3201/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 01.03.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Guide Michelin in Österreich

 

Reiseführer gibt es schon sehr lange und der Guide Michelin ist wohl der Bekannteste im Bereich der Spitzengastronomie. Michelin, ein Unternehmen, das eigentlich Reifen herstellt, begann im Jahr 1900 mit der Herausgabe von Reiseführern, die Autofahrer dazu verleiten sollten, ihr Land zu erkunden, Abstecher zu attraktiven Restaurants zu machen und irgendwo zu übernachten. Ein geschickter Schachzug, um längere Reisen mit dem Auto zu fördern, was wiederum zu einem größeren Reifenabsatz führen sollte. Aus dieser PR-Aktion wurde mit der Zeit ein umfassender Reiseführer, der sich auf die gehobene Gastronomie konzentriert. Der Guide Michelin ist in über 40 Destinationen weltweit vertreten und hat mit 76 % den höchsten Bekanntheitswert, gefolgt von TripAdvisor (70 %), Yelp (34 %) und Gault & Millau (31 %). 

 

Die Sichtbarkeit des kulinarischen Angebots in Österreich beeinflusst selbstverständlich auch die Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Tourismus. Zahlreiche internationale Studien haben die Wirkung von Reiseführern, insbesondere dem Guide Michelin, untersucht. Diese bestätigen, dass die Gastronomie ein externer Pull-Faktor in Bezug auf Reiseziele ist. Einige der von kulinarischen Touristen am meisten geschätzten Aspekte stehen im Zusammenhang mit der Möglichkeit, neue gastronomische Angebote auszuprobieren, die lokalen Erzeugnisse und Produkte kennenzulernen und Innovationen im Bereich der Gastronomie und Küche zu erleben. (1) Dabei wurde beobachtet, dass die Qualität, gemessen an der Anzahl der Restaurants mit Michelin-Sternen, mehr Touristen anzieht als die Quantität, gemessen an der Gesamtzahl der Restaurants. Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist, dass die Attraktivität von Sternerestaurants für ausländische Touristen größer ist als für inländische Touristen, was sich durch ihren internationalen Ruf erklärt. (2) Vertreter:innen aus dem Großhandel hielten in einem Artikel vom 31.8.2021 (3) fest, dass Österreich diesbezüglich zurückgefallen sei und somit einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den Nachbarländern erleide. In diesem Zusammenhang werden von vielen Vertreter:innen Bemühungen auf Bundesebene eingefordert, den österreichweiten Guide Michelin, den einzigen international renommierten Restaurantführer, zurück nach Österreich zu holen. In einer von NEOS eingebrachten Anfrage wurde seitens der Bundesministerin a.D. Elisabeth Köstinger festgehalten, dass vom "Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus sowie von der Österreich Werbung keine Förderungen an Reise und Restaurantführer vergeben bzw. auch keine Studien über die internationale Wahrnehmung österreichischer Betriebe bzw. deren Vertretung in internationalen Reise- und Restaurantführer in Auftrag gegeben wurde". (4)

 

Die Bundesregierung gibt aber gleichzeitig sehr viel Geld für die Bewerbung von Kulinarik in Österreich. Weitere parlamentarische Anfrage von NEOS an das BML (5) und BMAW (6) haben aufgezeigt, dass die Strukturen rund um den "Cluster Kulinarik" mehr als fragwürdig und vor allem intransparent sind. Es braucht raschestmöglich eine umfassende Aufklärung, damit für die Steuerzahler:innen klar ist, wie hier vorgegangen wird. Auf der einen Seite wird durch das Handeln von diversesten Vereinen und Gesellschaften das Geld ziellos aus dem Fenster geworfen und auf der anderen Seite herrscht offensichtlich kein Handlungsbedarf seitens des BML in irgendeiner Art und Weise einen Funken an Transparenz in diese Causa zu bringen. Viele Fragen rund um Vereine, die in diesem Cluster eine Rolle spielen, wurden vom Ministerium nicht beantwortet. Wenn eine Förderung in Höhe von 6.500.000 EUR genehmigt wurde und die EU, der Bund und die Länder diese Mittel freigeben, dann sollte es eine Sache der Selbstverständlichkeit sein, für Transparenz zu sorgen. Was dann allerdings nicht verschwiegen wurde, ist, dass innerhalb des "Cluster Kulinarik" zwischen 2019 und 2021 die Personalkosten bei satten 4,1 Mio. EUR für durchschnittlich fünf Personen, die Vollzeit arbeiteten, lagen. Das ergibt ein Jahresgehalt von 273.333,33 EUR und ein Monatsgehalt von 19.523,81 EUR - nur zum Vergleich: Minister verdienen 19.072,00 EUR. Zudem gehören Falstaff, ORF und Servus.com zu den großen Profiteuren bei Inseraten oder Advertorials - alleine bei Falstaff sind es in Summe etwa 250.000,00 EUR. Von solidem Wirtschaften und vernünftigem Abwägen der möglichen Optionen bleibt wenig übrig. Hier gehört so schnell wie möglich Klarheit und vor allem umfassende Transparenz in dieses Gesamtnetzwerk her. 

 

Durch eine ergebnisoffene Bewertung bisher investierter Fördergelder und Werbebudgets im Bereich Kulinarik sollten mögliche neue Maßnahmen erarbeitet werden, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Gastronomie sicherzustellen. Zudem muss im Lichte des Fachkräftemangels alles daran gesetzt werden, Fachkräfte nicht nur in Österreich auszubilden, sondern auch als Arbeitsstandort attraktiv zu sein. Aktuell ist es sogar so, dass der Spitzennachwuchs das Land nicht nur für Weiterbildungen oder zum Erfahrungen sammeln verlässt, sondern er kehrt oft auch nicht mehr zurück, weil die Karrierechancen begrenzt sind.

 

Aus NEOS Sicht sollte rasch evaluiert werden, wie dazu beigetragen werden kann, dass der Guide Michelin in Zukunft wieder in ganz Österreich vertreten ist. Bundesminister Kocher und die Staatssekretärin für Tourismus Kraus-Winkler werden daher aufgefordert, Gespräche mit allen relevanten Stakeholdern (Guide Michelin, Österreich Werbung, Tourismusverbände, Wirtschaftskammer, Unternehmensvertreter, etc.) mit dem Ziel aufzunehmen, den Guide Michelin wieder in ganz Österreich einzuführen.

 

 

Quellen:

  1. Daries, N., Marine-Roig, E., Ferrer-Rosell, B., & Cristobal-Fransi, E. (2021). Do high-quality restaurants act as pull factors to a tourist destination? Tourism Analysis (Special issue on Wine and Culinary Tourism Futures), 26(2-3), 195-210
  2. Castillo-Manzano, J. I., Castro-Nuño, M., Lopez-Valpuesta, L., & Zarzoso, Á. (2021). Quality versus quantity: An assessment of the impact of Michelin-starred restaurants on tourism in Spain. Tourism Economics, 27(5), 1166–1174.
  3. https://www.derstandard.at/story/2000129297330/bemuehungen-guide-michelin-fuer-ganz-oesterreich
  4. https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/7602/imfname_1008217.pdf
  5. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/13209?selectedStage=100
  6. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/13206

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, Gespräche mit allen relevanten Stakeholdern (Guide Michelin, Österreich Werbung, Tourismusverbände, Wirtschaftskammer, Unternehmensvertreter, etc.) mit dem Ziel aufzunehmen, den Guide Michelin wieder in ganz Österreich einzuführen."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Tourismusausschuss vorgeschlagen.