3196/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 01.03.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Europarechtswidrige Umsetzung der PNR-Richtlinie

 

Im April 2016 hat die Europäische Union die Richtlinie (EU) 2016/681 über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) zur Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität verabschiedet. Diese Richtlinie wurde in Österreich im Jahr 2018 mit dem PNR-Gesetz (BGBI. 1 Nr. 64/2018) umgesetzt. Bei Fluggastdatenspeicherung handelt es sich um eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung, durch die alle Passagier:innen unter Generalverdacht gestellt werden. Umfangreiche Datensätze von Flugreisenden werden verdachtsunabhängig jahrelang gespeichert. Dies stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre der Bürger:innen und das Recht auf Schutz personenbezogener Daten, der jedenfalls abzulehnen ist.

Aufgrund der vermuteten Grundrechtswidrigkeit der PNR-Richtlinie hat der belgische Verfassungsgerichtshof im Oktober 2019 dem EUGH zehn Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die u.a. die Gültigkeit der PNR-Richtlinie sowie die Vereinbarkeit der belgischen Umsetzung der Richtlinie mit dem Unionsrecht betreffen. Im Urteil vom 21. Juni 2022 erkennt der EUGH an, dass die PNR-Richtlinie mit schwerwiegenden Eingriffen in die durch die Art. 7 und 8 der Charta garantierten Rechte verbunden ist. Dabei kritisiert der EUGH insbesondere die Abzielung auf die Schaffung eines Systems kontinuierlicher, nicht zielgerichteter und systematischer Überwachung, das die automatisierte Überprüfung personenbezogener Daten sämtlicher Personen einschließt, die Flugreisen unternehmen. Dennoch stellte der EUGH fest, dass die PNR-Richtlinie selbst nicht rechtswidrig ist, sie muss aber von den Mitgliedstaaten grundrechtskonform ausgelegt werden.

Bei dem Urteil handelt es sich um ein Auslegungsurteil, die Gerichte der Mitgliedsstaaten sind nun verpflichtet, das Unionsrecht in der Auslegung des EuGH anzuwenden und sämtliche innerstaatlichen Organe sind verpflichtet, die Beachtung des Unionsrechts auch innerhalb ihrer nationalen Rechtsordnung sicherzustellen. Der wissenschaftliche Dienst des deutschen Bundestages hat dazu bereits im Sommer 2022 ein Papier ausgearbeitet, das die Auswirkungen des Urteils des EUGH auf das deutsche Fluggastdatengesetz behandelt. (Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. Juni 2022 zur Auslegung der PNR-Richtlinie - Auswirkungen auf das Fluggastdatengesetz und dessen Anwendung (bundestag.de))

Um Rechtssicherheit herzustellen, werden viele EU-Mitgliedsstaaten ihre nationalen Gesetze zur Umsetzung der EU-Richtlinie voraussichtlich neu fassen und die damit einhergehende Informationssammlung einschränken müssen. Auch die österreichische Umsetzung der PNR-RL durch das PNR-Gesetz hält der vom EUGH geforderten engen grundrechtskonformen Auslegung unter anderem in folgenden Punkten nicht stand:

Vor diesem Hintergrund sollte, ganz unabhängig von der weiterhin bestehenden grundsätzlichen Ablehnung des Systems der Speicherung der Fluggastdaten, sichergestellt werden, dass in einem ersten Schritt auf nationaler Ebene zumindest der durch das Auslegungsurteil des EuGH geforderte grundrechteschonendere Zustand hergestellt werden.  

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der das PNR-Gesetz in einer Weise novelliert, die mit der vom EUGH geforderten Auslegung des Unionsrechts im Einklang steht."

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Menschenrechte vorgeschlagen.