3062/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 14.12.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Petra Bayr

Genossinnen und Genossen

betreffend Datenerhebung und Bewusstseinskampagne zu Stealthing

 

Eine von drei Frauen* und einer von fünf Männern* waren bereits Opfer von einer als „Stealthing“ bekannten Straftat (Klinische Studie Melbourne 2018). Der Begriff „Stealthing" bezeichnet den Vorgang, bei dem ein Mann während dem Sex ohne Wissen seines Sexualpartners oder seiner Sexualpartnerin heimlich das Kondom entfernt.

Diese Praktik kann als Sexualdelikt gewertet werden, da es zu einem fundamentalen Vertrauensbruch zwischen den Beteiligten kommt. Die körperliche Integrität und Selbstbestimmung des Gegenübers wird enorm eingeschränkt und sogar zunichte gemacht. Denn auch wenn es vor dem Geschlechtsakt zu einer konsensualen Einwilligung kam und man sich auf die Verhütung durch ein Kondom geeinigt hat, so kommt es mit dem unwissentlichen Entfernen des Kondoms zu einem aktiven Konsensbruch.

Nicht nur besteht die Möglichkeit, ungewollt schwanger zu werden, sondern sich auch mit sexuell übertragbaren Krankheiten angesteckt zu haben. Doch selbst wenn die betroffene Person weder schwanger, noch krank wird, handelt es sich bei der Tat um eine Form von sexualisierter Gewalt und muss auch als solche behandelt werden.

In einigen Ländern wurde Stealthing bereits als Sexualdelikt ins Strafgesetzbuch aufgenommen. In der Schweiz kam es 2017 erstmals zu einer Verurteilung im Ausmaß von zwölf Monaten nach einem Stealthing-Vorfall. Der Grund lautete Vergewaltigung und Schändung. Auch wenn es nach diesem Vorfall nicht zur Formulierung von Stealthing als eigenes Sexualdelikt und Straftat kam, schuf er dennoch einen Präzedenzfall. Auch in Großbritannien und Neuseeland steht Stealthing nicht als eigenständiges Strafdelikt im Strafgesetzbuch, aber die nicht-einvernehmliche Abnahme eines Kondoms wird dort als Form der Vergewaltigung anerkannt und hat in den letzten Jahren bereits zu mehreren Verurteilungen geführt.

In Österreich gibt es den Paragrafen 205a im Strafgesetzbuch, der vor Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung schützt, worunter auch Stealthing fällt oder besser gesagt fallen kann. Doch selbst Gerhard Jarosch, der ehemalige Präsident der Österreichischen Staatsanwält*innen sieht Stealthing als noch nicht im Strafgesetzbuch verankert. Die mögliche Abdeckung durch Paragraph 205a ist nicht ausreichend. Eine eine klare Formulierung von Stealthing als Straftat im österreichischen StGB ist notwendig.

Aufklärungs- und Bildungsarbeit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen muss diesen Prozess begleiten. Viele von Stealthing Betroffene wissen nicht, dass es sich beim nicht-konsensualen Herunterziehen eines Kondoms um ein gravierendes Vergehen mit rechtlichen Auswirkungen handelt. Nach einem Vorfall fühlen sie sich zwar hintergangen und in ihrem Vertrauen zutiefst erschüttert, denken aber allein in dieser Situation zu sein und haben das Gefühl nicht ernstgenommen zu werden.

Erst wenn durch zunehmende Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt wird, sehen Opfer von Stealthing, dass sie keineswegs die einzigen Betroffenen sind.

Präventionsarbeit und Täterarbeit müssen Hand in Hand gehen, um sexuellen Übergriffen bestmöglich entgegenzuwirken.

Die unterfertigen Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, gemeinsam mit der Bundesministerin für Justiz und dem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung nach erfolgter Datensammlung zielgruppengerechte Bewusstseinskampagnen zum Thema Stealthing auszuarbeiten und durchzuführen. Insbesondere soll damit eine Sensibilisierung des Gesundheits-, Justiz- und Lehrpersonals für dieses Thema erfolgen und eine umfassende Aufklärung über das Thema insbesondere an Schulen, aber auch an Gesundheitseinrichtungen durchgeführt werden.“

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Gesundheitsausschuss