3123/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 31.01.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Schluss mit den befristeten Kettenverträgen im ORF, die Mitarbeiter:innen in institutionalisierte Unsicherheit und Perspektivlosigkeit zwingen!

 

Die österreichische Bevölkerung, das Parlament, aber auch die ORF-Mitarbeiter:innen warten seit Monaten auf ein neues ORF-Gesetz. Dieses sollte viele offene Zukunftsfragen und Problemstellungen rund die zukünftige Finanzierung, die konkreten Aufgaben des ORF, die digitale Zukunft und einer Struktur, die erstmals wirkliche politische Unabhängigkeit ermöglicht, klären und entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. Fehlender Reformwille gepaart mit Regierungen auf Bundes- und Landesebene, die den ORF als Spielwiese für persönliche Interessen betrachten, haben den ORF in eine Eck manövriert, aus dem dieser schwer hinausfindet. Eine der Folgen: Eine Finanzierungskrise im Öffentlich-Rechtlichen, wie auch Generaldirektor Roland Weißmann in Interviews1 warnt. Statt jedoch echte Reformpläne vorzulegen, wird zuerst bei jenen Mitarbeiter:innen gespart, die oftmals als Freie Mitarbeiter:innen mit Kettenverträgen an der langen Leine gehalten werden. Gerade für den Fortbestand eines unabhängigen und qualitativ-hochwertigen öffentlich-rechtlichen Senders ist es aber nötig, dass die Mitarbeiter:innen fair entlohnt und arbeitsrechtlich abgesichert werden.

Kettenverträge, so wie sie im ORF gehandhabt werden, sind generell nicht legal – für den ORF gilt jedoch eine Ausnahme. Im ORF-Gesetz wird aktuell unter §32 Absatz 5 folgendermaßen geregelt: „Befristete Arbeitsverhältnisse können ohne zahlenmäßige Begrenzung und auch unmittelbar hintereinander abgeschlossen werden, ohne dass hier durch ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit entsteht.“ Solche Kettenverträge kannte man beispielsweise von Universitäten, wo sie abgeschafft wurden, als ein EuGH-Beschluss im dem Herbst 2021 diese Regelung für EU-rechtswidrig befunden hat. Somit wurde die Praxis der ewigen Kettenverträge beendet. Seitdem muss nach acht Jahren eine Entscheidung fallen, da längere Befristungen nicht zulässig sind. Infolge dieses Urteils erscheint es mehr als fragwürdig, ob der oben zitierte Passus des ORF-Gesetzes vor dem EuGH in der jetzigen Form überhaupt halten würde.

Die Praxis solcher Kettenverträge führt zu einer institutionalisierten Unsicherheit und Perspektivlosigkeit bei den so Beschäftigten. Kürzlich berichtete eine ehemalige Ö1-Mitarbeiterin, dass sie sich aufgrund ihres prekären, befristeten Beschäftigungsverhältnisses genötigt sah, ihren Job im ORF zu kündigen. Sie wurde immer nur von Beitrag zu Beitrag angestellt und erhielt auch nur dann Lohn und Versicherung. Krankheiten oder eine Schwangerschaft stellen somit momentan im ORF für die so beschäftigten Mitarbeiter:innen eine existentielle Bedrohung dar. „Gerade junge Journalistinnen und Journalisten bleiben daher häufig neben ihrer Arbeit für den ORF bei den Eltern mitversichert. Damit auch andere durchgehend versichert sind, dürften teils falsche Stunden geschrieben werden. Das zeigt der Vergleich von Stundenaufzeichnungen und ausgestellten Arbeitsverträgen, in die die Kleine Zeitung Einsicht erhielt“.2 Der ORF muss endlich echte Reformpläne vorlegen, die Regierung muss endlich ein ORF-Gesetz auf den Weg bringen, das den Ansprüchen an eine digitale Zukunft eines smarten, entpolitisierten öffentlich-rechtlichen Medienhauses gerecht wird. Wohin man schwierige Finanzsituationen nicht auslagern darf: An prekär beschäftige Mitarbeiter:innen. Deshalb muss dieser Praxis mit einer Neuregelung im neuen ORF-Gesetz einen Riegel vorgeschoben werden und die prekären Anstellungsverhältnisse im ORF endlich beendet werden!

1https://www.derstandard.at/story/2000141192315/bis-zu-130-millionen-euro-orf-minus-weissmann-warnt-vor

2https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/6239215/Sonderregelung_Warum-der-ORF-viele-Mitarbeiter-prekaer-beschaeftigt

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien wird aufgefordert, im angekündigten Entwurf zum ORF-Gesetz die Praxis der ewigen befristeten Arbeitsverträgen zu beenden und die momentane Regelung (§ 32 Abs. 5 im ORF Gesetz) ersatzlos zu streichen."



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.