3316/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 27.04.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Rudolf Silvan,

Genossinnen und Genossen

betreffend Maßnahmen gegen den Ärzt*innenmangel

 

 

Obwohl die Bevölkerung wächst, ist die Zahl der Kassenpraxen in Österreich seit 2010 um fast 400 Praxen, von 8.501 auf 8.132 (Quelle ÖÄK), zurückgegangen. Die Zahl der Wahlärzt*innen ist im selben Zeitraum um über 40 Prozent, von 7.403 auf 10.578 gestiegen. 

Laut „Gesundheit Österreich“ fehlen bis 2030 alleine in den Krankenhäusern 6.000 Ärzt*innen um Pensionierungen und den steigenden Bedarf in der Gesundheitsversorgung decken zu können. Eine Umfrage der Wiener Ärztekammer unter Spitalsärzt*innen zeigt dramatische Ergebnisse. 52 Prozent der Spitalsärzt*innen haben demnach bereits überlegt, den Job zu wechseln bzw. zu kündigen, knapp ein Fünftel denkt darüber sogar oft oder sehr oft nach.

Pro Jahr brauchen wir mindestens 1.450 zusätzliche Ärzt*innen um den Status quo zu erhalten, es kommen aber jährlich nur 840 hinzu.

Wer die ärztliche Versorgung der Bevölkerung in Österreich daher sichern will, muss dies an der Wurzel tun. Es gibt genug junge Menschen, die Ärzt*innen werden würden, wenn man sie bloß ließe. Zehntausende junge Menschen bewerben sich Jahr für Jahr für ein Medizinstudium. Darauf bereiten sie sich oftmals über Wochen und Monate vor. Das alles, um am Ende eine Chance von rund 1:10 zu haben, dass sie ihrer Berufung tatsächlich auch nachgehen können. Wir brauchen daher eine deutliche Erhöhung der Studienplätze und eine Bevorzugung jener, die sich bereit erklären, dem öffentlichen österreichischen Gesundheitssystem für eine gewisse Dauer, etwa als Kassenärzt*innen am Land, zur Verfügung zu stehen.

Vor allem im Bereich der Allgemeinmedizin öffnet sich eine extreme Lücke. Die hausärztliche Versorgung steht vor großen Herausforderungen:

·    Arztlastigkeit des Systems,

·    Nachwuchsmangel bzw. schwindende Menge an Bewerber*innen für Kassenstellen,

·    hohe Anzahl an Pensionierungen, damit verbunden unbesetzte Stellen,

·    teilweise überlastete Ärzt*innen,

·    ungenügende Versorgung für Patient*innen,

·    Abwanderung von Ärzt*innen in den Wahlarztbereich.

 

Die Gründe dafür sind vielfältig und brauchen ein Maßnahmenbündel, um den Herausforderungen gerecht zu werden. Im niedergelassenen Bereich wurde in den letzten Jahrzehnten ein Fokus auf den Ausbau der fachärztlichen Versorgung gelegt,

jetzt ist es wieder an der Zeit, den Fokus auf die Weiterentwicklung der Allgemeinmedizin zu lenken. Davon profitieren alle Versicherten, besonders jene in den ländlichen Regionen.

Die Primärversorgung umfasst die Allgemeinmedizin gemeinsam mit den therapeutischen Gesundheitsberufen, der Pflege, der Sozialarbeit und sorgt dafür, dass zwischen Gesundheits- und Sozialbereich keine Lücken entstehen. Der Fortschritt in der hausärztlichen Versorgung für die Versicherten wird durch verschiedene Zusammenarbeitsformen getragen, weil sie eine Rundum-Versorgung verbunden mit langen Öffnungszeiten auch an den Tagesrandzeiten gewährleisten. In diesem Bereich können 70 Prozent der Patient*innen abschließend behandelt werden.

Eine gute regionale hausärztliche Versorgung ist das Rückgrat unserer Gesundheitslandschaft. In den letzten Jahren gab es für freie Hausarztstellen immer weniger Bewerber*innen, für manche Stellen, besonders in ländlichen Gegenden, ist es besonders schwer, geeignete Kandidat*innen zu finden.

Auch hier sind die Gründe dafür vielfältig. Der Nachwuchsmangel bei den Hausärzt*innen fängt in der Ausbildung an: Von der rigiden und wenig hausarztfreundlichen Zulassung zum Medizinstudium, über die fehlende praktische Ausbildung direkt im niedergelassenen Bereich, bis zu früh einsetzenden Spezialisierungen, die die Wahl einer fachärztlichen Ausbildung fördern. Der Hausärzt*innen-Nachwuchs muss allerdings gesichert werden und es sollte daher für jene Bewerber*innen, die zu Beginn des Studiums schon wissen, dass sie Allgemeinmediziner*innen werden wollen, eigene, vorrangige Medizinstudienplätze mit Auflagen geben. Insbesondere soll mit einem eigenen Aufnahmetest inkl. Test für soziale Kompetenzen, Einbeziehung von Vorerfahrungen, z.B. pflegerische Ausbildung/Tätigkeit oder ehrenamtliche Tätigkeit im Gesundheitsbereich, die beste Auswahl getroffen werden.

Die Student*innen verpflichten sich dafür, nach dem abgeschlossenen Studium für einen bestimmten Zeitraum im öffentlichen Gesundheitssystem, vorrangig als Hausärzt*innen in unterversorgten Regionen, zu arbeiten. In Deutschland ist dieses Modell schon als „Landarztquote“ erfolgreich im Laufen und der Andrang seitens der Student*innen groß. Für die Student*innen muss eine ausreichende Zahl an Ausbildungsplätzen in den Krankenanstalten bzw. bei Allgemeinmediziner*innen gewährleistet und angeboten werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

 

 

 

 

 

 

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, endlich Maßnahmen gegen den Ärzt*innenmangel umzusetzen. Insbesondere müssen die Aufnahmekriterien zum Medizinstudium verändert werden. Die Verpflichtung, nach der Ausbildung im öffentlichen Gesundheitswesen für einige Jahre tätig zu sein, muss zu einer Bevorzugung für die Erlangung eines Studienplatzes führen. Das „Modell Landarztquote“ aus Deutschland soll für Österreich adaptiert und eingeführt werden. Zusätzlich müssen die Medizinstudienplätze verdoppelt und den Universitäten das entsprechende Budget zur Verfügung gestellt werden.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Gesundheitsausschuss