3239/A XXVII. GP

Eingebracht am 01.03.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag und Verlangen

 

der Abgeordneten Jan Krainer,

Genossinnen und Genossen

 

auf Gebarungsprüfung durch den Rechnungshof gemäß § 99 Abs. 2 GOG iVm §26 GOG

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten verlangen gemäß § 99 Abs. 2 GOG, dass der Rechnungshof eine Gebarungsprüfung hinsichtlich der Eigenveranlagungen der Österreichischen Nationalbank (OeNB) in den Finanzjahren 2019, 2020, 2021 und 2022 vornimmt und dabei insbesondere

-           die entsprechenden Veranlagungsstrategien samt ihrer Ziele und Kriterien, die Veranlagungsrichtlinien und allfällige diesbezügliche Änderungen,

-           das Funktionieren der internen Verfahren in der OeNB in Hinblick auf Risikomanagement und Governance,

-           die Wahrnehmung der Eigentümer- und Aufsichtsrechte durch das Bundesministerium für Finanzen

auf ihre Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit überprüft.

 

Vom Rechnungshof sollen dabei u.a. folgende Aspekte näher geprüft werden:

·          Welche Veranlagungskreise (z.B.: Jubiläumsfonds, Pensionsfonds, etc.) gibt es in der OeNB im Rahmen der Eigenveranlagung? Existieren für diese Kreise unterschiedliche Veranlagungsrichtlinien bzw. -strategien? Falls ja, sollten die nachfolgenden Fragen auch getrennt – je nach Veranlagungskreis – geprüft werden.

o    Wie hoch waren die Volumina, mit denen die OeNB im Rahmen ihrer Eigenveranlagung in den Jahren 2019, 2020, 2021 und 2022 – gehandelt hat. Wie hoch war dabei das durchschnittliche Engagement in unterschiedlichen Veranlagungskategorien (insbesondere GovernmentBonds, CorporateBonds und Equities)?

o    Wie hoch war das Veranlagungsergebnis (Gewinne/Verlust) in den Jahren 2019, 2020, 2021 und 2022 in den jeweiligen Veranlagungskategorien? Warum ist es im Jahr 2022 dabei zu solch hohen Verlusten auch im Rahmen der Eigenveranlagung gekommen und gab es eine aktive Entscheidung der OeNB (und falls ja, wann) sich im Rahmen der Eigenveranlagung stärker auf riskantere Papiere – insbesondere Aktien – zu fokussieren?

o    Welche Veranlagungsrichtlinien und -strategien kennt die OeNB im Rahmen der Eigenveranlagung und welches Direktoriumsmitglied ist für diese Richtlinien/-strategien verantwortlich?

o    Zu welchem Zeitpunkt oder in welchen Zeitpunkten – und auf wessen Betreiben – wurden in der OeNB die Veranlagungsrichtlinien sowie Strategien für die Eigenveranlagung geändert? Wer machte diesen Vorschlag? Welches Gremium wurde darüber informiert und gab es dazu (und falls ja, zu welchem Zeitpunkt) auch eine Information an das Finanzministerium?

o    In welchen Punkten wurden die Veranlagungrichtlinien bzw. die Strategie inhaltlich verändert? Wie haben sich die inhaltlichen Änderungen betraglich auf den Verlust ausgewirkt?

o    Ab welchem Zeitpunkt und warum hat die OeNB im Rahmen der Eigenveranlagung auch mit Aktien gehandelt und spekuliert?

o    Gibt es eine Begründung, warum die OeNB im Rahmen ihrer Eigenveranlagung (also nicht innerhalb ihres Mandats im EZB-System) mit Aktien handelt?

o    Bestehen Interessens- oder Zielkonflikte, soweit die OeNB einerseits im Rahmen der Eigenveranlagung Finanzinvestitionen (-vermögen) hält und in diese zusätzlich investiert und andererseits aber finanz-/geldmarkstabilisierende Maßnahmen in der Krise setzen muss?

·          Wann wurde der Staatskommissär über diese Änderung unterrichtet und wurde diese Information an das Bundesministerium für Finanzen und den zuständigen Bundesminister für Finanzen weitergetragen?

·          Wann erfuhr der Bundesminister für Finanzen selbst erstmals von den Verlusten?

·          Ab welchem Zeitpunkt wusste das Bundesministerium für Finanzen über die Änderungen der Veranlagungsrichtlinien bzw. der -strategie Bescheid?   

·          Hat das Bundesministerium für Finanzen die Änderungen der Veranlagungsrichtlinien/-strategie in der OeNB in irgendeiner Art und Weise beeinsprucht oder kommentiert?

