3037/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 13.12.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Einberufung eines Pensionsgipfels
Österreich schlittert zunehmend in eine pensionsbedingte Budgetkrise. Die Langfristprognosen der EU-Kommission ("Ageing Report") zeigen das seit Jahren und seit 2021 auch die Pensionslangfristprognosen des Rechnungshofes im Bundesrechnungsabschluss. Laut Bundesfinanzrahmen steigt der Budgetanteil für Pensionszuschüsse bereits mittelfristig von 2022 auf 2026 von einem Viertel auf knapp ein Drittel. Ein ähnlich dramatisches Bild haben zuletzt auch die Mittelfristprognosen der Alterssicherungskommission gezeichnet. So werden von 2022 bis 2026 die Pensionszuschüsse von 5,2 Prozent auf 6,2 Prozent des BIP steigen, womit die Prognose für 2026 sogar um 0,5 %BIP angehoben wurde - verglichen zur ASK-Mittelfristprognose des Vorjahres (siehe Grafik)! Das Märchen, die Pensionsbelastung in % des BIP bliebe gleich, wird aktuell von der Realität widerlegt.
Warnungen von allen Seiten, nur die Alterssicherungskommission (ASK) schaut weiterhin nur zu
Entsprechend empfiehlt der
Präsident des Fiskalrates, Christoph Badelt, das faktische und das
gesetzliche Pensionsantrittsalter zu erhöhen. Er findet es „eigentlich
verrückt, dass wir nur so kurz arbeiten, im Verhältnis zu unserer
Lebenserwartung“, wie er in der ZIB2 am 30. November 2022 sagte.
Er bezieht sich damit auf den Umstand, dass die Österreicher:innen im
Schnitt mit 36 Beitragsjahren aus eigenem Erwerb, die Österreicher:innen
mit 29 Beitragsjahren aus eigenem Erwerb in Pension gehen und diese über
durchschnittlich 23 Jahre beziehen.
Ins gleiche Horn stößt der ehemalige Vorsitzende der
Alterssicherungskommission, Walter Pöltner: "Walter
Pöltner ringt um Contenance. Es koste ihn Mühe, seinen Zorn zu
unterdrücken, sagt der ehemalige Spitzenbeamte und Übergangssozialminister.
Erschreckend sei es, wie die Politik "wider besseres Wissen" negiere,
dass die Alterung der Gesellschaft die Kosten für Gesundheit, Pflege und
Pensionen hinauftreibe: Das Problem wird auf die nächste Generation verschoben.
Rechtlich gesehen würde das auf fahrlässige Krida hinauslaufen."
Starker Anteil an Sozialpartnerorganisationen und Pensionsistenlobbyisten blockieren Entscheidungen in der Alterssicherungskommission (ASK)
Dennoch entschied sich die ASK gegen das Aussprechen von Empfehlungen für Pensionsmaßnahmen an die Regierung: "Uneinigkeit über die Notwendigkeit von Maßnahmen gab es auch in der nachmittäglichen Sitzung der Kommission. Eine Empfehlung, das faktische Pensionsalter an das gesetzliche heranzuführen und die Gesundheitsprävention zu verstärken, fand keine Mehrheit." Die schwierige Mehrheitsfindung und Entscheidungsunfähigkeit ist jedoch leicht erklärt, denn die Alterssicherungskommission ist mehrheitlich von Sozialpartnern besetzt bzw. unterwandert, deren größte Zeit kurz nach dem Krieg war, die sich aber inzwischen zu massiven Reformbremsen entwickelt haben. Dazu kommt, dass die Präsidentin des Österreichischen Seniorenrates, Ingrid Korosec, seit dem Abgang von Dr. Walter Pöltner gleichzeitig den Vorsitz in der ASK führt. Dass dem politischen Österreich ein Sensorium für Unvereinbarkeiten und Interessenskollisionen fehlt, ist hinlänglich bekannt. Aktuell ist auch der größte Ausgabenblock des Bundesbudgets -die Zuschüsse in die Pensionssysteme -Opfer einer solchen Interessenskollision.
Die einzige in der Alterssicherungskommission vertretene Organisation, die in den vergangenen Jahren regelmäßig auf die Empfehlungen der EU-Kommission und der OECD für Pensionsreform hingewiesen hat, ist die Industriellenvereinigung. Solange die ASK nicht von unabhängigen Expert:innen besetzt wird, sondern von Sozialpartnern und Abgesandten aus Bundesministerien, muss man sich deshalb leider eingestehen, dass dieses Gremium sinnlos ist und nicht in der Lage ist, Empfehlungen zu Handlungsoptionen abzugeben.
Unabwendbare und notwendige Empfehlungen werden von der Alterssicherungskommission hinausgezögert
Fakt ist jedoch, dass die Erstellung von Handlungsoptionen unausweichlich ist. Denn gemäß Alterssicherungskommissionsgesetz § 12 Abs. 1 ist die Alterssicherungskommission aufgrund der starken Prognosekorrekturen spätestens beim nächsten Langfristgutachten (2024) zur Erstellung von Handlungsoptionen verpflichtet. Vor diesem Hintergrund das Agieren der Alterssicherungskommission noch unverantwortlicher, dass offenbar man nicht einmal Minimalempfehlungen wie die Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters und die Gesundheitsprävention mehrheitsfähig waren. Während wohlgemerkt sämtliche Expert:innen außerhalb der Alterssicherungskommission bereits Maßnahmen fordern.
Ein Pensionsgipfel soll die Entscheidungen treffen, zu denen die von Sozialpartnern unterwanderte Alterssicherungskommission nicht in der Lage ist
Da die Alterssicherungskommission nicht bereit bzw. in der Lage ist, bereits jetzt einen Bericht mit Pensionsreformempfehlungen vorzulegen, und stattdessen lieber noch zwei Jahre bis zum nächsten Langfristgutachten verstreichen lassen will, ist es unumgänglich, abseits dieses derzeit völlig handlungsunfähigen Gremium Alterssicherungskommission einen wirkungsvollen Pensionsgipfel mit Vertreter:innen der Parlamentsparteien und Pensionsexperten einzuberufen, der den Tatsachen ins Auge sieht und Reformvorschläge ausarbeitet.

Alterssicherungskommissionsgesetz
Quellen:
(1) https://www.derstandard.at/story/2000141302845/wie-stark-die-pensionskosten-steigen-und-was-sich-dagegen-tun
(2) https://www.sn.at/politik/innenpolitik/pensionsgutachten-weist-mittelfristig-hoehere-ausgaben-aus-130555021
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen, werden aufgefordert, einen Pensionsgipfel mit Pensionsexpert:innen und Vertreter:innen der Parlamentsparteien einzuberufen, um Maßnahmen zur Abmilderung der stark steigenden Pensionszuschüsse zu beraten und auszuarbeiten."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.