3118/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 31.01.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Michael Bernhard,  Kolleginnen und Kollegen

betreffend Stufenplan für Rechtsanspruch und kleinere Gruppen in der Kinderbildung und -betreuung

 

In den ersten Lebensjahren entwickeln Kinder jene Kompetenzen, Eigenschaften und Einstellungen, die prägend sind für die Lernmotivation und den Lernerfolg in der weiteren Bildungslaufbahn. In dieser Zeit entstehen die Grundlagen für ein gelingendes, selbstbestimmtes Leben. Entsprechend dem Prinzip "Use it or lose it" hält das menschliche Gehirn im Kleinkindalter ein enormes Potenzial bereit, das umso mehr ausgeschöpft wird, je vielseitigere Anregungen das Kind - auf der Basis stabiler Bindungen - erfährt (vgl. z.B. Isabella Sarto Jackson: The making and breaking of minds, 2022).

Die große Bedeutung flächendeckend angebotener, qualitätsvoller Elementarbildung ist heute allgemein anerkannt. Von der pädagogischen Begleitung und sozialen Interaktion im Kindergarten und in der Kleinkindbetreuung (je nach Bundesland unter der Bezeichnung Krippe, Krabbelstube, Spielgruppe oder Kindertagesstätte sowie in Kleingruppen bei Tagesmüttern/-vätern) profitieren alle Kinder - und ganz besonders jene, die zuhause ein weniger förderliches Umfeld vorfinden. Dies gilt jedoch nur, wenn die Qualität dieses elementarpädagogischen Angebots stimmt, denn je jünger die Kinder sind, desto mehr stellen bspw. große Gruppen, in denen Ruhe und individuelle Zuwendung zu kurz kommen, einen Stressfaktor dar, der die gedeihliche Entwicklung hemmt und stört (vgl. u.a. Publikationen und Vorträge von Catherine Walter Laager, Professorin für Elementarpädagogik und Vizerektorin an der Uni Graz). 

Auch für die Eltern ist ein solches flächendeckendes, mit Vollzeit-Jobs vereinbares, qualitätsvolles Kinderbetreuungsangebot von entscheidender Bedeutung. Dass dieses in Österreich noch immer große Lücken aufweist, trägt wesentlich dazu bei, dass hierzulande fast drei Viertel der erwerbstätigen Frauen mit Kindern unter 15 Jahren nur teilzeitbeschäftigt sind und die Hälfte dies auch bleibt, wenn die Kinder älter sind. Die persönlichen Folgen dieses Mangels - von der Abhängigkeit von besser verdienenden Ehepartnern bis hin zur Altersarmut durch niedrigere Pensionen - sind ebenfalls seit langem bekannt. 

Vor diesem Hintergrund ist es höchste Zeit, einen Aufholprozess in die Wege zu leiten bzw. ernsthaft zu beschleunigen, mit dem Österreich zu skandinavischen Vorbildländern in Sachen Kinderbildung und -betreuung aufschließen kann. Wie weit wir zurück liegen, zeigt bspw. der Vergleich der verfügbaren Bildungs- und Betreuungsplätze für Unter-3-jährige (Dänemark: 66%, Österreich: 23%, Quelle Eurostat) oder der Ausgaben für Elementarpädagogik in Prozent des BIP (Norwegen: 2%, Österreich 0,7%, Quelle OECD). Dieser Prozess wird sowohl finanziell als auch personell herausfordernd - Stichwort Pädagog:innenmangel. Ihn weiter aufzuschieben kommt uns jedoch wesentlich teurer und ist bildungs-, gesellschafts- und wirtschaftspolitisch unverantwortlich.

Vor diesem Hintergrund ist die Bundesregierung, insbesondere der Bildungsminister, die Familienministerin und der Finanzminister, gefragt, gemeinsam mit den Bundesländern einen verbindlichen Stufenplan zu entwickeln, der bundesweite Qualitätsstandards, einen Rechtsanspruchs auf einen Bildungs- und Betreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag und kleinere Gruppen zum Ziel hat und damit auch die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen verbessert sowie den Neueintritt und die Rückkehr ausgebildeter Elementarpädagog:innen in den Beruf attraktiver macht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen 2022 mit den Bundesländern einen verbindlichen Stufenplan zu entwickeln, der

bis 2035 zum Ziel hat und die Finanzierung der dafür notwendigen Schritte regelt. Dafür sind entsprechende jährliche Zielwerte sowohl für die Kindergärten als auch für die Einrichtungen der Kleinkindbetreuung auszuhandeln und festzuschreiben. 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss vorgeschlagen.