3130/A XXVII. GP
Eingebracht am 31.01.2023
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Antrag
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Michael Bernhard, Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 204/2022, geändert wird.
Der Nationalrat hat beschlossen:
Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 204/2022, wie folgt geändert wird:
1. § 111 Abs. 1 Z 2 entfällt.
2. § 111 Abs. 2 Z 6 lautet:
"den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen, wenn der Ausschank oder der Verkauf durch Automaten erfolgt;"
3. Nach § 111 Abs. 2 Z 6 wird folgende Ziffer 7 eingefügt:
"die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Ausschank von Getränken."
4. § 112 lautet:
"(1) Ein Gastgewerbe wird auch dann ausgeübt, wenn einzelne Dienstleistungen, die in ihrer Gesamtheit eine gastgewerbliche Tätigkeit gemäß § 111 Abs. 1 ergeben, gesondert von zwei oder mehreren Unternehmern für dieselben Leistungsempfänger und im selben Standort erbracht werden.
(2) Die Gastgewerbetreibenden haben die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen und deren Einrichtung und Ausstattung stets in gutem Zustand zu erhalten und dafür zu sorgen, dass die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, die Betriebseinrichtung und die Betriebsführung den der Betriebsart entsprechenden Anforderungen Rechnung tragen.
(3) Gastgewerbetreibende, die alkoholische Getränke ausschenken, sind verpflichtet, auf Verlangen auch kalte nichtalkoholische Getränke auszuschenken. Weiters sind sie verpflichtet, mindestens zwei Sorten kalter nichtalkoholischer Getränke zu einem nicht höheren Preis auszuschenken als das am billigsten angebotene kalte alkoholische Getränk (ausgenommen Obstwein) und diese besonders zu kennzeichnen. Der Preisvergleich hat jeweils auf der Grundlage des hochgerechneten Preises für einen Liter der betreffenden Getränke zu erfolgen.
(4) Die Gastgewerbetreibenden sind verpflichtet, Personen, die durch Trunkenheit, durch ihr sonstiges Verhalten oder ihren Zustand die Ruhe und Ordnung im Betrieb stören, keine alkoholischen Getränke mehr auszuschenken.
(5) Wer das Gastgewerbe in der Form ausübt, dass er Geflügel grillt und dieses mit Beilagen verabreicht, kann diese Tätigkeit im Umgebungsbereich von Lebensmittelgeschäften regelmäßig ausüben, ohne dass er diese Tätigkeit als weitere Betriebsstätte (§ 46 Abs. 2) anzeigen muss."
5. § 2 Abs. 1 Z 25 lautet:
"die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken im Rahmen und Umfang von Veranstaltungen im Sinne des § 5 Z 12 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 durch Körperschaften des öffentlichen Rechtes sowie sonstige juristische Personen, die im Sinne der §§ 34 BAO gemeinnützig, kirchlich tätig sind, und durch deren Dienststellen sowie juristische Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z 2 und § 5 Z 12 lit. b und c des Körperschaftsteuergesetzes 1988 wie Körperschaften des öffentlichen Rechts zu behandeln sind. Diese Veranstalter haben § 112 Abs. 3 und 4 und § 114 sowie die einschlägigen gesundheits-, lebensmittel-, wasser- und abfallrechtlichen Vorschriften einzuhalten."
