensionssystem auch für die nächsten Generationen sichert. Vor allem nicht, da zwei noch ausgabenpopulistischere Parteien, nämlich SPÖ und FPÖ, die Regierung seit Amtsantritt vor sich hertreiben. Die Folge sind regelmäßige schwarz-grüne Pensionsbeschlüsse, die zu immer mehr unterfinanzierten Pensionsgeschenken (Frühstarterbonus, außertourliche Erhöhungen,…) führen. So hat der Budgetdienst des Nationalrates berechnet, dass die Pensionsgeschenke der Jahre 2018 bis 2021, also alle Erhöhungen über der Inflationsrate sowie Verbesserungen im Rahmenrecht, allein im Jahr 2022 mit EUR 3,5 Mrd zu Buche schlagen. Dieser Betrag entwickelt sich für die Folgejahre dramatisch weiter.

Es hat sich im BMSGPK inzwischen zur traurigen Tradition entwickelt, politisch nicht genehme Positionen unbesetzt zu lassen. So hatte schon Rudolf Anschober den „Österreichischen Sanitätsrat“ zum ersten mal seit Maria Theresia unbesetzt gelassen, was er in seinem kürzlich erschienenen Buch natürlich unerwähnt ließ. Nichtsdestotrotz muss der Vorsitz der Alterssicherungskommission dem Gesetz zufolge besetzt werden. Im Idealfall erfolgt eine solche Besetzung mittels Ausschreibung, denn nur so ist sichergestellt, dass auch Pensionsexpert:innen, die der Pensionspolitik der Regierung kritisch gegenüberstehen, eine Chance auf den Vorsitzposten haben. Deshalb ergeben sich Fragen zur Vorsitzbesetzung der Alterssicherungskommission.

Quellen:

(1) https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2121231-Chef-der-Pensionskommission-geht-aus-Protest.html

(2) https://www.sn.at/politik/innenpolitik/pensionsausgaben-des-staates-steigen-bis-2027-deutlich-130455097

(3) https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2115820-Nicht-jeder-mit-kleiner-Pension-ist-arm.html

(4) https://www.parlament.gv.at/PAKT/BUDG/ANFRAGEN/PENSIONSBESCHLUESSE/index.shtml

(5) https://www.ots.at/a/OBS_20220610_OBS0022

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen, werden aufgefordert, gemäß § 4 Alterssicherungskommissionsgesetz und entsprechend dem Wunsch der interimistischen ASK-Vorsitzenden den Vorsitz der Alterssicherungskommission zu bestellen." 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.