3328/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 27.04.2023
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen
betreffend One-Stop-Shop Wirtschaftskammer: Vorbereitung, Prüfung, Konkurrenzschutz aus einer Hand
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Die Wirtschaftskammer begrenzt den Zugang zu vielen unternehmerischen Tätigkeiten durch Prüfungen, die ein werdender Unternehmer absolvieren muss. Dabei verschafft sie sich ein Körberlgeld durch Prüfungsgebühren. Ein größerer Einnahmenblock entsteht dadurch, dass die Kammer im eigenen "Bildungshaus" WIFI für die eigenen Prüfungen die passenden Vorbereitungskurse anbietet. So haben sich die Wirtschaftskämmerer ein Geschäftsmodell gebastelt, das neue Konkurrenten fernhält und für den Willen zum Markteintritt eine Art Eintrittsgeld in Form von Gebühren für Kurse und Prüfungen vorsieht. |
Der Zugang zu Berufen ist in Österreich bekanntlich sehr restriktiv geregelt. Zahlreiche Aufrufe zur Neukodifizierung der Gewerbeordnung von Unternehmern, Wirtschaftsexpert:innen, Rechnungshof oder NEOS verhallen seit Jahren (1). Bestrebungen nach umfassender Modernisierung des Rechtsrahmens werden unter einer ausschließlichen Berücksichtigung der Interessenslage der Wirtschaftskammern abgeschmettert (2).
Dieser anhaltende Reformstau erklärt sich aus zwei bestimmenden Trieben innerhalb der Wirtschaftskammern:
Der Qualitätserhalt sowie die Sicherheit für Verbraucher:innen werden meist als Gründe für die anachronistisch wirkende Überregulierung von Berufszugängen in Österreich genannt. Während Vorgaben vor Berufsausübung in gewissen Bereichen natürlich notwendig sind, z.B. bei Elektriker:in oder Optiker:in, kämpfen die Spitzen der Kammern in der politischen Diskussion stets darum, die Hürden auch in jenen Bereichen hochzuhalten, in denen solche zur Sicherstellung des Qualitätserhaltes längst nicht mehr nötig sind. Vielmehr will man damit entscheidend darauf Einfluss nehmen, wer neu auf einen Markt kommen darf und wer nicht. Prüfungen zum Antritt der Gewerbe werden von Mitgliedern abgehalten, die in vielen Fällen kein Interesse nach einer stärkeren Konkurrenz haben. Die Gewerbeordnung ist heute dadurch kein Instrument der Qualitätssicherung, sondern des Protektionismus und behindert die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs.
Erhalt der vielen Privilegien
Funktionäre im Ausgabenparadies Wirtschaftskammer sind es gewohnt, von den hohen Einnahmen zu profitieren - sei es durch gesponsorte Golfclubmitgliedschaften (3) oder indem Präsidien sich kurzerhand selbst das Gehalt aufbessern (4). Einnahmequellen sind dabei nicht nur die gesetzlich verpflichtenden Zwangsbeiträge, sondern werden eben auch reichlich aus der protektionistischen Gewerbeordnung generiert. Wer ein Gewerbe ausüben möchte, muss den Kammern nicht nur überzogene Prüfungsgebühren zahlen. Durch überhöhte und überholte Prüfungsanforderungen wird Neueinsteiger:innen der Zugang absichtlich massiv erschwert. Zur Finanzierung des Luxuslebens innerhalb der Kammern können diese nicht nur mit mehr Einnahmen aus wiederholten Prüfungsantritten rechnen, sondern auch aus den Kursen der WIFI - dem Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Österreich. Am Beispiel der Taxilenkerprüfung ist ersichtlich, dass die Kammern sehr gut daran verdienen. Diese Prüfung besteht aus einem schriftlichen und aus einem mündlichen Teil, dabei werden Ortskenntnisse und branchenspezifisches Wissen zum Tarif, Betriebsordnung, Straßenverkehrsordnung, Kraftfahrgesetz und zum Arbeits- und Sozialrecht abgefragt. Seitenweise werden Sehenswürdigkeiten und Hotels mit Adresse angegeben und dann abgefragt, die man wohl ganz leicht mit dem Smartphone abrufen kann. Auch die Straßenverkehrsordnung wird abgefragt, obwohl diese wohl schon durch den Führerschein bekannt sein sollten. Eine parlamentarische Anfrage von NEOS hat aufgedeckt, dass allein die Wirtschaftskammer Wien im Jahr 2022 650.000 EUR an Prüfungsgebühren eingenommen hat – rund 1,9 Mio. EUR in den letzten 3 Jahren (5). Obwohl die Durchfallrate seit Jahren hoch ist - in Wien fallen immerhin 2/3 bei der Prüfung durch - wurde vonseiten der Kammern keine Schritte unternommen - es geht ja ums liebe Geld. Die Wirtschaftskammern lassen sich WIFI-Vorbereitungskurse ebenfalls einiges kosten - z.B. in Vorarlberg 600 EUR, in Niederösterreich 220 EUR oder in Tirol 400 EUR (5). Wie hoch die Einnahmen der Kammern aus den WIFI-Kursen sind, konnte Wirtschaftsminister Kocher auf Anfrage nicht beantworten.
Wirtschaftsminister Kocher hat mehrfach betont, dass eine umfassende Neukodifizierung der Gewerbeordnung von dieser Bundesregierung nicht zu erwarten ist. Angesichts des im internationalen Vergleichs sehr restriktiven Rechtsrahmens und der prominenten Rolle der Wirtschaftskammer bei der Überwindung der bestehenden Zutrittshürden, steht es den bestehenden wie künftigen Unternehmer:innen zu, zu erfahren, wie hoch die Einnahmen aus den Kursen sind. Der Wirtschaftsminister wird daher aufgefordert, für mehr Transparenz bei den Einnahmen der Wirtschaftskammern zu sorgen. Zu diesem Zweck soll gesetzlich vorgesehen werden, dass die Wirtschaftskammern sämtliche Einnahmen aus WIFI-Kursen offenlegen müssen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, wird aufgefordert, eine Gesetzesänderung vorzulegen, die mehr Transparenz rund um die Einnahmen der Wirtschaftskammern sicherstellt. Zu diesem Zweck soll vorgesehen werden, dass die Wirtschaftskammern sämtliche Einnahmen aus WIFI-Kursen offenlegen müssen."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft‚ Industrie und Energie vorgeschlagen.