3269/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 29.03.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer,  , Kolleginnen und Kollegen

betreffend Mehr Aktivitätsanreize ins Steuer- und Abgabensystem

 

Mehr als 47 Prozent des erwirtschafteten Einkommens fließen bei einem durchschnittlichen Vollzeitangestellten in Form von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen an den Staat (nur in Deutschland und Belgien sind es noch mehr). Österreich weist vor allem im Bereich zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigung eine im internationalen Vergleich hohe Grenzbelastung auf.(1)

Zusätzlich bestehen im Sozialversicherungssystem finanzielle Anreize, Teilzeit statt Vollzeit zu arbeiten, länger in Arbeitslosigkeit zu bleiben, bzw. früher in Pension zu gehen. Angesichts des nicht zuletzt durch die Pandemie verschärften Arbeitskräftemangels und der Auswirkungen des sich rasch beschleunigenden demographischen Wandels auf den Arbeitsmarkt sollten die Arbeitspotentiale im österreichischen Arbeitsmarkt jedoch besser ausgenützt werden, um individuellen und gesamtstaatlichen Wohlstandstverlusten entgegenzuwirken.

Im Österreichischen Abgaben- und Beitragssystem bestehen eine Reihe von "Inaktivitätsanreizen": Konkret ist es - nicht zuletzt auch in Kombination mit Transferzahlungen verschiedener Gebietskörperschaften - in gewissen Situationen finanziell wenig sinnvoll für Arbeitnehmer:innen, überhaupt eine Beschäftigung aufzunehmen oder die von ihnen angebotenen Wochenarbeitsstunden auszuweiten.(2)

Mehr als ein Zehntel des aktuellen Arbeitskräftepotenzials droht Österreich laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts Economica bis 2030 zu verlieren. Der derzeitige Mangel an Fach- und Arbeitskräften wird also zusehends für eine Gefahr für Österreichs Wohlstand zu werden - wobei das Problem nicht nur Österreich, sondern ganz Europa betrifft. (3) NEOS hat in den letzten Monaten bereits Vorschläge gemacht, wie zusätzliche Anreize im Abgabensystem geschaffen werden könnten, um mehr Menschen für eine Vollzeitbeschäftigung zu motivieren - wie einen steuerlichen Absetzbetrag (Bonus) für Vollzeitbeschäftigte (4) und eine Ausweitung der Steuerbegünstigung von Überstunden.(5)

In Österreich nehmen in erster Linie Frauen die Möglichkeit zur Teilzeitbeschäftigung in Anspruch. 2022 arbeiteten 50,7 Prozent der erwerbstätigen Frauen Teilzeit. Demgegenüber lag der Anteil der erwerbstätigen Männer, die eine Teilzeitbeschäftigung ausübten, bei nur 12,7 Prozent.(6) Frauen stellen rd. 80 Prozent der Teilzeitbeschäftigten in Österreich. Das spiegelt die nach wie vor verbreitete Rollenverteilung wieder, in der sich vorrangig Frauen um gemeinsame Kinder und pflegebedürftige Angehörige kümmern. Die  mit einem geringen individuellen Erwerbsarbeitsangebot einhergehenden ungünstigen finanziellen Folgen - zB geringeres Lebenserwerbseinkommen, niedrigere Pensionen - tragen daher in erster Linie Frauen und das bei weitem nicht immer freiwillig. Bei Beschäftigten mit Kindern hängt diese Entscheidung für eine Teilzeitbeschäftigung ganz wesentlich vom Vorhandensein geeigneter Kinderbetreuungsmöglichkeiten und einer interfamiliärer Arbeitsteilung ab. Finanzielle Gründe und die Anreizstruktur im Steuer-, Abgaben- und Transfersystem spielen aber ebenfalls eine Rolle.

Quellen:

  1. https://www.oecd.org/austria/taxing-wages-austria.pdf
  2. https://www.agenda-austria.at/publikationen/fehler-im-system-warum-sich-arbeit-oft-nicht-lohnt/
  3. https://www.derstandard.at/story/2000142991104/wie-der-arbeitskraeftemangel-unseren-wohlstand-bedroht
  4. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/3176
  5. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/3178
  6. https://www.statistik.at/statistiken/arbeitsmarkt/arbeitszeit/teilzeitarbeit-teilzeitquote

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, bestehende Anreize im Steuer- und Abgabensystem zu entschärfen, die sich negativ auf die von Arbeitnehmer:innen angebotenen Arbeitsstunden auswirken (oder: negativ auf das individuelle Arbeitsangebot auswirken)."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.