321/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 27.02.2020
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

 

 

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Etablierung eines Risikostrukturausgleichs

Unterschiedliche Finanzkraft aufgrund der unterschiedlichen Versichertenstruktur

Ein Vergleich von Krankenkassen und Krankenfürsorgeanstalten zeigt, dass die Finanzkraft und Vermögenslage sehr unterschiedlich ist. So besitzt die ÖGK eine unterdurchschnittliche Finanzkraft (EUR 1915) und sehr wenig Reinvermögen je Kopf (EUR 180), obwohl sie sehr niedrige Verwaltungsaufwände je Kopf (EUR 61) aufweisen. Die Finanzkraft- und Vermögensunterschiede liegen also weniger an einer möglichen Ineffizienz, sondern in erster Linie an den unterschiedlichen Versichertenstrukturen. Wesentliche Merkmale sind dabei Einkommen, Alter, Morbidität und Sozioökonomie.

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Sozialversicherungsstudien 2017

Bezüglich der Unterschiede haben die drei Sozialversicherungsstudien aus 2017 (IV/IHS, WKÖ/c-alm, BMASK/LSE) festgestellt, dass im österreichischen Kassensystem ein umfassender Risikostrukturausgleich (RSA) fehlt und nötig ist. Ergebnis der Studien war außerdem, dass ohne diesen Finanzkraftausgleich keine gleichwertigen Leistungskataloge möglich sind. In modernen Kassensystemen wie in Deutschland, Holland und der Schweiz sind RSAs bereits etabliert und garantieren faire Wettbewerbsbedingungen unter den Kassen. Aber gerade in Österreich ist ein Risikostrukturausgleich unumgänglich, da die Versicherten ihre Kasse nicht wechseln dürfen, wenn sie benachteiligt werden.

Wie funktioniert ein Risikostrukturausgleich - Beispiel: Gesundheitsfonds-Lösung

Im ersten Schritt werden die Beiträge in einem Gesundheitsfonds gesammelt. Danach werden den einzelnen Kassen für jeden Versicherten alters- und geschlechtsadjustierte Grundpauschalen zugewiesen, die beispielsweise um Morbiditätspauschalen aufgewertet werden können. Berechnet werden die Pauschalen mit Hilfe von Regressionsmodellen, in die versichertenbezogene Merkmale (Alter, Geschlecht) und Kostendaten als Variablen einfließen. Die Modelle können um beliebige gesundheitsbezogene Variablen (z.B. Morbidität, Sozioökonomie) erweitert werden. Dabei ist es allerdings unüblich, dass über den RSA Merkmale ausgeglichen werden, die von den Kassen beeinflusst werden können. Dazu zählt beispielsweise das regionale Angebot, welches für die österreichischen Kassen durch die Stellenplanung steuerbar ist.

Einen Kurzüberblick zu den wichtigsten Kassensystemen mit Risikostrukturausgleichen hat zuletzt Prof. Florian Buchner (FH Kärnten) gegeben: https://www.wido.de/fileadmin/Dateien/Dokumente/Publikationen_Produkte/GGW/wido_ggw_0118_buchner.pdf

Gewinner und Verlierer eines RSA

Anhand des folgenden Diagramms kann man erkennen, welche Kassen von einem RSA profitieren würden und welche verlieren würden. Kassen, die (weit) über der schwarzen Linie liegen, würden durch den RSA Finanzmittel an andere Kassen abgeben müssen. Kassen, die (weit) unter der schwarzen Linie liegen, würden zusätzliche Finanzmittel erhalten. Konkret profitieren würden die SVA, die SVB und die speziell die älteren GKKn (BGKK, KGKK, StGKK, NÖGKK). Signifikant verlieren würden hingegen die BVA, die BKKn und die Krankenfürsorgeanstalten (dargestellt durch die KFA Salzburg). Die restlichen Kassen würden nur leicht gewinnen oder leicht verlieren.

Erklärung des Diagramms: Die Kassen wurden anhand ihrer Beitragseinnahmen je Versicherten und der Pensionistenquote (Altersindex) dargestellt. Die schwarze Linie (Regressionslinie) stellt den altersstandardisierten, durchschnittlichen Finanzbedarf dar - dieser errechnet sich aus der "Punktwolke".

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Erklärung der Farben: rot=Verlierer, blau=neutral, grün=Gewinner

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage zur Etablierung eines Risikostrukturausgleichs auf Basis von internationaler Evidenz und den drei Sozialversicherungsstudien aus dem Jahre 2017auszuarbeiten. Solange der Risikostrukturausgleich nicht eingeführt ist, sollen die Mitglieder des Nationalrates und der Bundesregierung bei der ÖGK versichert sein."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuss vorgeschlagen.