·          Welche Schritte wurden im Bundesministerium für Finanzen nach Bekanntwerden der Verluste gesetzt?

·          Welche Auswirkungen haben die Veranlagungsverluste der OeNB auf die Dividendenabfuhr an den Staatshaushalt für das aktuelle und die kommenden fünf Jahre?

 

Begründung:

 

In der 195. Sitzung des Nationalrates am 31.1.2023 wurde an den Finanzminister von der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion eine Dringliche Anfrage betreffend „Milliarden-Spekulationsverluste der Nationalbank unter Verantwortung von ÖVP-Mann Steiner - und Finanzminister Brunner vertuscht!“ gerichtet.

In der Beantwortung[1] hat der Finanzminister die Fragen sehr großzügig zusammen gefasst und damit wesentliche Inhalte nicht oder nur sehr oberflächlich beantwortet. Jedenfalls waren die Antworten bemerkenswert unkonkret, kann man doch davon ausgehen, dass das Finanzministerium Detailinformationen zu den – medial bereits bestätigten -  Spekulationsverlust der Nationalbank haben müsste.

 

Ende November 2022 sprachen erste Medienberichte zunächst lediglich von Verlusten von mehreren hundert Millionen Euro, die in steigenden Zinsen und niedrigen Renditen von Staatsanleihen begründet seien. Am 21.1.2023 kam es dann zu einem Knalleffekt. Im Rahmen eines Presse-Interviews ließ, der von der ÖVP fürs Direktorium nominierte, OeNB-Direktor Thomas Steiner die Katze aus dem Sack. Er musste eingestehen, dass es nicht um ein paar Millionen Euro gut erklärbare Wertberichtigungen, sondern es tatsächlich um insgesamt 2 Milliarden Euro an Verlusten geht. Direktor Steiner musste im Rahmen dessen auch zugeben, dass nicht die Geldpolitik der EZB für die Verluste verantwortlich ist, sondern es sich hierbei auch um Spekulationsverluste aus Eigenveranlagung handelt, die ausschließlich unter seiner Verantwortung entstanden sind. Es waren nicht nur externe Ereignisse - die Spekulationsverluste sind teilweise offenbar hausgemacht.

 

Hintergrund dürfte sein, dass in den letzten Jahren unter Direktor Steiner - in seiner Verantwortung - die Veranlagungsvorschriften der OeNB verändert wurden. Erst dadurch dürfte es ermöglicht worden sein, dass die OeNB sich stärker im Aktienhandel engagiert hat.

 

Auf Basis des Nationalbankgesetztes hätte der Finanzminister über diese Spekulationsverluste wohl schon im Jahr 2022 informiert werden müssen:

-       der vom Finanzminister bestellte Staatskommissär (bzw. dessen Stellvertreter) ist berechtigt an den Generalversammlungen und den sowie den Sitzungen des Generalrates der OeNB mit beratender Stimme teilzunehmen (§ 40 NBG);

-       der Staatskommissär des Finanzministeriums kann verlangen, dass innerhalb von acht Tagen eine Sitzung des Generalrates einberufen wird, dieser tagt in der Regel aber ohnehin monatlich (§ 28 NBG);

-       das Direktorium berichtet dem Generalrat periodisch, in der Regel monatlich über die Abwicklung und den Stand der Geschäfte sowie über sonstige bedeutsame, den Betrieb betreffende Vorkommnisse, der Präsident kann darüber hinaus auch bei wichtigem Anlass Bericht erstatten (§ 32 NBG);

-       der Bund, als Alleinaktionär, wobei der Finanzminister die Aktionärsrechte ausübt (§ 9 NBG), kann, sofern dies nicht im Rahmen der regelmäßigen Generalversammlung erledigt werden kann, die Abhaltung einer außerordentlichen Generalversammlung verlangen (§ 10 NBG).

 

Auf Basis der geltenden Rechtslage stellt sich also die Frage, ob der Finanzminister über die Vorgänge in der OeNB informiert war, falls ja, ab welchem Zeitpunkt, und warum weder die Öffentlichkeit über die Spekulationsverluste zeitnah informiert noch erkennbar Maßnahmen gesetzt wurden, um die Verluste zu begrenzen.

 

 

 

Rendi Wagner

 

Bayr

 

Becher

 

Ecker

 

Erasim

 

Feichtinger

 

Holzleitner

 

Köchl

 

Krainer

 

Kucharowits

 

Kucher

 

Kuntzl

 

Lindner

 

Matznetter

 

Nussbaum

 

Oxonitsch

 

Stöger

 

Tanzler

 

Troch

 

Wimmer R.

 



[1] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/NRSITZ/195?selectedStage=111