3206/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 01.03.2023
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Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Aufklärung im Rahmen des Schulmilchprogramms

 

Schon seit 1930 gibt es in Österreich die Schulmilchaktion, die seit 1977 auch von der Europäischen Union unterstützt wird. Das EU-Schulprogramm will Kindern und Jugendlichen Wissen über gesunde Ernährung, Produktvielfalt, Saisonalität und Regionalität vermitteln (1). Eine vielfältige Produktpalette bestehend aus Konsummilch, Sauer- und Buttermilch, Naturjoghurt, aber auch Kakao, Fruchtjoghurt und Fruchtmilch, wird gefördert. Auch Ziegenmilchprodukte für Kinder und Jugendliche mit Kuhmilchallergie werden angeboten. Auf der Homepage des Landwirtschaftsministeriums findet sich zur Schulmilch folgendes: "Milch- und Milchprodukte zählen zu den ernährungsphysiologisch wertvollsten Lebensmittel, da sie viel Eiweiß mit hoher biologischer Wertigkeit, leicht verdauliche Fette und Calcium liefern. Der Konsum liegt bei Kindern und Jugendlichen unter den Empfehlungen der Ernährungsexperten. Oft sind die Schulmilchprodukte die erste Mahlzeit für viele Kinder und Jugendliche, weil sie ohne Frühstück in die Schule kommen. Als wertvolle Pausenverpflegung helfen die Schulmilchprodukte, den Leistungsknick zu verhindern(2)."

Auf den Postern, die Schulen durch die AMA mit finanzieller Unterstützung der EU zur Verfügung gestellt werden, liest man: "Die meisten Kälber werden in der Milchkuhhaltung geboren, wo die Kühe für gewöhnlich einmal im Jahr ein Kalb bekommen. So wird auch gewährleistet, dass Milchkühe regelmäßig und genug Milch geben. Die Kälber kommen anfangs in einen speziellen Aufzuchtstall. Dieser ist meist mit einer Einstreu aus Stroh besonders auf die speziellen Bedürfnisse der Kälber ausgelegt. Anbindehaltung ist gesetzlich verboten. Rinder müssen die Möglichkeit zu Bewegung, Auslauf oder Weidegang an mindestens 90 Tagen im Jahr haben..." Und weiter: "Bleiben die Kälber bei den Muttertieren, spricht man von Mutterkuhhaltung. In dieser sehr arbeitsextensiven Haltungsform ist die klassische Weidehaltung üblich. Gerne wird diese Haltungsart in der biologischen Bewirtschaftung eingesetzt." Auf weiteren Postern erfahren die Schülerinnen und Schülern dann, dass Milchwirtschaft die Grundlage vieler Bauern sei, man auf kurze Transporte Wert legt und eine Kuh am Tag etwa 25 Liter Milch gibt(3).

Etwa die Hälfte der Kälber sind männliche Tiere, die nicht in den Kreislauf der Milchviehwirtschaft passen und daher einer anderen Verwendung zugeführt werden müssen (= geschlachtet), auch fast die Hälfte der weiblichen Kälber ist von diesem Schicksal betroffen sind(4).

Dass Milchkuhhaltung die Trennung von Kuh und Kalb bedeutet, erfährt man nicht. Für beide ist das etwa laut VierPfoten eine erhebliche psychische Belastung. Kühe sind ausgesprochen soziale Lebewesen und ihren Kälbern gegenüber sehr fürsorglich. Die Mutterkuh ruft oft verzweifelt nach ihrem Kalb. Wächst das Kalb nicht bei seiner Mutter auf, ist es oft krankheitsanfälliger. Es erhält nur Milchersatz aus einem Eimer – und das aus Zeitgründen meist nur zweimal pro Tag. Kann das Kalb am Euter der Mutter saugen, tun sie das sechs bis acht Mal am Tag. Bei der Milchersatzfütterung sind die Kälber entsprechend hungrig und trinken sehr hastig. Das kann zu lebensbedrohlichem Durchfall führen. Die Folge: Rund zehn Prozent der Kälber in Milchbetrieben sterben. (5)

Tierische Lebensmittel sind zudem eine der Hauptursachen des anthropogenen Klimawandels. Was wir essen und wie wir dieses Essen erzeugen, hat erheblichen Einfluss auf das Klima. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) schätzt, dass zwischen 21 und 37 Prozent der gesamten globalen Treibhausgasemissionen auf unsere Ernährung zurückgehen. Betrachtet wird dabei die gesamte Lebensmittelkette vom Acker bzw. Stall bis auf den Teller. Tierische Lebensmittel wie Fleisch, Eier, Butter oder Käse schneiden hier meist schlechter ab als pflanzliche. Pflanzliche Lebensmittel verursachen nur knapp ein Drittel der auf die Ernährung zurückzuführenden Treibhausgasemissionen. Der 6. Sachstandsbericht des Weltklimarates (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) befasst sich unter anderem mit der Frage, wie die Herstellung von Fleisch auf pflanzlicher Basis und die Kultivierung von Fleisch aus Zellen die Emissionen erheblich reduzieren können (6,7).

In den Arbeitsblättern die schulstufenspezifisch gestaltet wurden, findet man keine Aufklärung über Folgen für den Klimawandel oder über pflanzliche Milchalternativen, oder über Tiere, die nicht in die Kreislaufwirtschaft passen(8). Eine ausgewogene Aufklärung, die altersspezifisch aufbereitet ist, und auch die Aspekte des Tierschutzes, der Kreislaufwirtschaft und des Klimawandels beinhaltet, wäre zeitgemäß und zukunftsorientiert und ist somit längst überfällig. 

  1. https://noe.lko.at/qualit%C3%A4t-z%C3%A4hlt-gutes-zeugnis-f%C3%BCr-schulmilchaktion+2400+2863042
  2. https://info.bml.gv.at/themen/lebensmittel/eu-international/weltschulmilchtag.html
  3. https://b2b.amainfo.at/fileadmin/user_upload/AMA_Poster.pdf
  4. https://www.provieh.de/2021/05/die-ueberschuessigen-kaelber-der-milchviehhaltung/
  5. https://www.vier-pfoten.at/kampagnen-themen/themen/nutztiere/milchkuehe
  6. https://www.landwirtschaft.de/diskussion-und-dialog/umwelt/wie-klimaschaedlich-sind-tierische-lebensmittel
  7. https://gfieurope.org/de/blog/ipcc-report-pflanzenbasiertes-und-kultiviertes-fleisch-konnen-eine-entscheidende-rolle-bei-der-halbierung-der-globalen-emissionen-bis-2030-spielen/
  8. AMA: Rund um Schulmilch (amainfo.at)

 



Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, wird aufgefordert, gemeinsam mit dem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, die Schul- und Aufklärungsmaterialien zur Schulmilchaktion In Hinblick auf Tier- und Klimaschutz sowie pflanzliche Milchalternativen hin zu überarbeiten und spätestens ab dem Schuljahr 2023/24 in Schulen anzubieten."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuss vorgeschlagen.