3149/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 01.02.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Petra Tanzler, Verena Nussbaum

Genossinnen und Genossen

 

betreffend freier Zugang zu allen Bildungsformen für alle Kinder und Jugendliche

 

Österreich bekennt sich seit der Unterzeichnung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechts­konvention, UN-BRK) im Jahr 2008 zu einem inklusiven Bildungssystem. Dies bedeutet, dass niemand vom gemeinsamen Leben, Lernen und Arbeiten ausgeschlossen werden darf und für jeden Menschen die vollständige Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen sicherzustellen ist. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es dringend eine Ausweitung der Ressourcen für inklusiven Unterricht und inklusive Bildung auf allen Ebenen. Menschen mit Behinderungen müssen die gleichen Chancen im Leben haben wie Menschen ohne Behinderung. Damit einher geht auch das Recht auf gute Bildung.

 

Zu wenig Ressourcen stehen vor allem auch durch die Deckelung des Sonderpädagogischen Förderbedarfes (SPF) zur Verfügung. Ein SPF ist dann vorgesehen, wenn Kinder und Jugendliche wegen einer längerfristigen körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung dem Unterricht nicht ohne sonderpädagogische Förderung folgen können. Pflichtschüler*innen mit SPF benötigen spezielle Unterstützung im Unterricht. Zusätzliche Ressourcen für die sonderpädagogische Förderung sind jedoch seit 1992 mit 2,7% der Pflichtschüler*innen gedeckelt und wurden nie an den tatsächlichen Bedarf angepasst. Auch fehlen für die Sekundarstufe 2 entsprechende Lehrpläne. Hier braucht es dringend Änderungen und eine Aufhebung der Deckelung beim Sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF). Mehr Personal für die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung ist ebenfalls nötig.

 

Manchen Jugendlichen wird selbst der weitergehende Schulbesuch verweigert. Dies ist der Fall bei Jugendlichen mit Behinderung, die mehr als 10 Schuljahre absolvieren wollen. Während für die meisten Jugendlichen eine Bildungskarriere über die Schulpflicht hinaus selbstverständlich ist, trifft das auf Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf nicht zu. Zwar sieht das Schulunterrichtsgesetz ein freiwilliges elftes und zwölftes Schuljahr vor, doch Schülerinnen und Schüler mit SPF müssen sich eine längere Schullaufbahn von der zuständigen Bildungsdirektion bewilligen lassen. Leider wird das oftmals verweigert.

 

Handlungsbedarf gibt es auch bei den Schulassistenzen. Diese ermöglichen Kindern mit Behinderung den Besuch der Schule in ihrer Wohngemeinde. Assistent*innen und pädagogische Stützkräfte helfen bei Tätigkeiten, die Schüler*innen aufgrund ihrer Beeinträchtigung nicht ohne Hilfe ausführen können. Die Tätigkeiten reichen vom An- und Ausziehen, Hilfestellung beim Essen bis zu Unterstützung in der Klasse beim Lernen. Ziel ist es, das Kind mit Behinderung sozial in die Klasse zu integrieren, es in seiner Selbstständigkeit zu fördern und sicherzustellen, dass der/ die Schüler/-in am Unterricht und Schulalltag teilnehmen kann, ganz nach den individuellen Kompetenzen und Bedürfnissen.

 

Leider stehen Eltern von Kindern mit Behinderung oft vor bürokratischen Hürden; persönliche Assistenzkräfte werden auch nicht immer bewilligt. Aktuell läuft dazu eine Klage des Klagsverbands gegen das Bildungsministerium, damit Kinder und Jugendliche gleichberechtigt am Schulleben teilnehmen können. Im Herbst 2022 demonstrierten Menschen mit Behinderung und gingen auf die Straße für ihre Anliegen. Es braucht daher einen Rechtsanspruch auf bundesweit bedarfsgerechte persönliche Assistenz für Schüler*innen ohne Unterscheidung nach Behinderungsform und darüber hinaus eine Leistungsbeschreibung und Verbesserungen bei der Ausbildung. Hier ist neben den Gemeinden und Ländern auch der Bund gefragt, entsprechende Initiativen zu setzen und mehr Mittel zur Verfügung zu stellen.

 

In ihrem Koalitionsübereinkommen haben sich ÖVP und Grüne darauf geeinigt, dass alle Menschen mit Behinderung „einen freien Zugang zu allen Bildungsformen bis hin zum tertiären Bildungsweg“ haben sollen. „Dafür müssen den Bildungseinrichtungen die nötige Ausstattung und Hilfsmittel bereitgestellt, Lehrpersonen und Assistentinnen bzw. Assistenten ausgebildet und das Berufsausbildungsangebot ausgebaut und entsprechende Barrieren abgebaut werden.“

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, Menschen mit Behinderung den freien Zugang zu allen Bildungsformen zu ermöglichen und nach wie vor bestehende Barrieren abzubauen.

Vor allem sollen Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf einen Rechtsanspruch auf ein 11. und 12. Schuljahr haben, sowie die Deckelung der sonderpädagogischen Förderung mit 2,7% der Pflichtschüler*innen aufgehoben und an reale Gegebenheiten angepasst werden. Darüber hinaus braucht es einen Rechtsanspruch auf bundesweit bedarfsgerechte persönliche Assistenz für Schüler*innen ohne Unterscheidung nach Behinderungsform und die Unterstützung des Ausbaus auch seitens des Bundes.“

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Unterrichtsausschuss