3235/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 01.03.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS,

Genossinnen und Genossen,

 

betreffend Wie können beschlagnahmte kriminelle Vermögenswerte sinnvoll genutzt werden?

 

BEGRÜNDUNG

 

Die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption muss vorangetrieben werden. Dies erfordert auch die möglichst umfassende Beschlagnahme von illegal erwirtschafteten Profiten und weiteren illegal erworbenen Vermögensgegenständen.

Beschlagnahmte Vermögensgegenstände und weiteres beschlagnahmtes Eigentum, beispielsweise Gebäude oder Fahrzeuge, sollen einer „guten“ Verwendung zugeführt werden, sodass die Gesellschaft insgesamt davon profitiert in Form der so genannten "sozialen Wiederverwendung". Dies kann durch die Finanzierung bestimmter Projekte erreicht werden, deren Ziel die Stärkung der Kapazitäten des Staates zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und Beschlagnahme weiterer illegal erworbener Vermögensgegenstände oder die Wiedergutmachung der durch Kriminelle verursachten Schäden für bestimmte Bevölkerungsgruppen, Gemeinschaften, Städte oder Regionen ist.

 

Mit diesem Thema befasst sich unter anderem der zuständige Ausschuss für Rechtsangelegenheiten und Menschenrechte im Europarat und das Plenum verabschiedete einen dementsprechenden Bericht.. In den Arbeitspapieren des Ausschusses führt der Berichterstatter auch bereits bestehende nationale Beispiele an. Beeindruckend sind jene Projekte, die in Italien bereits seit Jahren geübt werden, wobei der Umgang mit der Mafia diese Reformen auslöste.

 

Fünfzehn Jahre nach der Verabschiedung des diesbezüglichen Gesetzes sind die Auswirkungen spürbar. Häuser, die früher der Mafia gehörten, wurden in Polizeistationen, Kultur- oder Ausbildungszentren, Zentren zur Therapie von Drogenkonsumenten oder Unterbringungszentren für Flüchtlinge und Migranten umgewandelt.

„Während meines Informationsbesuchs in Rom hatte der Berichterstatter für den Europarat die Gelegenheit, ein besonders beeindruckendes Projekt zu besichtigen, das Teil der Initiative "Talento & Tenacia" der Region Latium und der Stadt Rom ist - ein Finalist in einem von der Europäischen Union organisierten Wettbewerb. Ein ganzes Viertel war von einem mächtigen Mafia-Clan "kolonisiert" worden. Dem Staat gelang es, dieses Gebiet zurückzuerobern, indem er eine riesige (ohne Genehmigung gebaute) Villa abriss und durch einen "Park der Legalität" mit Sportplätzen, einer Bibliothek usw. ersetzte. Andere Villen in diesem Viertel, die demselben Clan gehörten, wurden in ein Aufnahmezentrum für junge Menschen in Schwierigkeiten (einschließlich junger unbegleiteter Migranten), ein Sozialzentrum für autistische Kinder und in Räumlichkeiten für verschiedene Sozial- und Sportvereine umgewandelt.“[1]

Verschiedene Formen der sozialen Wiederverwendung beschlagnahmter illegal erworbener Vermögensgegenstände werden bereits auch in anderen Mitgliedstaaten des Europarates praktiziert, neben Italien waren dies das Vereinigte Königreich und Spanien und in geringerem Umfang  Albanien, Estland, Frankreich, Georgien, Lettland, der Republik Moldau, Montenegro, Norwegen, Rumänien, Slowenien, der Türkei und Ungarn Beispiele für nationale Regelungen in diesem Zusammenhang.

 

Anstatt die eingezogenen Vermögensgegenstände einfach pauschal in den nationalen Haushalt zu überführen, könnten solche Projekte ein klares Zeichen und eine sichtbare Botschaft an alle senden, dass sich Kriminalität nicht lohnt und die Gesellschaft bereit ist, sich zur Wehr zu setzen und auch illegal erworbene Gewinne zur Bekämpfung von Straftaten und Kompensation der dadurch entstandenen Schäden zu nutzen. Solche Projekte stärken die Resilienz der betroffenen Gemeinschaften gegenüber Kriminalität und Korruption, indem sie zeigen, wie beschlagnahmtes Eigentum und beschlagnahmte Vermögensgegenstände einer sozialen Verwendung zugeführt werden können – ganz im Gegensatz zu den Härten, die die Kriminalität mit sich bringt.

Der Staat muss stärker sein als die organisierte Kriminalität und den an Kriminelle verlorenen Boden zurückgewinnen. Die Behörden müssen sich sichtbar und langfristig verpflichten, das Vertrauen der betroffenen Bevölkerungsgruppen zu gewinnen.

 

Die Europäische Union hat ebenfalls die soziale Wiederverwendung von beschlagnahmten illegal erworbenen Vermögensgegenständen gefordert (Verordnung (EU) 2018/1805). In Nr. 47 der Präambel dieser Verordnung heißt es: "Sichergestellte und eingezogene Vermögensgegenstände könnten vorrangig Projekten im Bereich der Strafverfolgung und der Prävention der organisierten Kriminalität sowie anderen Projekten von öffentlichem Interesse und gesellschaftlichem Nutzen zugutekommen."

 

Es ist daher höchst an der Zeit, auch solche Projekte in Österreich umzusetzen und die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Die unterfertigen Abgeordneten stellen daher folgenden


 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, werden aufgefordert, ehestmöglich dem Nationalrat einen Vorhabensbericht vorzulegen, in welchem für Österreich gesetzliche Maßnahmen vorgeschlagen werden, um durch organisierte Kriminalität und sonstige Korruptionsdelikte erworbene Vermögenswerte und -gegenstände beschlagnahmt werden können und in Folge von einer dafür eingesetzten Institution diese Vermögenswerte und

-gegenstände sozialen und symbolischen Zwecken gewidmet und dadurch der Gesellschaft rückgeführt und so sozial wiederverwendet werden.

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.



[1] siehe das Dokument des Europarates AS/Jur (2022) 03