3277/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 29.03.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Unterstützungsmaßnahmen für private Quartiergeber:innen von Geflüchteten und Erhöhung der Tagessätze für unbegleitete minderjährige Asylsuchende

 

Seit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine sind nach Angaben des UNHCR 8,1 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Rund 4,9 Millionen Menschen haben in der EU einen temporären Schutzstatus nach der Richtlinie 2001/55/EG erhalten (Stand März 2023).1 Rund 90.000 Ukrainer:innen haben in Österreich Schutz gefunden. Die Anzahl an Ukrainer:innen, die in Österreich Grundversorgung beziehen, liegt seit einigen Monaten stabil auf rund 50.000 Personen. Auch die Anzahl an täglichen Ankünften von Geflüchteten aus der Ukraine ist deutlich zurückgegangen. Dennoch wird die Situation vieler, die in Österreich Zuflucht gesucht haben, immer prekärer. Die Grundversorgung reicht kaum aus, um den Alltag zu bestreiten und die Inflation verschärft die Situation. Hilfsorganisationen berichten vom teils dramatischen Rückgang an Spenden.  

Anders als bei Asylwerber:innen ist ein Großteil der Ukrainer:innen in privaten Unterkünften untergebracht, welche die Zivilgesellschaft unmittelbar nach Kriegsbeginn zur Verfügung gestellt hat - größtenteils auf eigene Kosten. Anfangs waren rund 90% der Ukrainer:innen in privaten Unterkünften untergebracht. Doch diese werden immer weniger. Insbesondere aufgrund der Inflation und der gestiegenen Energiekosten können es sich private Quartiergeber:innen mangels Unterstützung von staatlicher Seite oft nicht mehr leisten, Ukrainer:innen unterzubringen. Aus diesem Grund müssen Ukrainer:innen mehr und mehr versuchen, auf organisierte Unterkünfte zurückgreifen - wo schon Platznot besteht. Mit Stand Januar waren in Wien nur mehr 70% der Ukrainer:innen privat untergebracht, österreichweit waren es lediglich 57%.

Damit verhindert werden kann, dass private Quartiergeber:innen ihre Hilfeleistung einstellen, sind, ab einer Mindestdauer der Bereitstellung der Unterkunft, Unterstützungsmaßnahmen erforderlich, beispielsweise in Form steuerlicher Absetzbeträge, um auch eine langfristige Entlastung zu schaffen. Das haben wir NEOS per Antrag bereits im Oktober 2022 gefordert.3 Doch die von den Regierungsparteien nach dem Versprechen eines "Teuerungsausgleichs" von Innenminister Karner veranlasste Maßnahme wurde erst im Januar präsentiert und konnte nicht einmal den Schein wahren, eine nachhaltige Unterstützung für privater Quartiergeber:innen zu bieten: Es soll nur eine rückwirkende Zahlung für die Monate Oktober 2022 bis März 2023 erfolgen - diese in einer lächerlichen Höhe und vor allem in Form von Gutscheinen. Dass diese zu geringe Maßnahme ausreichen wird, um die Quartiergeber:innen zu halten, ist stark zu bezweifeln. 

Auch die erhöhten Tagessätze für die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sind lediglich auf sechs Monate rückwirkend befristet. Seit Jahren schon führen die niedrigen Tagessätze für die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMFs) zu inakzeptablen Zuständen, erhöht wurden sie das letzte Mal im Jahr 2016.Laut den verfassungsrechtlich verankerten Kinderrechten hat aber jedes Kind Anspruch auf den "Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen" (Art 1 BVG Kinderrechte). Jedes Kind, das aus seinem familiären Umfeld herausgelöst ist, hat außerdem Anspruch auf "besonderen Schutz und Beistand des Staates" (Art 2 Abs. 2 leg cit). Auch laut der EU-Aufnahmerichtlinie (2013/33/EU) müssen UMFs in für "Minderjährige geeigneten Unterkünften" untergebracht werden (Art 24 Abs. 2). Eine Angleichung der Tagessätze in der Grundversorgung für UMFs ist daher längst überfällig, bereits im Jahr 2020 haben wir NEOS dies beantragt.5 Denn Organisationen, die im Rahmen der Grundversorgung der Länder schutzsuchende Kinder und Jugendliche unterbringen, bewerkstelligen diese Leistung zu einem Tagessatz von bis zu max. 95 Euro (abhängig von der Betreuungsform und Bundesland). Dieser Betrag ist bei weitem nicht kostendeckend und die Finanzierung der Betreuungsstellen nur durch zusätzliche Spendengelder aufrechtzuerhalten. Generell gelte es, UMFs mit österreichischen Minderjährigen rechtlich gleichzustellen, nicht zuletzt in finanzieller Hinsicht. 

 

  1. https://data.unhcr.org/en/situations/ukraine
  2. https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2174795-57-Prozent-der-Fluechtlinge-wohnen-privat.html
  3. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2879
  4. https://www.derstandard.at/story/2000132087034/rund-700-unbegleitete-minderjaehrige-in-fuer-sie-ungeeigneten-asylquartieren
  5. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/768

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, langfristige Unterstützungsmaßnahmen für private Quartiergeber:innen von Geflüchteten zu veranlassen und sich für eine unbefristete Anhebung der Tagessätze in der Grundversorgung für unbegleitete minderjährige Asylsuchende, inklusive Indexbindung der Tagessätze zum kontinuierlichen Inflationsausgleich, einzusetzen."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.