3082/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 15.12.2022
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Thomas Spalt, Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Gerald Loacker
und weiterer Abgeordneter
betreffend Bericht an den Nationalrat über den Ausbau der direkten Demokratie
Die Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ), Mag. Gerald Loacker (NEOS), Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ), Kolleginnen und Kollegen haben am 20. November 2020 im Nationalrat einen Entschließungsantrag betreffend Rettung der direkten Demokratie in Vorarlberg eingebracht.[1]
Anlass für die Initiative der Opposition war die Aufhebung einzelner Bestimmungen im Vorarlberger Landes-Volksabstimmungsgesetz und im Vorarlberger Gemeindegesetz durch den Verfassungsgerichtshof. Dieser hatte nach einer Volksabstimmung in der Vorarlberger Gemeinde Ludesch geurteilt, dass es dem repräsentativ-demokratischen System widerspreche, wenn Bürger direktdemokratisch wie bisher über den Gemeinderat hinweg Gemeindeorgane zu Handlungen oder Unterlassungen verpflichten könnten.[2]
Um die Mitspracherechte der Bevölkerung in Gemeindeangelegenheiten zu sichern und dadurch die direkte Demokratie zu stärken, forderten die drei Oppositionsparteien die Bundesregierung auf einen Legislativvorschlag zu unterbreiten:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, welcher eine Rechtsgrundlage für die Durchführung von Volksabstimmungen in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde auf Verlangen des Gemeindevolkes, wie im Vorarlberger Landes-Volksabstimmungsgesetz vorgesehen, schafft.
Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: S, F, N, dagegen: V, G). Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP), Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne), Kolleginnen und Kollegen einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Länder-Dialog zu direkter Demokratie auf Gemeindeebene starten eingebracht, der mit Stimmenmehrheit (für den Antrag: V, G, dagegen: S, F, N) beschlossen wurde. Die Entschließung des Antrags lautete:
Die Bundesministerin für EU und Verfassung wird ersucht, betreffend die Absicherung und die Förderung direktdemokratischer Instrumente auf der Ebene der Gemeinden mit den Ländern, insbesondere den Landesverfassungsgesetzgebern, in den Dialog zu treten und zu ergründen, inwieweit Änderungen der bundesverfassungsgesetzlichen Rahmenbedingungen auf Grund regionaler Bedürfnisse angezeigt sind. Dem Verfassungsausschuss soll darüber berichtet werden.[3]
Im Gegensatz zur konkreten Forderung der Opposition wurde mehrheitlich ein „in den Dialog treten und zu ergründen“ beschlossen. Verbindlich auf ein Ergebnis gerichtet war der Antrag nur in einem Punkt: „Dem Verfassungsausschuss soll darüber berichtet werden.“ Seit dem Beschluss des Antrages als Minimalkompromiss der schwarz-grünen Regierungsmehrheit in der 131. Sitzung des Nationalrates am 19.11.2021 ist jedoch in der Sache kaum etwas geschehen.
Wie die Beantwortung[4] einer parlamentarischen Anfrage[5] betreffend Vorarlberger Modell der direkten Demokratie zeigt, haben die Länder inzwischen sogar selbst die Initiative ergriffen:
Vor diesem Hintergrund hat die Landeshauptleutekonferenz am 20. Mai 2022 das Institut für Föderalismus beauftragt, unter weiterer Einbindung der Wissenschaft die rechtlichen Möglichkeiten direktdemokratischer Elemente auf Gemeindeebene, ohne die Grenzen einer Gesamtänderung der Bundesverfassung zu überschreiten, zu prüfen. Ein Ergebnis dieser Prüfung liegt dem Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst noch nicht vor.
Auf die Frage „Welche konkreten Maßnahmen/Umsetzungen/Vorschläge planen Sie künftig in dieser Angelegenheit?“ heißt es noch unverbindlicher als in der ohnehin schon unverbindlichen Selbstverpflichtung:
Die weiteren Maßnahmen hängen wesentlich vom Ergebnis des noch in Gang befindlichen Prüfungsprozesses ab.
Da sich aus dem Dialog mit den Ländern laut Anfragebeantwortung bereits eindeutig ergibt, dass „in einzelnen Ländern der Wunsch nach einer Normierung direkt-demokratischer Instrumente im Landesrecht, wenngleich in jeweils unterschiedlichem Umfang“ besteht, steht einer Berichtsvorlage an den Nationalrat in Umsetzung der Entschließung zu 1153 dB. XXVII. GP nichts mehr entgegen.
Vor diesem Hintergrund wird die Bundesministerin für EU und Verfassung aufgefordert die Ergebnisse des Dialogs mit den Ländern zu konsolidieren und mittels Berichts an den Nationalrat darzulegen, inwiefern es zur Umsetzung der diskutierten Szenarien eine (volksabstimmungspflichtige) Gesamtänderung der Bundesverfassung braucht. Der Bericht soll dem Verfassungsausschuss bis zum 19. März 2023 – dem Tag des Landespatrons von Vorarlberg und "Landesfeiertag" – zugehen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nunmehr folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für EU und Verfassung wird aufgefordert, dem Nationalrat über die Umsetzung der Entschließung zu 1153 dB. XXVII. GP bis 19. März 2023 zu berichten.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.
[1] Antrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Mag. Gerald Loacker, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rettung der direkten Demokratie in Vorarlberg (1080/A(E)), https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_01080/index.shtml.
[2] https://www.vfgh.gv.at/downloads/VfGH_Erkenntnis_G_166_2020_vom_6._Oktober_2020.pdf
[3] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_01153/fnameorig_1009221.html, https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_01153/fnameorig_1009222.html.
[4] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_12319/index.shtml
[5] Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Vorarlberger Modell der direkten Demokratie (12628/J), https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_12628/index.shtml.