6. § 367 Z 36 lautet:
"die Bestimmungen des § 112 Abs. 2 nicht befolgt;"
Der Zugang zu gewerblicher Berufsausübung ist in Österreich umfassend geregelt und im europäischen Vergleich besonders restriktiv. Während es unzweifelhaft Gewerbearten gibt, bei denen es eine strenge Qualitätskontrolle braucht, ist das in vielen anderen nicht nötig und auch nicht zeitgemäß. Zahlreiche nationalen wie internationalen Experten haben das derzeitige System mehrfach kritisiert und Reformen angeregt. Aufbauend auf die jahrelangen Reformempfehlungen der Europäischen Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters hielt der Rechnungshof 2019 fest, dass eine Evaluierung nach bürokratischen Hemmnissen und ökonomischen Auswirkungen zu erfolgen hätte. In dem Bericht empfiehlt der Rechnungshof eine Neukodifizierung der Gewerbeordnung mit dem Ziel, ein zeitgemäßes, übersichtliches und anwenderfreundliches Regelwerk zu schaffen. Eine schlanke, neue Gewerbeordnung würde nicht nur eine bürokratische und finanzielle Entlastung von Unternehmer:innen in Österreich bedeuten. Durch eine übersichtliche und anwenderfreundliche Ausgestaltung würden Gründungen deutlich erleichtern und damit den Wirtschaftsstandort wesentlich attraktiver gemacht werden. Dies ist gerade angesichts der vielen Krisen besonders wichtig. Mit dieser Gesetzesänderung soll der Kurs der kleinen Reformschritte von Wirtschaftsminister Kocher innerhalb der Gewerbeordnung 1994 fortgesetzt werden. Zuletzt hat eine Änderung der Gewerbeordnung Kosmetikern erlaubt, Haare mittels Laser entfernen zu dürfen.
Die Änderungen der Gewerbeordnung 1994 soll die Unterscheidung zwischen der sogenannten kleinen und großen Gastronomiekonzession aufgehoben werden. Ein Befähigungsnachweis soll in beiden Fällen nicht nötig sein. Jede Zugangsbeschränkung stellt einen Eingriff in die Erwerbsfreiheit dar. Der Verfassungsgerichtshof hat zu reglementierten Gewerben festgehalten, dass eine entsprechende sachliche Verhältnismäßigkeit der Regelung aus Gründen der Gefahrenabwehr oder des Konsumentenschutzes in Abwägung mit dem höheren Rechtsgut des Rechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gegeben sein muss (VfGH Entscheid G49/2013 vom 27.11.2013). Der Schutz der Konsument:innen wird durch diese Einschränkung nicht gewahrt, da Gewerbe- und Gesundheitsbehörden in beiden Fällen kontrollieren. Mit den vorgeschlagenen Änderungen würden Bestimmungen von hygienischen Auflagen bis hin zum Jugendschutz oder Sperrstunden auch weiterhin gelten. Vielfach werden Argumente wie Qualitätssicherung als Gründe für die strengen Zugangsbeschränkungen vorgebracht, was anhand skurriler Beispiele leicht enttarnt werden kann. Eine Kostprobe: Der Betreiber eines Imbiss-Standes mit Schnitzelsemmeln braucht keinen Befähigungsnachweis, der Betreiber eines Gasthauses mit mehr als acht Plätzen, der Schnitzel serviert, jedoch schon. Einen Befähigungsnachweis bekommt laut Gastgewerbe-Verordnung (BGBl. II Nr. 51/2003) ein gelernter Koch, aber auch ein Bachelor in Philosophie. Derzeit erfüllt die Zugangsvoraussetzungen also, wer eine jahrelange Ausbildung im Bereich der Gastronomie durchgemacht hat, aber gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 der Verordnung gleichzeitig auch, wer einen erfolgreichen Abschluss einer Studienrichtung an einer Universität vorweisen kann, egal was er dort gelernt hat. Die aktuelle Regelung erscheint unsachlich und damit gleichheitswidrig. Mangels eines geeigneten Rechtfertigungsgrundes für diese Grundrechtseinschränkung soll der Befähigungsnachweis entfallen und die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Ausschank von Getränken als offenes Gewerbe allen offen stehen.
Die Regelungskompetenz der Landeshauptleute hinsichtlich der Erlassung der Verordnung zu Mindestausstattungsvorschriften für Gastgewerbebetriebe samt der Ausnahmen für Gastgewerbe mit weniger als acht Verabreichungsplätzen nach § 112 GewO sollen gestrichen werden. Eine entsprechende Verordnung der Bundesländer besteht aktuell nur in der Stadt Wien, alle anderen wurden aufgehoben. Es gibt keine dringende Notwendigkeit, die Zahl der Toiletten oder die Größe von Verabreichungsplätze mittels Verordnung vorzuschreiben, da es im Kerninteresse des Betriebsführers liegt, die diesbezüglichen Erwartungen der Gäste zu erfüllen.
In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen‚ diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Ausschuss für Wirtschaft‚ Industrie und Energie zuzuweisen.