3266/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 29.03.2023
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Christian Drobits,
Genossinnen und Genossen
betreffend 3-jährigen Tilgungsplan für Verbraucher*innen auf Dauer beibehalten
In der jüngsten Novelle der Insolvenzordnung (RIRUG, Inkrafttreten 17.7.2021) wurde eine 3-jährige Entschuldungsform in Form des Tilgungsplans für Unternehmer*innen und Verbraucher*innen eingeführt. Dieses Vorgehen folgt einer Empfehlung der EU in der zugrundeliegenden Richtlinie, die Gleichbehandlung aller Schuldner*innengruppen vorschreibt.
Es gibt allerdings eine Besonderheit bei den Regelungen für Verbraucher*innen: § 199 IO normiert, dass diese nur bis zum 16. Juli 2026 von der 3-jährigen Entschuldungsoption Gebrauch machen können – danach steht ihnen nur noch die 5-jährige Abschöpfungslösung zur Verfügung.Der Gesetzgeber begründete diese Befristung im Zuge der Gesetzwerdung mit der (schnelleren) Aufarbeitung von Corona-Folgen, übersieht dabei allerdings, dass die zugrundeliegende EU-Richtlinie keinen Bezug zu Corona hat und seitens der EU schon weit vor der Pandemie beschlossen wurde. Vielmehr scheint die Befristung ein politischer Kompromiss gewesen zu sein, der fachlich und sachlich nicht zu begründen ist.
Neben zahlreichen auftretenden rechtspolitischen Fragen hätte eine unterschiedliche Entschuldungsdauer für (ehemalige) Unternehmer*innen und Verbraucher*innen auch weitreichende wirtschafts- und sozialpolitische Folgen, die – gerade im Lichte der aktuellen sozialen und wirtschaftlichen Lage – nicht gewünscht sein können.
Es wird auf folgende Punkte hingewiesen:
Es ist daher wichtig, eine Lösung zu erarbeiten, die den notwendigen Spielraum für eine ausgleichende Gerechtigkeit bietet.
Durch geeignete Maßnahmen sollte ein möglichst hohes Maß an Schuldentilgung ermöglicht werden.
Eine Änderung der Insolvenzordnung muss sorgfältig vorbereitet und durchdacht sein und bestimmte Anforderungen erfüllen:
- Wachstumsfördernde Auswirkungen haben,
- Gleichheitswidrigkeit vermeiden,
- Die Ausweisbarkeit von Erfolgen gewährleisten sowie
- Unternehmer*innen gleichermaßen unterstützen.
In seiner Aussendung zur Konkursstatistik 2022 analysiert der Gläubigerschutzverband KSV 1870, dass Frauen oft wegen übernommener Haftungen in die Privatinsolvenz schlittern. Dies bringe vor allem Frauen in Kombination mit den zuletzt gestiegenen Kosten häufig in eine finanzielle Schieflage, aus der sie sich ohne Hilfe nicht mehr befreien könnten. Bei Gericht stelle man immer wieder fest, dass „Frauen unschuldig zum Handkuss kommen“ und für die Schulden des Ex-Partners geradestehen müssten.[1]
Es ist daraus zu schließen, dass selbst Gläubiger-Vertreter*innen zu der Erkenntnis gelangt sind, dass bei der Regelung von Schulden auch ein Augenmerk auf soziale Einflussfaktoren gelegt werden muss. Vor diesem Hintergrund wäre es sozialpolitisch widersinnig und gesellschaftspolitisch kontraproduktiv, Verbraucher*innen eine (wieder) längere Entschuldungsdauer vorzuschreiben.
Praktische Probleme in der Insolvenzabwicklung
Ein wesentlicher Aspekt bei einer im Raum stehenden Verlängerung des Konkursverfahrens wären die zu erwartenden immensen Ressourcenschwankungen bei allen Verfahrensbeteiligten. Liefe die Möglichkeit einer 3-jährigen Entschuldung mit 16. Juli 2026 aus, wäre wohl ein enormer Andrang vor dem Auslaufen der kurzen Entschuldung bei den Schuldenberatungen zu verzeichnen, weil viele Betroffene die kürzere Entschuldung anstreben. Unter Zeitdruck müssten viele Verfahren vorbereitet werden, zumal die staatlich anerkannten Schuldenberatungen für 70,9 Prozent[2] der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren verantwortlich zeichnen. In der Folge wären die Gerichte mit einer großen Zahl von Insolvenzanträgen konfrontiert, die unter Zeitdruck eröffnet werden müssten. Nach der zu erwartenden Welle an Insolvenzen wäre nach dem 16. Juli 2026 mit einem starken Rückgang der Insolvenzen zu rechnen. Es gilt, auch diese praktischen Probleme in der Insolvenzabwicklung mit zu berücksichtigen.
Auch aus diesem Grund ist es angebracht, zeitnah für eine Klarstellung der entsprechenden Regelung zu sorgen. Zudem muss allen Verfahrensbeteiligten die notwendige Planungs- und Rechtssicherheit ermöglicht werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, gemeinsam mit der Bundesministerin für Justiz zeitnah eine Änderung der Insolvenzordnung auf den Weg zu bringen, mit der die Befristung der 3-jährigen Entschuldung im Tilgungsplan für Verbraucher*innen (§ 199 IO) abgeschafft wird, wodurch auch für Verbraucher*innen die Möglichkeit der 3-jährigen Entschuldung auf Dauer bestehen bleibt.“
Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Konsumentenschutz